Bel Ami (German Edition)
Treppenhauses. Sie sahen wie zwei Gespenster aus, die auftauchten und sofort wieder bereit waren, in der Finsternis zu verschwinden.
Du Roy erhob seine Hand, um ihre Spiegelbilder heller zu beleuchten und sagte lächelnd und triumphierend:
»Da gehen die beiden Millionäre!«
VII.
Seit zwei Monaten war die Eroberung Marokkos vollzogen. Frankreichs Herrschaft dehnte sich von Tanger, das es besetzt hatte, über die ganze afrikanische Mittelmeerküste bis nach Tripolis, und es hatte die Schulden der annektierten Gebiete anerkannt und garantiert.
Man erzählte, daß zwei Minister dabei gegen zwanzig Millionen verdient hätten und man nannte ganz laut den Namen Laroche-Mathieus.
Was Vater Walter anging, so wußte ganz Paris, daß er ein doppelt vorteilhaftes Geschäft gemacht hatte. Er hatte sich dreißig bis vierzig Millionen an der Anleihe in die Tasche gesteckt und etwa 8 bis 10 Millionen an den Kupfer- und Erzbergwerken verdient, indem er unermeßliche Ländereien noch vor der Eroberung für ein Spottgeld gekauft und gleich nach der französischen Okkupation an Kolonialgesellschaften wieder verkauft hatte.
Er war binnen weniger Tage zu einem der Herrscher der Welt geworden, einer jener allmächtigen Finanzmänner, die mächtiger sind als die Könige, vor denen sich die Köpfe verbeugen, vor denen die Zungen stammelnd reden, und vor denen alles zutage tritt, was an Gemeinheit, Feigheit und Niedertracht im tiefen Menschenherzen überhaupt verborgen ist.
Er war nicht mehr der Jude Walter, Direktor einer zweifelhaften kleinen Bank, der Herausgeber einer verdächtigen Zeitung, ein Abgeordneter, der sich mit schmutzigen Börsenmanövern abgab. Jetzt war er Herr Walter, der reiche Israelit. Das wollte er vor aller Welt zeigen.
Er erfuhr, daß der Prinz von Carlsbourg, der Besitzer des schönsten Schlosses im Faubourg-Saint-Honoré, mit einem Garten nach den Champs-Elysées, sich in Geldverlegenheit befand. Er schlug ihm vor, in vierundzwanzig Stunden dieses Grundstück nebst Gebäude abzukaufen, wobei er auch die gesamten Möbel übernehmen würde, ohne daß auch nur ein Sessel von seinem Platz gerührt werden dürfte. Er bot drei Millionen an. Der Prinz ließ sich durch die hohe Summe verleiten und nahm das Angebot an.
Am nächsten Tage zog Herr Walter in sein neues Palais ein.
Er hatte dann noch einen anderen Einfall; der Einfall eines Eroberers, der Paris einnehmen will nach der Art eines Bonapartes.
Die ganze Stadt ging damals zum Kunstgelehrten Jacques Lenoble, um ein Gemälde des ungarischen Malers Karl Markowitsch, »Jesus auf dem Meere schreitend«, zu besichtigen.
Die Kunstkritiker waren begeistert und erklärten dieses Bild für das großartigste und herrlichste Meisterwerk des Jahrhunderts.
Walter kaufte es für 500000 Francs und ließ es abholen; so schnitt er von heute auf morgen den Strom der Neugierde des Publikums und der Kunstliebhaber ab und zwang ganz Paris, von ihm zu sprechen, ihn zu beneiden, zu tadeln oder zu loben.
Dann ließ er durch die Zeitungen verkünden, er würde bekannte Mitglieder der Pariser Gesellschaft einladen, um das Meisterwerk des ausländischen Künstlers zu bewundern, damit man nicht sagen könne, er habe das Kunstwerk hinter Schloß und Riegel gesetzt.
Sein Haus sollte offen stehen, und jeder, der wollte, konnte kommen. Es genügte, an der Tür die Einladungskarte vorzuzeigen. Sie lautete so:
»Herr und Frau Walter beehren sich, Sie zum 30. Dezember, zwischen neun Uhr und Mitternacht, zur Besichtigung des Gemäldes von Karl Markowitsch, Jesus auf dem Wasser schreitend, bei elektrischer Beleuchtung, ergebenst einzuladen.«
Als Postskriptum stand dahinter in ganz kleinen Buchstaben: »Nach Mitternacht wird getanzt.«
Diejenigen, die bleiben wollten, konnten also bleiben, und aus diesen Gästen wollten sich Walters ihren Bekanntenkreis für die Zukunft auswählen.
Die anderen würden das Kunstwerk, das Haus und seine Eigentümer mit hochfeiner, gleichgültiger oder neidischer und unverschämter Neugierde betrachten und dann wieder gehen, wie sie gekommen waren. Und Papa Walter wußte ganz genau, daß sie später doch wiederkommen würden, genau so, wie sie mit seinen israelitischen Stammesgenossen verkehrten, die auch so wie er es zu Reichtum gebracht hatten.
Zunächst mußten alle gescheiterten Würdenträger und bekannte vornehme Namen, die in den Zeitungen genannt wurden, sein Haus besuchen; sie würden kommen, um das Gesicht des Mannes zu sehen, der binnen
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