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Bel Ami (German Edition)

Bel Ami (German Edition)

Titel: Bel Ami (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy de Maupassant
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nicht bis Rouen warten können.«
    Mit rotem Kopf blieb er sitzen; diese vernünftigen Worte hatten ihn sehr ernüchtert; er nahm sich zusammen und sagte in heiterem Tone:
    »Gut, ich werde warten, aber bis Rouen spreche ich keine zwanzig Worte mehr, und bedenken Sie, wir fahren eben erst an Poissy vorbei.«
    »Dann werde ich reden«, sagte sie.
    Und sie setzte sich ruhig wieder neben ihn hin.
    Dann begann sie klar und deutlich darüber zu sprechen, was sie nach ihrer Rückkehr tun würden. Sie würden die Wohnung behalten, die sie mit ihrem ersten Gatten geteilt hatte; außerdem sollte Duroy die Stellung und das Gehalt Forestiers bei der Vie Française erben. Übrigens hatte sie alle finanziellen Einzelheiten des Haushalts mit der Sicherheit eines erfahrenen Geschäftsmannes noch vor der Eheschließung geregelt. Es sollte Gütertrennung herrschen, und es war für alle möglichen Fälle Vorsorge getroffen, für den Tod oder eine Scheidung, ebenso wie für die Geburt eines oder mehrerer Kinder. Der junge Mann brachte nach seiner Aussage viertausend Francs in die Ehe; von dieser Summe hatte er sich fünfzehnhundert ausgeliehen, den Rest hatte er sich während des letzten Jahres erspart. Die junge Frau brachte vierzigtausend Francs in die Ehe mit, die ihr, wie sie behauptete, Forestier hinterlassen hatte. Sie kam wieder auf ihn zu sprechen und stellte ihn als Vorbild hin: er war ein sehr sparsamer, sehr ordentlicher und fleißiger Mensch. Er hätte in kurzer Zeit ein Vermögen erworben.
    Duroy hörte gar nicht hin, denn er war zu sehr mit anderen Gedanken beschäftigt.
    Sie hielt bisweilen inne, um irgendwelchen geheimen Gedanken nachzusinnen und fuhr dann fort:
    »In drei bis vier Jahren werden Sie wohl imstande sein, jährlich dreißigtausend bis vierzigtausend Francs zu verdienen. Soviel hätte auch Charles verdienen können, wenn er am Leben geblieben, wäre.«
    Georges begann die Lektion langweilig zu finden:
    »Ich denke,« erwiderte er, »wir sind nicht nach Rouen gefahren, um davon zu reden.«
    Sie gab ihm einen leichten Klaps auf die Backe und sagte lachend:
    »Es ist wahr, ich war im Unrecht.«
    Er hielt zum Scherz seine Hände auf den Knien, wie ein kleiner, artiger Junge.
    »So sehen Sie recht kindisch aus!« sagte sie.
    »Das ist meine Rolle,« antwortete er, »in die Sie mich eben zurechtgewiesen haben. Ich werde nicht mehr aus ihr herausfallen.«
    »Wieso?« fragte sie.
    »Weil Sie die Oberleitung über den ganzen Haushalt und auch über meine Person übernommen haben; Sie sind Witwe und es wird sich auch so gehören.«
    »Was meinen Sie eigentlich damit?« fragte sie erstaunt.
    »Daß Sie Erfahrung genug besitzen, um meine Unwissenheit wettzumachen, und eine Praxis in der Ehe, um mir meine Junggesellenunschuld abzugewöhnen. Das soll es heißen, ja!«
    Sie lachte vor Vergnügen laut auf und rief:
    »Das geht schon zu weit!«
    »So liegt die Sache. Ich kenne die Frauen nicht ... Und Sie kennen sicher die Männer, da Sie Witwe waren ... Sie werden meine Erzieherin sein ... heute abend schon. Sie können, wenn Sie wollen, gleich schon damit anfangen!«
    Heiter und lustig rief sie aus:
    »Oh ! Wenn Sie darauf rechnen ...«
    »Gewiß,« erwiderte er in dem Ton eines Schülers, der seine Schulaufgabe wiederholt, »darauf rechne ich. Ich rechne sogar darauf, daß Sie mir einen gründlichen Unterricht erteilen ... in zwanzig Stunden ... zehn für die Anfangsgrundlagen ... Vorlesen und Grammatik ... zehn für die Vervollkommnung und die Rhetorik, Ich weiß doch nichts.«
    Sehr belustigt rief sie:
    »Du bist zu dumm.«
    »Da du mich endlich zu duzen anfängst, will ich deinem Beispiel folgen und dir sagen, mein Liebling, daß ich dich von Sekunde zu Sekunde mehr liebe und daß ich den Weg bis Rouen viel zu weit finde.«
    Er sprach jetzt im Tone eines Schauspielers, mit komischem Mienenspiel und Gebärden; das machte der jungen Frau viel Spaß, denn sie war an die tollen Scherze der Schriftstellerboheme gewöhnt.
    Sie sah ihn von der Seite an und fand ihn wirklich reizend. Sie hatte das Verlangen, ihm einen Kuß zu geben, als ob sie eine Frucht vom Baume essen wollte, während der Verstand ihr riet, die Mahlzeit abzuwarten. Dann sagte sie, errötend von den Gefühlen, die sie bestürmten:
    »Mein kleiner Schüler, glauben Sie mir, glauben Sie meiner großen Erfahrung: Küsse im Eisenbahnwagen taugen nichts. Sie gehen auf den Magen.«
    Dann wurde ihre Gesichtsfarbe noch röter und sie murmelte:
    »Man muß die

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