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Bel Ami (German Edition)

Bel Ami (German Edition)

Titel: Bel Ami (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy de Maupassant
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reizend.«
    Georges dachte:
    »Wenn ich wirklich stark wäre, müßte ich die heiraten. Es wäre doch möglich. Warum habe ich nie daran gedacht? Wie konnte ich nur die andere nehmen? Wie töricht! Man handelt immer zu schnell und denkt nie genügend nach.«
    Und der Neid, der bittere Neid, fiel tropfenweise in sein Herz wie Galle, die ihm alle seine Freude verdarb und sein ganzes Leben verhaßt machte.
    Suzanne sagte:
    »Oh, kommen Sie recht oft, Bel-Ami, wir können jetzt, wo Papa nun so reich ist, Streiche und Dummheiten unternehmen und uns wie toll amüsieren.«
    Er folgte noch immer seinem Gedankengang und antwortete :
    »Oh, Sie werden jetzt bald heiraten; Sie werden einen schönen, vielleicht etwas ruinierten Prinzen heiraten, und wir werden uns nicht mehr sehen.«
    Sie rief offenherzig aus :
    »O nein, noch nicht. Ich will jemanden, der mir gefällt, den ich sehr gern hätte, den ich sogar lieb hätte. Geld habe ich für beide genug.«
    Er lächelte ironisch und hochmütig und begann die Namen der Vorübergebenden zu nennen, alles sehr vornehme Leute, die ihre verrosteten Adelsschilder an Töchter reicher Finanzleute so gern verkauft hatten, die nun mit ihren Frauen oder auch ohne sie lebten, jedenfalls frei, unverschämt und doch bekannt und geachtet.
    Er fuhr fort:
    »Es vergehen keine sechs Monate und Sie haben auf diesen Köder angebissen. Sie werden Marquise, Herzogin oder Fürstin, und Sie werden dann auf mich von oben herabblicken, mein liebes Fräulein.«
    Entrüstet schlug sie ihm mit dem Fächer auf den Arm und schwor, sie würde nur aus Liebe heiraten.
    Er grinste:
    »Wir werden es sehen. Ich glaube, Sie sind zu reich.«
    Sie sagte:
    »Sie doch auch. Sie haben doch eine Erbschaft angetreten.«
    Er stieß mitleidig ein »Oh« aus.
    »Sprechen wir nicht davon, kaum 20000 im Jahr. Das ist nicht viel heutzutage.«
    »Aber Ihre Frau hat auch geerbt?«
    »Ja, es war eine Million für uns beide. 40000 Francs Einkommen. Wir können uns damit nicht mal eine Equipage leisten.«
    Sie gelangten in den letzten Saal, vor ihnen tat sich ein großer Wintergarten auf, mit hochragenden, tropischen Bäumen und einer Menge seltener Blumen. Über dieses dunkle Grün glitt das Licht in silbernen Wogen und man atmete die laue Frische der feuchten Erde und die verschiedensten Wohlgerüche ein. Man hatte dabei ein seltsames, gesundes, aber angenehmes und bezauberndes Empfinden der künstlichen, reizvollen und entnervten Natur. Man schritt auf Teppichen, die weich wie das Moos waren, zwischen dichten Beeten mit Gebüschen und Blattpflanzen. Plötzlich erblickte Du Roy zur Linken unter einer weiten Wölbung von Palmen ein riesiges Marmorbassin, so groß, daß man darin baden konnte. Am Rande standen vier weiße Delfter Porzellanschwäne, aus deren halbgeöffneten Schnäbeln das Wasser in das Becken floß. Der Boden des Bassins war mit Goldsand bestreut, und man sah im Wasser ein paar große rote Fische schwimmen, seltsame chinesische Ungetüme mit hervorstehenden Augen, mit blau geränderten Schuppen, eine Art Mandarine der Fluten; sie schwammen über den goldenen Grund und sahen wie seltsame lebende Stickereien aus.
    Der Journalist blieb stehen; sein Herz klopfte. Er dachte:
    »Das ist ein Luxus! In solchen Häusern lohnt es zu leben. Anderen ist das gelungen, warum sollte ich es nicht so weit bringen können.«
    Er sann über die Möglichkeit und über die Mittel nach, fand aber keine und ärgerte sich über seine Ohnmacht.
    Seine Begleiterin sprach nicht mehr und blickte nachdenklich vor sich hin. Er betrachtete sie von der Seite und dachte noch einmal: »Es genügt doch, einfach diese lebende Puppe zu heiraten.« Doch Suzanne schien plötzlich aufzuwachen.
    »Passen Sie auf«, sagte sie.
    Sie stieß Georges durch eine Gruppe von Menschen, die ihnen im Wege standen und führte ihn plötzlich nach rechts.
    Mitten in einem Gebüsch von seltsamen Pflanzen, deren zitternde Blätter gespreizten Händen mit langen, dünnen Fingern glichen, sah man einen Mann, der unbeweglich auf dem Meere stand.
    Der Eindruck war überwältigend. Die Ränder des Bildes waren durch das bewegliche Grün verdeckt und so erschien es wie eine dunkle Öffnung, durch die man in der phantastischen märchenhaften Ferne eine ergreifende Gestalt sah.
    Man mußte das Gemälde sehr genau betrachten, um es zu verstehen. Der Rahmen durchschnitt gerade die Mitte des Kahnes, in dem die Apostel saßen. Sie waren nur schwach durch die schrägen Strahlen einer

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