Benson, Amber - Jenseits GmbH 2 - Einmal Tod ist nicht genug
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Hallo, ich heiße Calliope Reaper-Jones … und mein Vater ist der Sensenmann.
So, ich hab’s gesagt – und obwohl ich mir dabei wirklich vorkomme, als wäre ich bei irgendeiner abstrusen übernatürlichen Variante der Anonymen Alkoholiker, fühle ich mich jetzt, da es raus ist, echt wohler damit, ein halb menschlicher, halb übernatürlicher Freak zu sein, der … ach wisst ihr was, vergesst es! Wem zum Teufel will ich das bitte erzählen?
Ganz egal, wie oft ich es ausspreche, ich werde immer anders sein, ich werde immer Selbsthass für den nicht menschlichen Teil von mir empfinden, weil er einfach nicht richtig in die menschliche Gesellschaft passt, selbst wenn ich mich noch so sehr verbiege. Ich mag Homosapiens-DNS in meinen Genen haben, aber dieses kleine bisschen Menschlichkeit reicht nicht mal ansatzweise, um mich zu einer normalen Menschenfrau zu machen.
Egal, wie sehr ich es mir wünsche.
Na schön, ich weiß, dass ich wie eine Heulsuse klinge, doch ich wollte eigentlich immer nur in einer normalen Welt leben. Wo liegt das Problem dabei, sich normale Eltern zu wünschen, normale Geschwister und ein oder zwei normale Haustiere? Ist denn dieser ganze ziemlich standardmäßige Menschenfamilienkram wirklich zu viel verlangt?
Offenbar schon … »Normal sein« ist nämlich nicht gestattet, wenn man ein Abkömmling der Creme de la Creme des übernatürlichen Adels ist. Ich möchte einfach hier und jetzt offiziell klarstellen, dass es total scheiße ist, die Tochter des Todes zu sein – und damit meine ich so richtig fett scheiße.
Aber natürlich fällt es mir schwer, wütend auf meinen Vater zu sein, obwohl ich ihm eigentlich die Schuld an allem geben will. Vielleicht bin ich zu nachsichtig, doch immerhin war er bereits das, was er war, als meine Mutter ihn kennengelernt hat – und es war von Anfang an klar, dass sich das niemals ändern lassen würde. Meine Mutter hingegen wusste genau, worauf sie sich einließ, als sie sich in den Sensenmann verliebte. Sie hat den Heiratsantrag meines Vaters willentlich angenommen, hat willentlich den Unsterblichkeitseid geleistet und meine Schwestern und mich damit zu einer Ewigkeit übernatürlicher Abnormität verdammt!
Aber das soll ihr mal einer zu erklären versuchen. Dann fängt sie nämlich bloß an zu heulen und macht mir ein schlechtes Gewissen, weil ich es gewagt habe anzudeuten, dass sie vielleicht ein Stück weit für meine Zwangslage verantwortlich ist. Gegen meine Mutter kann man einfach nicht gewinnen. Wenn man ihrer Version Glauben schenkt, dann hat der Umstand, dass es mir so elend geht, genau genommen nicht das Geringste mit ihr oder meinem Vater oder der unheiligen Vereinigung der beiden zu tun.
So wie sie das sieht, könnte ich die Schuld an all dem der Wohltätigkeitsgesellschaft von Atlanta geben.
Diese Vorstellung ist genau besehen nicht so bizarr, wie es klingt.
Lasst mich erklären:
Man sagt, damals, als meine Mutter noch ein Mensch und die Einkaufsleiterin für alle Neiman - Marcus -Geschäfte im Südosten war, habe sie sich von einer Freundin dazu breitschlagen lassen, bei der jährlichen Modenschau der Wohltätigkeitsgesellschaft von Atlanta zu sprechen – ohne zu wissen, dass diese gemeinnützige Veranstaltung ihr Leben verändern und wenn schon nicht besser, dann doch zumindest interessanter gestalten sollte. Sie brachte alle möglichen Ausreden vor, um sich aus der Sache rauszuwinden: kranke Verwandte, die sie besuchen musste, Halsschmerzen … aber ihre Freundin blieb unbeirrbar, egal, wie sehr meine Mutter sie zu beschwatzen versuchte, wie sehr sie heulte und zeterte.
Warum der Präsident und Vorsitzende der Jenseits GmbH sich bei einer Wohltätigkeitsmodenschau in Atlanta, Georgia aufhielt, ist eine andere Geschichte, doch dort war er Gott sei Dank nun mal. Andernfalls hätte er wahrscheinlich irgendeine dämliche Göttin geheiratet oder eine andere magische Schnitte aus dem Kanon des Übernatürlichen, und dann wäre ich so sehr mit magischen Fähigkeiten vollgestopft, dass ich unmöglich einen »normalen« Job ausüben könnte. Ganz zu schweigen davon, in einer Firma wie Haus & Hof nicht den Verstand zu verlieren. Dort arbeite ich nämlich als Chefassistentin der stellvertretenden Verkaufsleiterin und sorge dafür, dass alles wie geschmiert läuft – in ebender Firma, die all diese »supertollen« Haus- und Gartengeräte vertreibt, mit denen die Dauerwerbesender zugewuchert sind.
Wie dem auch sei und egal, aus
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