Benson, Amber - Jenseits GmbH 1 - Lieber Tod als Teufel
spielen. Ich wollte diesen dummen Meeresschaum … und zwar auf der Stelle.
Meine Worte versetzten die Gopis in sichtliche Aufregung, und sie begannen zu flüstern und zu schnattern wie Schulmädchen. Ich war mir nicht sicher, ob meine Unverblümtheit ihnen imponierte oder ob sie einfach nur einen weiteren Angriff planten. Als ich Mr. Stepptanzschuh einen strengen Blick zuwarf, seufzte er, schaute zwischen Clio und Kümmerchen hin und her und wandte sich dann wieder mir zu.
„Du möchtest also mit Indra sprechen“, sagte er schicksalsergeben.
Ich nickte. „So ist es.“
Er schnippte mit den Fingern. Der helle Laut hing in der Luft, begann leicht zu vibrieren und verwandelte sich in ein tiefes Summen. Kümmerchen stieß ein Heulen aus, das mit dem Summen verschmolz und es verstärkte, bis das Ganze zu einem hohen Sirren wurde. Gleichzeitig schlossen die Gopis ihren Ring enger und bildeten einen greifbaren Schutzwall um uns.
Clio beugte sich zu mir herüber und flüsterte mir ins Ohr: „Spürst du die kinetische Energie im Raum? Unglaublich.“ Wenn man jemanden brauchte, um unser kleines Abenteuer wissenschaftlich zu quantifizieren, war meine Schwester genau die Richtige.
Wie ein Blitz aus heiterem Himmel erstrahlte plötzlich ein blaues Licht, das mich veranlasste, schützend die Hand vor die Augen zu heben. Der Raum war mit einem Mal vom beißenden Gestank brennenden Fleisches erfüllt. Ein seltsames Kribbeln lud die Luft um uns herum so stark auf, dass man die Elektrizität beinahe schmecken konnte. Ich öffnete die Augen und stellte fest, dass Mr. Stepptanzschuh verschwunden war. An seiner Stelle stand ein hochgewachsener, durchtrainierter Inder mit unbändigem schwarzem Haar, karamellfarbener Haut und Augen wie schmelzende Zartbitterschokolade. Er sah so zum Anbeißen aus, dass ich ihn am liebsten verputzt hätte, obwohl er zweifellos eine Kalorienbombe war.
Daher auch sein Spitzname: Mr. Sex-am-Stiel.
Ihr kennt das doch: Manche Leute, denen man begegnet, strahlen einfach das gewisse Etwas aus, diese flüchtige Qualität, die man nicht benennen kann. Ich rede von der Sorte Menschen, die problemlos eine Armee kommandieren oder einen blutigen religiösen Aufstand anführen könnten … Oder die Galionsfigur eines Sexkults sein können, dachte ich lüstern.
Nun, dieser Mann war einer von ihnen.
„Ihr möchtet mich sprechen?“ Indras tiefe Stimme hallte in der Stille wider.
Clio packte mich am Arm. Ich befürchtete ernsthaft, dass sie in Ohnmacht fallen würde … und ich hätte ihr keinen Vorwurf daraus machen können. Der rote Anzug, der an Mr. Stepptanzschuh so albern ausgesehen hatte, passte dem muskulösen Indra wie angegossen. Der struppige Schnurrbart war fort, stattdessen schauten wir in ein umwerfend schönes, glatt rasiertes Gesicht. Ganz offensichtlich rechnete er damit, dass wir uns ihm zu Füßen werfen würden – sicher hatte bisher jedes weibliche Wesen, dem er begegnet war, genau das getan. Doch das bestärkte mich nur in meinem Entschluss, ihm keine derartige Genugtuung zu verschaffen. Ich kniff Clio, damit sie nicht das Bewusstsein verlor.
„Ja, wir möchten dich sprechen.“ Aus meinem Zusammentreffen mit Zerberus hatte ich gelernt, dass Ehrlichkeit am längsten währte. „Der Vorstand hat mir drei Aufgaben gestellt, bevor ich Vorsitzende der Jenseits GmbH werden kann. Und eine dieser Aufgaben besteht zufälligerweise darin, den Meeresschaum in die Finger zu kriegen, mit dem du den Dämonen Vritra getötet hast. Ich weiß, wir sind einander noch nicht mal richtig vorgestellt worden, aber ich müsste mir diesen Schaum wirklich, wirklich dringend ausleihen.“
Indra schien zu überlegen. Nachdenklich zog er die dunklen Brauen zusammen.
„Ein ganz großes Bitte mit Sahnehäubchen, Herr Indra?“, sagte ich, in der Hoffnung, seine Entscheidung damit zu meinen Gunsten zu beeinflussen. Er dachte weiter über mein Gesuch nach, ohne meine offenkundige Schleimerei zu beachten.
Die Gopi-Kompanie – inzwischen war wohl klar, dass es sich hier nicht um einfache Bollywoodtänzerinnen handelte – beobachtete unser Gespräch aufmerksam. Die Blicke ihrer dunklen Augen bohrten mir regelrecht Löcher in den Rücken. Es war interessant, wie eilig sie Indra in seiner Mr.-Stepptanzschuh-Maske vor uns beschützt hatten und wie misstrauisch sie nun Clio, Kümmerchen und mich beäugten. Ich fragte mich, wovor genau Indra sich zu schützen versuchte.
„Ich glaube nicht, dass es eine besonders
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