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Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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hoch, der Rumpf ringelte sich aus dem Wasser auf, das Untier schlackerte mit seinen Flügeln. Stieg unbehilflich wie eine Gans, mit Ächzen und Speien, in die Luft, dicht über der gischenden Wasseroberfläche; verschwand gurgelnd über dem Meer.
    Man zog die Verunglückten aus dem wieder glatten Wasser. Das Gerücht von den Tieren verbreitete sich über das Geschwader. Unsägliches Grauen lag auf den Menschen, die das furchtbare Geschöpf gesehen hatten. Es war sicher: man war von Wesen dieser Art umringt. Sie waren es, vielleicht noch andere, die seit Tagen das Geschwader beunruhigten, zwischen den Schiffen ruderten stöhnten verschwanden. Entsetzen fiel auf alle. Die Menschen hatten nicht mehr die Starre der Islandkämpfer. Sie waren in den Wochen, die sie unter dem wonnigen Licht fuhren, aufgelockert worden; Weinen und Lachen kam ihnen leicht. Jetzt wimmerten sie, das Schluchzen fuhr ihnen aus dem Hals, verkrochen sich an den Schiffen, wollten nicht weiter. Was sollte kommen. Jetzt in dem Entsetzen erinnerten sie sich Islands, der stampfenden tobsüchtigen Vulkane. Die waren es, die über Grönland brannten, diese Wesen erzeugten. Weg von ihnen, es war genug. Was taten die Stadtschaften; diese verruchten Stadtschaften, was machten sie mit ihnen. Sie umgingen zitternd die Führer, die sich selbst kaum aufrechthielten, drängten, daß man nach Süden drehe. Und doch war in die Angst vor den Untieren eine andere Angst gemischt: fort zu müssen aus diesem Meer, totes Leben sollte wieder beginnen. Sie fürchteten sich vor der Rückkehr. Die Führer wandten das Geschwader nicht. In wärmere und wärmere Luft ließen sie es treten. Stoßweise ergoß sich Glut über die Menschen, die wieder ganz von jener Furcht gebunden waren, die sie in Island stumm gemacht hatte. Sie suchten sich mühsam starr zu machen; aber das rosafarbene Licht zehrte an ihnen.
    Das Wasser floß blaugrün unter ihnen. Ein Quirlen und Quellen, Wühlen und Spritzen überall. Abgerissene Bauminseln umgaben sie von allen Seiten, trieben zwischen den Schiffen hindurch, die ihnen auswichen, kein Boot mehr nach ihnen aussetzten. Zusammenfahrend, die Fäuste vor der Brust, sah man Vögel über sich fliegen, bunte singende tirilierende, in ganzen Scharen. Niemand dachte, sie zu jagen. Man stierte auf sie, ohne einen Eindruck zu empfangen, stand in Erwartung, halber Bannung. Das Wasser war von den grünen braunen Massen streckenweise so bedeckt, daß sie sie umfahren mußten. Manchmal mußten sie die dicken Schichten aufreißen. Tierische Körper waren eingesponnen, mit ihnen verfilzt: tote Ungeheuer, deren Köpfe über den Meeresspiegel traten, lammäßig ruhige Gesichter mit Bärten, blau überspült vom Wasser. Und auf Stunden, wie sich nichts ereignete, wurden die Menschen wieder von dem alten Glücksgefühl überflutet. Alles blieb still bis auf das helle Vogelgeschrei.
    In ein Meer von dunkelroter Färbung fuhren sie jetzt. Ganz langsam bewegten sich die Schiffe. Stundenlang ließen sie sich nur treiben. Die Wärme war groß; kein Wind bewegte sich. Über sich an dem strahlenden Himmel sahen sie in großer Höhe schattenhafte Wolkenmassen ostwärts schwimmen. Die Oberfläche des Meeres, burgunderfarben leuchtend, spritzte manchmal Schaum, aber zog sonst gleichmäßig als ein loser und dichter Rasenteppich nach Westen. Der Teppich, aus Meerespflanzen gebildet, war straffer als der braungrüne, den sie durchfahren hatten. Es waren Wiesen, die aus der Tiefe heraufwucherten, bisweilen glitzernd über dem Wasserspiegel hervorragten und Land vortäuschten. Die Wiesen lagen ruhig; bisweilen sah man sie wie Falten eines Kleides sich hochbauschen und wieder glätten. Mit leiser Bangnis blickten die Seefahrer darauf hin, immer in Furcht, daß da ein Riesentier das Meer aufwürfe. Die bunten Vögel, die die Masten besetzten, hockten und sprangen auf der purpurnen Tangwiese unten. Handgroße Steine und Eisenstücke, die man herunterwarf, blieben auf der Wiese liegen. Kleine Tiere, die sonst nicht das Meer bevölkerten, Fledermäuse, sah man sich auf den Rasen senken; leichte weiße Schmetterlinge, die über dem nassen Kraut sich schaukelten, in Scharen die Wiese weißfleckten. Dann lief und ruderte ein schwärzliches Gewimmel durch die Röte. Kleine Tiere, eine Art Ratten, mit bunten Schöpfen auf den Scheiteln. Sie pendelten im Wasser, schwammen dicht beieinander, hielten sich an den Stielen der Algen fest, blickten mit kleinen schwarzen Augen, den Schopf

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