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Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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pendelnd, in sich verbacken. Die Stürme pfiffen wie an Steinmauern dagegen. Über der Bank ging wie seit Jahrtausenden für wenige Stunden die Sonne auf. Ihr Licht drang nicht mehr durch. Der Kontinent war von dem alten weißen Himmel, dem stummen Mond, dem sprühenden Nordlicht, den kleinen funkelnden Gestirnen abgeschnitten. Die Wasserdämpfe des Landes sammelten sich an der Unterfläche der Wolkenbank, zerstreuten sich sehr langsam, entleerten sich im Schneegestöber, in Schlammregen. Sie konnten nicht abziehen; mit schwerem Wasserdunst bedeckte sich das Land, die Temperatur stieg. Zugleich wuchs die Finsternis. Der Tiere bemächtigte sich eine Unruhe. Renntiere zogen in Scharen über das Eis, ihre Weideplätze verließen sie, sie irrten umher. Die Scharen fanden keine Führung, Rudel trieben zusammen, ängstlich hielten sie auf den Küsteninseln. Die Bären und Füchse wurden aus ihren Höhlen gejagt. Ihnen war beklommen, sie liefen und schnupperten, fanden nichts verändert, waren nicht beruhigt. Das ängstliche Schreien der Raben. Glatte Robben tauchten auf, zogen sich über das Eis, suchten neues Wasser. Die Tiere wurden wachsamer eins auf das andere, griffen sich, wo sie sich befeindeten, gereizter an. Über den Gebirgen und Eiswüsten schwamm von Osten Süden Westen Wolkenschicht auf Wolkenschicht zu. Fetzen von der Gegenseite flatterten schon an. Auf losgelösten Wolken fuhren einzelne verunglückte Plankenwerfer über das Land, kamen unbeschädigt auf der Bank jenseits an. Als die aber auf den Platten im Westen und Osten sich mit bloßen Augen sahen, schrien sie nicht auf, winkten nicht. Manche sanken schlaff hin.
    Die Gasschiffe verstärkten die Wolken. Gegen Ende August zogen sie sich zurück. Die menschenverlassenen Turmalinschiffe mußten angefaßt werden. Es machte keine Schwierigkeiten, von allen Geschwadern Menschen zu ihnen zu kommandieren; straff, wie unter einer Blendung, taten die Grönlandfahrer alles was nötig war, ohne Befehl.
    Aber das überstürzende Grauen, wie sie sich auf kleinen Schiffen den bunten schwirrenden Inseln näherten. Keine Umrisse von Schiffen waren zu erkennen. Wale erschwerten die Annäherung an die Inseln. Man mußte Sprengstoffe gegen sie werfen; das Wasser rötete sich gräßlich; die dunklen Leiber schwammen eine Weile auf dem Wasser. Wie das Fangnetz eines Schleppers hingen Tangmassen um die Inseln. Man mußte sich schneidend hauend brennend durch sie arbeiten. Boote zogen die abgelösten Stiele und Geflechte ins offene Meer. Schritt für Schritt rissen sie das wuchernde Kraut los; Schicht auf Schicht mußten sie abtragen. Die Boote wechselten stundenweise; es gab immer wieder Menschen, die den Trieb nicht überwanden sich hinzugeben und mit Gewalt zurückgeführt werden mußten. Man drang schließlich, nach Sprengung der Algenbrücken und Reinigung des Wassers, an die Schiffsrümpfe heran. Wie sonderbar sie verändert waren. Die Außenhaut der Frachter legte man oben bloß; man sah schon, wie die Brücken und schwersten Tangmassen beseitigt waren, daß die Frachter wie befreit heftig zuckten, sich langsam von der Stelle bewegten, ruckweise zerrende Bewegungen nach oben machten. Schon glitten die Schiffe leicht, die Boote hinterher; man mußte fürchten, daß sie sich über das Wasser, aus dem Wasser herausheben würden. Oben am Bordrand waren alle Bleche gelöst, die Verschalungen geborsten. Von außen, von innen trieben Sprossen Äste dünne Balken durch die Schiffswand. Die wenigen Kabinen des Oberdecks waren von einem Dampf erfüllt; aber das schien nur so, als man die Türe öffnete. Sie waren ausgefüllt von einer Art Spinngewebe. An ihrem Rand, den Aufhängseln der grauweißen Gewebe hatten sich die wuchernden Hölzer der Wände, die Äste der Türen Luken selbst beteiligt, mit einem Flechtwerk von Fasern. Man sah aber keine Spinnen in den Räumen. Und wie man das dünne Gewebe mit der Hand und Stöcken zerriß, erkannte man es als feinste haarartige grasartige Austreibung der gequollenen Blätter, Röhren Stränge der Hölzer der Spinde der Decken des Bodens. Außerhalb der Hölzer und weit von ihnen entfernt hatten die Pflanzen mauerartige Organe gebildet. Jede Kabine war hauchdünn wie Mark aufgelockerter Stämme; in längerer Zeit mußte der Raum zuquellen verholzen. Man ging auf schaukelnden Lagen. Wie man den Boden aufschlug, um in die Speicher zu kommen, schlugen stickige Gase heraus. Schwammartig erweicht und verwoben waren die Decken. Aus den tiefen

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