Bel Ami (German Edition)
gereizt und ungeduldig:
»Schon gut. Ich hab' es begriffen. Du kannst dir die Erklärungen ersparen. Geh gleich zum Notar.«
Er wurde rot und stotterte:
»Du hast recht, ich gehe.«
Er nahm seinen Hut und sagte beim Weggehen:
»Ich werde versuchen, den Neffen mit fünfzigtausend Francs abzufinden, nicht wahr?«
»Nein,« antwortete sie stolz, »gib ihm die hunderttausend Francs, die er verlangt. Nimm sie von meinem Teil, wenn du willst.«
Plötzlich schämte er sich und sagte:
»Nein, wir werden uns das teilen. Wenn jeder von uns fünfzigtausend Francs gibt, dann bleibt uns doch eine runde Million.«
Dann fügte er hinzu:
»Auf Wiedersehen, meine kleine Made.«
Er ging zum Notar, erklärte und setzte ihm seine Absichten auseinander, die, wie er behauptete, von seiner Frau ausgingen.
Am folgenden Tag unterzeichneten sie eine Schenkung zu Lebzeiten von fünfhunderttausend Francs, die Madeleine Du Roy ihrem Gatten abtrat. Dann, als sie das Bureau verlassen hatten, schlug Georges Du Roy vor, bei dem schönen Wetter einen Spaziergang zu machen. Er war sehr liebenswürdig und aufmerksam gegen seine Frau. Er sah außerordentlich vergnügt aus und lachte, während sie nachdenklich und etwas ernst blieb.
Es war ein kühler Herbsttag. Die vorübergehende Menge schien es eilig zu haben und die Passanten schritten hastig dahin. Du Roy führte seine Frau vor den Laden, in dessen Schaufenster er den Chronometer bewundert hatte.
»Willst du, daß ich dir eine Schmucksache kaufe?« fragte er. Sie murmelte gleichgültig:
»Wie du willst.«
Sie traten in den Juwelierladen herein. Er fragte:
»Was willst du, ein Kollier, ein Armband oder ein Paar Ohrringe?«
Beim Anblicken der Schmuckstücke und Juwelen konnte sie ihre absichtlich angenommene kühle Haltung nicht mehr bewahren und ihre Augen liefen funkelnd und neugierig über all die Kostbarkeiten in den Glaskästen.
Und plötzlich rief sie vom Verlangen ergriffen:
»Sieh, da liegt ein schönes Armband!«
Es war eine eigenartig geformte Kette. Jedes einzelne Glied trug einen anderen Stein.
Georges fragte:
»Was kostet dieses Armband?«
»3000 Francs«, erwiderte der Juwelier.
»Wenn Sie es mir für zwei fünf lassen, so ist das Geschäft gemacht.«
Der Verkäufer zögerte; dann versetzte er:
»Nein, mein Herr, das ist unmöglich.''
Du Roy fuhr fort:
»Also dann geben Sie mir den Chronometer für 1500 Francs dazu; das macht zusammen 4000, die ich Ihnen in bar bezahle. Einverstanden? Wenn Sie nicht wollen, gehe ich woanders hin.«
Der Juwelier war verdutzt und sagte schließlich zu.
»Also gut, mein Herr.«
Der Journalist gab seine Adresse und fügte hinzu:
»Auf den Chronometer lassen Sie meine Initialen G. R. C. in verschlungenen Buchstaben eingravieren, und darüber setzen Sie die Baronskrone.«
Madeleine lächelte überrascht. Und als sie hinausgingen, schmiegte sie sich mit einer gewissen Zärtlichkeit an seinen Arm. Sie fand ihn wirklich schlau, gewandt und stark. Jetzt, wo er ein Vermögen hatte, mußte er auch einen Titel haben. Das war recht und billig.
Der Juwelier verbeugte sich.
»Sie können sich darauf verlassen, es wird Donnerstag fertig sein, Herr Baron.«
Sie gingen am Vaudeville vorbei. Dort wurde ein neues Stück aufgeführt.
»Wenn du willst, gehen wir heute ins Theater, ich werde sehen, ob wir eine Loge bekommen?«
Sie fanden eine Loge und nahmen sie. Er sagte weiter:
»Wie wäre es, wenn wir heute im Restaurant äßen?«
»Oh, bitte, das möchte ich sehr.«
Er war glücklich wie ein König, und zerbrach sich den Kopf, was sie sonst noch unternehmen könnte«.
»Wenn wir Madame de Marelle bäten, heute mit uns den Abend zu verbringen. Ihr Mann ist hier, wie ich hörte, und ich würde mich sehr freuen, ihn begrüßen zu können.«
Sie gingen hin. Georges, der sich vor einem Zusammentreffen mit seiner Geliebten fürchtete, war es ganz recht, daß seine Frau dabei war, um jede Auseinandersetzung unmöglich zu machen.
Doch Clotilde schien sich überhaupt auf gar nichts mehr zu entsinnen und zwang sogar ihren Mann, der Einladung zu folgen.
Das Diner war lustig und der Abend entzückend. Georges und Madeleine kamen spät nach Hause zurück. Das Gas brannte nicht mehr. Um die Stufen zu beleuchten, zündete der Journalist von Zeit zu Zeit Wachsstreichhölzer an. Als sie den ersten Stock erreicht hatten, beleuchtete die Flamme, die plötzlich durch die Reibung entstand, ihre beiden Gesichter, inmitten der Dunkelheit des
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