Benson, Amber - Jenseits GmbH 2 - Einmal Tod ist nicht genug
(natürlich falschen) Diamanten und Perlen aus.
»Runter von mir, bevor ich dich runter schmeiße«, zischte ich mit zusammengebissenen Zähnen, in der Hoffnung, dass das Fellknäuel den nicht besonders subtilen Wink mit dem Zaunpfahl verstand. Das Geschöpf ahnte offenbar, dass es sich um eine leere Drohung handelte, denn es blieb sitzen, ein unbeweglicher, orangefarbener, sprechender Tumor auf meiner Schulter.
Eigentlich wollte ich das Ding nicht mit bloßen Händen berühren, aber ich wollte es auch nicht als neuen Lieblings-Dauermodeschmuck tragen – wie einen Mini-Chihuahua, nur ohne Stammbaum. Da das Fellknäuel sich schmerzhaft an meine Haut klammerte wie eine Zecke, biss ich die Zähne zusammen und kümmerte mich um mein Problem. Ich nahm allen Mut zusammen und legte die Hände um den Torso des Tieres.
»Ruhig«, sagte die geschmeidige Baritonstimme mir ins Ohr, als sich meine Hände um das Fellknäuel schlossen. »Ganz ruhig.«
»Runter von mir!«, kreischte ich erneut, und langsam wich die Angst der Wut, während ich versuchte das Fellding von mir loszureißen, und feststellte, dass es nicht nachgab.
Irgendwie macht es einen nicht besonders froh, wenn man ein haariges, krallenbewehrtes Wesen unbekannter Art an der Schulter hat, stellte ich fest.
Um all dem die Krone aufzusetzen, wog Herr Megafieses Fellknäuel auch noch eine gute Tonne. Es kam mir vor, als balancierte ich eine Wassermelone auf der Schulter. Dazu kam, dass das Geschöpf viel wärmer war, als man erwarten sollte – es fühlte sich an, als hätte jemand eine übergewichtige Heizrippe auf meiner Schulter festgezurrt. Ich kam zu dem Schluss, dass man eine solche Erfahrung nur unter einer einzigen Bedingung möglicherweise als entspannend empfinden konnte: wenn man sie in einem Wellnesshotel machte. Auf jeden Fall war sie ganz und gar nicht angenehm, wenn man ihr unfreiwillig ausgesetzt wurde.
Plötzlich blitzte etwas orangerot vor meinen Augen auf, und ich spürte, wie sich etwas Weiches, Flauschiges an meiner Nase rieb. Sofort fing ich wieder an zu niesen, so oft und so heftig, dass ich Kopfschmerzen davon bekam.
Verdammt noch mal, so hatte ich nicht niesen müssen, seit ich mich letztes Weihnachten bereit erklärt hatte, auf die Katze meiner Nachbarin Patience aufzupassen, und letztlich mit einem Atemnotanfall im Krankenhaus gelandet war …
Moment mal, dachte ich, während ich von einer weiteren Runde abgehackter Nieser geschüttelt wurde. Das Einzige, wovon ich mit Sicherheit wusste, dass es mir Atemnot verursachte, war … tja, Katzenhaar. Da war es nur logisch, dass ich es mit meinem Erzfeind zu tun hatte: der gemeinen Hauskatze!
»Hol diese Katze von mir runter!«, sagte ich wütend, während ein weiteres Niesen dicht hinter meinen Worten brodelte. Wie blöd war ich denn bitte? Ich hätte sofort erkennen müssen, dass das Fellmonster nichts weiter war als eine große, dicke, orangerote Miezekatze!
»Dann bitte Muna freundlich darum«, erwiderte die alte Frau, während sie eine Kanne aus einem meiner Schränke holte und das Wasser aus dem Teekessel hineingoss. »Sie reagiert nur, wenn sie sich ehrlich respektiert fühlt.«
Ich beobachtete, wie der Dampf sich am Rand der Kanne niederschlug, und zwang mich zur Ruhe. Wenn diese Stimme zu einem Weibchen gehört, überlegte ich, dann muss das eine teuflisch männliche Katzendame sein.
»Verschwinde lieber, bevor ich dir die Menschenrechtler auf den Hals hetze«, keuchte ich, doch die Hälfte meiner Drohung wurde von einem erneuten Niesen verschluckt.
Ich spürte, wie Klauen sich in Knochen gruben, was mich umso gereizter machte. Anscheinend zeigte ich ihr nicht den angemessenen Respekt. Meine Schulter würde wahrscheinlich für den Rest meines Lebens vernarbt sein, so wie die Sache hier lief. Tja, das war wohl nur eine weitere der vielen kleinen emotionalen und physischen Wunden, die ich erlitten hatte, seit ich mich wieder ins Familiengeschäft hatte hineinziehen lassen.
Es war einmal vor langer, langer Zeit, da lebte ich stolz mein Leben als ganz normales Mädchen, und nichts Ungewöhnliches lauerte damals in den Schatten dieses Lebens – na schön, ich hatte eine Vergangenheit, die ich nicht abschütteln konnte, aber ich konnte sie definitiv ignorieren, wenn ich wollte! Jetzt schaffte ich es gerade noch, ein halbwegs normales Leben aufrechtzuerhalten und dabei den Schlamassel zu beseitigen, der unausweichlich zurückblieb, wenn mal wieder irgendeine seltsame
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