Benson, Amber - Jenseits GmbH 2 - Einmal Tod ist nicht genug
genauso launisch und nervig war, wenn ich neue Leute kennenlernte.
»Muna will sich einfach nur streiten«, sagte die Alte, wobei das Lächeln auf ihrem Gesicht unbeeinträchtigt blieb. »Aber natürlich sollte man niemals vergessen, dass es immer zwei zum Tangotanzen braucht.«
»Hör mal, ich weiß deine Perlen der Weisheit zu schätzen, ganz ehrlich, doch ich hätte da eine Frage, auf die ich jetzt gleich eine Antwort brauche«, erwiderte ich lauter und wütender als beabsichtigt.
»Bitte stell deine Frage.« Der Tonfall der Frau war ein Musterbeispiel in Sachen Gelassenheit.
»In Ordnung«, sagte ich und versuchte dabei ihren ruhigen Tonfall nachzuahmen. »Wer seid ihr, und was wollt ihr – abgesehen davon, mich in meiner eigenen Wohnung zu ersticken? Ich meine, ihr habt gerade ein Wurmloch mitten in meiner Küche geöffnet und seid einfach reingekommen, als wärt ihr eingeladen«, sprudelte es aus mir hervor, als ich wieder anfing, mich aufzuregen. »Also, was zum Teufel soll das?«
Anstatt wie erwartet beleidigt zu sein, lachte die kleine Alte nur und entblößte dabei gerade, weiße Zähne, die glänzender und neuer aussahen als meine, obwohl sie wahrscheinlich fünfzig Trillionen Jahre älter waren. Mit Sicherheit handelte es sich um Magie, denn egal, mit wie viel Zahnweiß ich mich plagte, solche Zähne würde ich niemals haben.
»Also zuerst einmal: Mein Name ist Madame Papillon …«
»Warte! Den kenne ich«, sagte, ich. »Du bist eine Auraspezialistin!«
Die Alte neigte bedächtig zustimmend den Kopf nach vorne -und dieses eine Mal hatte ich eine Ahnung von dem Gefühl, das einen erfüllen musste, wenn man die Antwort auf die letzte Frage bei Jeopardy weiß oder den Preis der Schlafzimmersuite bei Der Preis ist heiß.
»Du hast meiner Mutter das Leben gerettet«, fuhr ich fort und sah die Alte mit neuen Augen. Wenn diese Alte diejenige war, die meiner Mutter das Leben gerettet hatte, dann handelte es sich bei ihr tatsächlich um eine außergewöhnliche Frau.
Aber vielleicht sollte ich einen Moment innehalten, weil ihr euch wahrscheinlich gerade fragt, wie jemand, der angeblich unsterblich ist, sterben kann. Die Sache ist die: Jeder Unsterbliche hat einen Schwachpunkt, der tödlich für ihn ist. Manche Unsterbliche dürfen kein Eisen berühren, andere sterben, wenn man ihnen den Kopf abschneidet … die Liste ist lang und wird immer seltsamer, je länger sie wird. Der Schwachpunkt meiner Mutter fiel eher in den häuslichen Bereich.
Ihr Schwachpunkt war Schnarchen.
Als meine Eltern frisch verheiratet waren, war meine Mutter noch nicht unsterblich, und deshalb hat es sie ein bisschen gestört, dass mein Vater schnarchte. Aber nach der Geburt meiner älteren Schwester Thalia und nachdem meine Mutter die Unsterblichkeit erhalten hatte, wandten sich die Dinge schnell zum Schlechteren.
Mein Vater stand völlig neben sich, als er zusehen musste, wie seine wunderschöne, junge (und eben erst unsterbliche) Ehefrau langsam dahinwelkte. Also holte er allerlei Experten, um der Wurzel des Übels auf den Grund zu gehen. Letztlich hat es eine hochbegabte Auraspezialistin gebraucht – Madame Papillon, die kleine alte Dame, die nun in ihrem sittsamen, sahnefarbenen Leinenkostüm mitten in meinem Wohnzimmer stand und Tee trank –, um eine Diagnose zu stellen und das Leben meiner Mutter zu retten.
Jetzt schliefen meine Eltern getrennt (was mir persönlich seit jeher wie ein deprimierender Kompromiss vorkam), aber wenigstens konnten sie die Ewigkeit miteinander verbringen. Das war immerhin etwas.
»Und was hast du mit all dem zu tun? Hilfst du Madame Papillon bei ihrer wichtigen Arbeit?«, fragte ich die kleine Minke.
Auch wenn ich das nicht beabsichtigt hatte, kam meine Frage wohl ein bisschen herablassend rüber, was die Minke nur noch wütender zu machen schien.
»Pass lieber auf, was du sagst«, fauchte Muna mich an, und ihre lilafarbenen Augen verengten sich zu bösen Schlitzen. »Ich kenne jetzt deinen Schwachpunkt, und ich könnte dich innerhalb eines Augenblicks unter genug Katzenhaar begraben, um …«
»Muna, das reicht«, schnitt Madame Papillon der Minke das Wort ab, bevor sie den Satz beenden konnte. Muna wurde puterrot vor Wut, aber immerhin war sie still.
»Es tut mir leid wegen Muna. Wie alle Minken ist sie schrecklich reizbar«, fuhr Madame Papillon fort. »Was nun also den Grund betrifft, warum ich mittels Magie in deiner Küche erschienen bin … sagen wir einfach, dass man mich darum
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