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Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Knorren der Masten sprangen frische wulstige Äste hervor, die sonderbar behaarte samtene Blätter trugen; sie schlossen sich oft dicht blütenartig zusammen. Wimmelnde Käfer und Ameisen. Man brauchte nicht nach den Speichern suchen. Von ihnen aus den Tiefen der Schiffe ging das intensive ruckweise sich verstärkende Leuchten aus, das oft blendende Aufglimmen, das in der allgemeinen gleichmäßigen Dunkelheit das Kabellicht überflüssig machte. Die Decke zu den Hallen schlugen sie ein, mit Beilen Sägen Feuer brachen sie durch; seitlich rissen sie die Wände des ganz verfilzten Gebäudes ein. Ins Wasser wurden Balken und Bleche geworfen, die Fische schwammen hinter den Hölzern her, bewegten sie mit den Mäulern vorwärts, kauten an ihnen, trugen sie auf ihren Rücken in See.
    Frei lagen die Berge der Netze. Zauberhaft ihr Anblick, wie sie sich durch die Buchten der Schiffe spannten. Mit glattem gewalzten Metall waren die Wände der Hallen bekleidet gewesen. Märchenhaft hatte sich das Metall bewegt. Seine ebene Glätte war verschwunden. Wellig hatte es sich geworfen, Beulen Wülste Kugeln vorgewölbt. Aus der Ebene der Wellen und Wölbungen stachen strahlige glitzernde Kristalle lang vor, die das Metall um sich aufzogen, so daß um sie die Platten rissig wurden. Das Eisen blühte von den Wänden den leuchtenden Schleiern entgegen. Der schreckliche Glanz der Schleier. Ihr Verdunkeln Aufstrahlen. Der Modergeruch, die anschwellende Wärme. Die Haken der Flieger griffen nach ihnen, die ruhig hingen, wie man sie aufgehängt hatte. Schleier um Schleier wurde durch die dunkle regentriefende Luft hochgetragen. Auf den Ölwolken lagen schon die Platten, die sie zum Glühen bringen sollten.
    Von den Schiffen herauf wurden an Hunderten Punkten die Drähte auf das Wolkenlager gezogen, die das große Kabel mit den Schleiern verbanden. Man arbeitete stürmisch, war der Erschöpfung nahe. Anfang September waren die Turmalingebäude entleert. Die leeren Frachter waren schon wieder verfilzt; manche zerfielen.
    Da rissen sich die Ölwolkenschiffe Menschentransporter von den Küsten des finsteren eisumlagerten eisdrängenden Landes, sausten süd- west- ostwärts. Stoben ab von Grönland, das sie in schwere Nacht geworfen hatten, das einsam mit seinen wimmernden unruhigen Tieren hinter ihnen lag unter der Ölwolkenbank und den glimmenden Schleiern. Scharen der Flieger und Luftschiffe rasten wild den Meeresschiffen voraus. So rasch mußte man den Ozean überqueren, wie man konnte. Zwei Tage fuhren die Meeresschiffe; die Küste des Baffinlandes streiften die westlichen, die im Osten hatten den zehnten Längengrad überschritten.
    In der Nacht zum dritten Tag wurde der Kabelstrom auf die Isolierung der Schleier losgelassen. In diesem Augenblick verlangsamten alle Meeresschiffe ihre Fahrt, die Flieger ließen sich auf die Decks und auf das schäumende Wasser nieder. Erschauern Zittern ging durch die Menschen, die sich über die finsteren Decks scharten, aus den Kabinen rannten.
    Es war zu Ende. Man hatte den Krabla Leirhukr Herdubreid Katla Hekla gesprengt. Island zerrissen, die Feuer der Erde geöffnet. Auf den beweglichen Brücken waren viele hundert Menschen, wie sie, die auf den Decks standen, verascht zerblasen über die Gletscher gestoßen ertrunken. Neue Schiffe Menschenmassen waren vom Festland hergestampft. Man hatte nicht geruht. Die Insel gab ihre Glut her. Die Schleier wurden gefüllt. Die schrecklichen Turmaline strahlten sangen. Die Fische Vögel Algen im Meer lockten sie und wollten fliegen. Zuletzt kam Grönland jenseits des Wassers. Man mußte Wolken über das Land legen, Planken auswerfen. Wie viele verkamen, stürzten ab. Als jetzt die Sirenen schrien, standen sie auf den Decks über dem rollenden Meer. Es bebte trommelwirbelte schleuderte sich hinter ihren Hälsen herum, daß sie ächzten und ihre Füße weich wurden. Ihre Lider wurden angstvoll aufgerissen, die Augen standen ihnen weiß barbarisch auf. Die Mundwinkel wurden krampfhaft heruntergezogen, die Lippen gespitzt. Sie bogen sich. Es wogte mit Hitze über ihren Leibern, schauerte über Rücken und Nacken. »Unglück. Welch Unglück. O, lieber Himmel, welches Unglück. Was haben wir geduldet. Was, was! Süße Nacht, süßes Leben. Liebe Stangen, liebes Geländer, Erbarmen. Liebe Menschen Bretter Seile Masten Bleche. Liebe Jacke, rauhe Wolle, Erbarmen. Meine Finger, mein Leib, lieber Arm, lieber Hals. Mein Hals, mein Hälschen, meine Haut, mein Kinn, Erbarmen.

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