Ben Driskill - 02 - Gomorrha
und seinen Jungs. Er schrieb in sein Tagebuch, daß er und seine Männer einen überschäumenden Humpen kreisen ließen – ich schätze, sie hatten ziemlichen Durst bekommen – und dem Kongreß Erfolg und Amerika Freiheit wünschten.«
»Schieb mal den überschäumenden Humpen hier rüber«, sagte Bill Steinberg, der Chefredakteur der Abendnachrichten mit Phillip Carmichael bei CBS, zu einem Mitarbeiter. Sie saßen in ihrem Büro in New Yorks Siebenundfünfzigster Straße West. »Seht nur, wie er um Aufmerksamkeit hechelt.« Steinberg war ein gutaussehender Mann und glaubte, er hätte einen hervorragenden Präsidenten abgegeben. Dazu brauchte man jede Menge Ego.
Der Präsident lächelte in die Menge. Er sah auch gut aus. Ehemaliger Footballspieler. Quarterback bei Notre Dame. Es war ihm oft gelungen, die Menschen zu begeistern.
»Heute abend beschwöre ich die Erinnerung an Ethan Allen und die Schlacht bei Ticonderoga mit gutem Grund. Heute abend möchte ich euch, liebe Freunde, und der ganzen Welt sagen, daß uns wieder eine Armee bedroht. Wieder aus dem Nebel heraus. Doch diesmal ist es eine Armee aus unseren eigenen Reihen, und deshalb ist sie um so gefährlicher. Diesmal ist es eine geheime Armee, aufgeboten von unserer eigenen geheimen Regierung, bestehend aus den Menschen, die uns abhalten wollen, unsere Ziele zu verfolgen und unsere Bestimmung als die größte, freieste und offenste Gesellschaft der Welt zu erfüllen.«
Leises Raunen zog durch den Saal. Einige schauderten beunruhigt. Im alten Presseraum verschluckte Walter Peterson eine große Rauchwolke und hustete. »Was soll das? Was redet er da? Jetzt muß ich einen neuen Leitartikel schreiben, das spüre ich in meinen Knochen.«
»Und ich möchte Ihnen allen versichern«, fuhr der Präsident fort, »daß die zweite Amerikanische Revolution bereits auf dem Weg ist …
Daß nichts, nicht einmal diese geheime Regierung, unserer Entschlossenheit, die Nation zu retten, zu widerstehen vermag. Ich möchte Sie daran erinnern, daß Ethan Allen nicht nur gegen Rotröcke, sondern auch gegen Verräter gekämpft hat. Und heute muß auch ich von Verrat sprechen – von Verrat und seinen Konsequenzen. Es ist ein sehr bedeutsamer Abend.
Ich bitte Sie, genau zuzuhören, denn der Rest Ihres Lebens und des Lebens ihrer Kinder und Kindeskinder wird davon abhängen, ob Sie mir glauben.
In den letzten Wochen bin ich durch die Bemühungen einiger treuer Beamter – wie unserer Generalstaatsanwältin – darauf aufmerksam gemacht worden, daß einige unserer Geheimdienste ihre eigene Politik – im Ausland und im Inland – betrieben haben, nicht die Ihrer gewählten Führer. Diese Dienste operieren mit finanziellen Mitteln, für die sie keine Rechenschaft ablegen müssen; sie operieren ohne Beratung mit den ausführenden oder gesetzgebenden Organen der Regierung; sie operierten seit vielen Jahren und auch heute noch auf eigene Faust. Diese Dienste haben sich in jüngster Zeit schwerwiegender Verstöße schuldig gemacht, Manipulationen, die dazu dienen sollen, unsere Politik und unsere Entscheidungen zu beeinflussen – gegenüber Mexiko, unserem südlichen Nachbarn, und der gesamten Welt.«
Anson Dameron flüsterte: »Sieht so aus, als würde er da in einen schönen Haufen Scheiße treten. Den Schuh kriegt er nie wieder sauber – gegen diese Jungs kommst du nicht an.«
»Klingt für mich ganz lustig«, meinte Brenda Halliday. »Das Schattenregime. Eine gute Story.«
»Aus Gründen, welche die Sicherheit Amerikas betreffen, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht deutlicher werden«, sagte der Präsident.
»Doch die Botschaft, die ich Ihnen heute abend bringe, lautet: Zu lange wurde unser Leben – Ihr Leben, mein Leben, unser aller Leben – von dieser geheimen Regierung kontrolliert, die Sie nicht gewählt haben, die unsichtbar ist, die keinem von uns Rechenschaft schuldet und die bis jetzt unsere großartige Nation im Würgegriff gehalten hat. So viele von uns haben für diese geheime Regierung gekämpft – und sind für sie gestorben –, ohne zu wissen, daß sie überhaupt existierte.
Jetzt ist es an der Zeit, daß wir aufhören, für diese geheime Regierung zu kämpfen!«
Einige Zuhörer husteten nervös. Die Vertreter der Presse warfen sich fragende Blicke zu und hoben die Brauen. Das alles war für sie neu.
Pudge Buchanan von der Chicago Sun-Times schrieb auf seinen Notizblock: »Dünnes Eis.« Dann reichte er ihn Sally Ledbetter von der PBS. Sie nickte
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