Benny und Omar
die Ohren hauen.«
Und Dad tat immer, was er sagte. Benny legte schützend die Arme über seinen Schläger. Sie waren jetzt in Afrika. Drohungen mit dem Kinderschutzbund waren hier wirkungslos. Es war sogar denkbar, dass sie ihn an Sklavenhändler verkauften!
Die Familie trottete hinaus zu dem Jeep. Als sie auch das letzte Lüftchen der so genannten Klimaanlage hinter sich gelassen hatten, schnellten Temperatur und Luftfeuchtigkeit rapide in die Höhe. Benny spürte, wie ihm die Hitze fast den Atem nahm.
Wenigstens war der Jeep keine Enttäuschung. Streng genommen war es gar kein Jeep, sondern ein Landrover Discovery. Aber für Benny machte das fast keinen Unterschied. Der Fahrer öffnete die Türen mit einer Fernbedienung und ließ sie einsteigen. Nicht übel, dachte Benny beeindruckt. Er kletterte auf den Rücksitz und war durch die Höhe des Fahrzeugs seiner Umgebung gleich etwas ferner. Er konnte fast so tun, als säße er daheim in Irland hinten in einem Bus. Er schloss die Augen und drückte sich tief in den Sitz. Aber es half nicht. Afrika verschwand nicht.
Die Stadt flog immer schneller an ihnen vorbei. Sie sausten in unmäßigem Tempo dahin. Und wo sie vorbeifuhren, schimpften die Tunesier. Sie lehnten sich schreiend aus den Autofenstern, hupten unablässig und türmten ganze Familien auf klapprige Mopeds.
Benny merkte, dass er einnickte. Ein Schleier legte sich über das Bild vor seinen Augen, aber einzelne Szenen vom Straßenrand setzten sich in seinen schwindenden Sinnen fest. An den Ampeln verkauften Kinder Blumen und riskierten lebensgefährliche Verletzungen unter den Rädern libyscher Tanklastzüge. Statt sich auf dem rauen Asphalt die bloßen Zehen aufzureißen, sollten sie in ihren Betten liegen. Benny kämpfte gegen den Schlaf und hielt mit Mühe wenigstens ein Auge offen. Es gab noch so viel zu sehen. Georgie war schon weggedöst. Aber er, der starke Bernard, würde länger durchhalten als der Schleimer. Er war in Afrika. Hinter jeder Ecke lauerte ein Wunder. Verpasse nichts. Ver…
Benny war in Afrika viele tausend Meilen weg von Zuhause und schlief. Sein überlastetes Gehirn hatte einfach abgeschaltet. Die beiden Brüder kuschelten sich eng aneinander und sabberten schnarchend. Man konnte fast spüren, wie die Spannung aus dem Jeep sickerte.
Benny wachte auf. Das passierte jeden Morgen, aber heute hatte ihn irgendetwas geweckt. Und zwar nicht die ungewohnte Umgebung. Es hörte sich an, als ob vor seiner Tür ein Lastwagen umkippen würde. Benny setzte sich auf. Das Zimmer war klein und rechteckig. Benny war keineswegs dafür bekannt, ein großer Stilist zu sein, aber verglichen mit den Jungs, die dieses Zimmer hier eingerichtet hatten, hätte er für »Schöner wohnen« schreiben können. Über dem Bett lag eine abscheuliche Decke, die ihn aus unerfindlichen Gründen an eine Magenverstimmung erinnerte, die er einmal gehabt hatte. Die Vorhänge waren rosa. Wie schön, könnte man denken, hübsches Altrosa. Aber nein, es war ein knalliges, glänzendes Pink. Eine wässrige cremefarbene Emulsionsfarbe bedeckte die Wände, sodass die Gipskartonplatten durchschimmerten. Zwei Möbelstücke standen im Raum: ein Schreibtisch mit Schubladen aus Korbgeflecht und ein dunkelbrauner Schrank in Teak-Optik, der überhaupt nicht dazu passte. Benny liebte das Zimmer vom ersten Augenblick an. Endlich mal ein Zimmer, in dem er nicht Angst haben musste, irgendwas kaputtzumachen. Wenn er ein paar Bälle gegen diese beige Fußleiste kickte, würde Mam ihm wahrscheinlich noch dankbar sein.
Das also war Sfax. Ganz schön kalt hier. Eine richtig kühle Brise wehte herein. Bennys Kehle war ganz ausgetrocknet von der kalten Luft. Dann erinnerte er sich an die Klimaanlage. Das war die Erklärung. Musste einen Motor haben, mit dem man einen Traktor antreiben kann.
Auf das Wohnzimmer hatte man denselben wahnsinnigen Innenarchitekten losgelassen. Die gleichen grellfarbenen Vorhänge und dazu ein eintönig grauer Teppich. Das Magenverstimmungsmuster setzte sich in der dreiteiligen Sitzgarnitur fort. An den Wänden reihten sich ein paar kompakte Allzweckmöbel aneinander. Benny warf sich auf die Couch. Sie trotzte ihm und behielt ihre Form. Er drückte Ellbogen und Knie in sie hinein. Bald, dachte er, bist du mein.
Die Küche inspizierte Benny nicht mehr so genau. Sie ging wahrscheinlich als groß durch, vermutete er. Eine ganze Menge Küchenzeug. Herd und so. Im Kühlschrank stand nicht viel. Ein paar Packungen
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