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Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Kamm. Grün schimmernd, mit ausgebreiteten Armen fuhr die See, das Wellengebirge über das Meer. Lief mit dem Orkan und ihm voraus. Der drehende Wirbel schob sich, das Glimmerlicht vor sich, über den Ozean. Der Körper des Wirbels, zwischen Meeresfläche und Himmelsschwärze donnernd, nahm seine Straße nach Süden. Mit zwanzig Kilometer Geschwindigkeit lief er. Er mähte. Seine Kraft war größer als irgendeine, die vor ihm erschien. Er wälzte den Ozean häusertief auf, schleuderte die Wasserberge vor sich in die Luft, zerriß zerstäubte sie.
    Er kam über einen Teil des Geschwaders. Wie er die Schiffe nur mit dem anrollenden Saum seines eisernen Kleides berührte, drängte er sie unter die Meeresoberfläche, erschlug sie mit den aufgehobenen Wassermassen, wallte fluttoste über sie.
    Das Glimmerlicht am Rande, Gewitter vor sich, fuhr der Wirbelsturm über das Atlantische Meer an der skandinavischen und britischen Küste entlang, bog nach Westen um, kreuzte den Ozean in seiner ganzen Breite, erreichte die amerikanische Nordküste, zerbrach, über Neufinnland fahrend, Gebäude zerstörend, Bäume wie aus Geschützen schleudernd, an den Randbergen Labradors. Auf seiner Zugstraße verbreitete sich Dämmerung, der Himmel färbte sich kupferrot.
    Das grönländische Geschwader kämpfte sich durch. Zyklon auf Zyklon schickte der heiße Kontinent her. Dann traten sie in eine Gewitterzone. Immer von neuem brannte das rosafarbene Licht auf. Unter Katarakten der Regengüsse schlugen sie sich vorwärts. Das süße sehnsüchtige Gefühl erlosch nicht in ihnen. Sie nahmen die Wirbelstürme, Zerbrechen der Schiffe hin. So wenig Mutumbo die Gegend dieses Lichtes verlassen wollte, wollten sie es. Sie erinnerten sich ihres früheren Daseins. Wie störrisch hart sie gewesen waren. Sie weinten, hatten keine Furcht hier zu sterben. Wenn der dunkle Schleier am Firmament erschien, der einen neuen Zyklon anzeigte, – Ringe drehten sich in dem Schleier –, so rüsteten sie ihre Fahrzeuge. Aber im grausigsten Wirbel waren sie, die herumsprangen und lavierten, nicht geängstigt.
    Die Gewitterzone überwanden sie. Sie waren schon nahe dem Land, in einer Meeresgegend, die sonst durch Eis versperrt war. Schwüle warme Luft. Blendende Helle, grelles Aufflackern Tag und Nacht. Grüne und braune Massen schwammen auf dem Wasser. Da hörten Schiffe öfter Schreien Schnauben Stöhnen vom Meer herauf. Einzelne Wachen berichteten: sie hätten eine zusammenhängende Bewegung unter dem Meeresspiegel bemerkt, die sich zögernd näherte und in der Nähe der Schiffe endete. Einmal wurde eine Gruppe Fahrzeuge alarmiert. Die Menschen sahen von den Decks eine abgegrenzte meterlange Strecke des Meers stürmisch aufgerührt. Ein Geräusch wurde vernehmbar zwischen dem Klatschen des Wassers: Schlingern Speien Ächzen. Sie ließen Boote herunter, stießen darauf los. Da ließ die Bewegung nach; sie fanden nur Schaum und zerrissenen Tang auf dem Meer. Nördlich der siebzigsten Breite in Höhe der Shannoninsel trieb das Gros des Geschwaders. Die Ostgrönlanddrift floß hier neben der östlichen Spitzbergenströmung. Große sonderbare Baumstämme von tropischem Charakter trug das Wasser. Ein- zweimal schwamm eine ganze offenbar losgerissene Bauminsel an ihnen dicht vorüber. Die Bäume darauf waren geknickt verbrannt; einige wie frisch angenagt. Man fand, sie umfahrend, Blattreste, die von palmenartigen Gewächsen zu stammen schienen. Lebhafter machte man auf den Schiffen Jagd auf die Wesen, die die sonderbaren Meeresgeräusche häufiger und häufiger verursachten. Es mußten unbekannte schnell schwimmende Tiere sein, Wale, die aber keinen Wasserstrahl warfen. An der Spitze des Geschwaders wurde einmal das Röhren und Schnauben ungewöhnlich heftig. Sechs Schiffe fuhren darauf zu. Motorboote wurden von Deck gelassen, sausten nach der bewegten Meeresstelle. Dort stieg Wasser auf, jedoch nicht senkrecht wie aus Spritzlöchern der Wale. Sondern was sich bewegte, spie schwallartig wagerecht Ladungen Wasser von sich. Die Boote rannten gegen die sprudelnde Wassermasse. Da waren sie schon gekentert. Aus dem Meer aber wand sich der Rücken eines braungrünen schuppenglänzenden Untiers, eines Reptils mit langem Schnabel, seitwärts gestellten blicklosen Vogelaugen, das an seinen dünnen Vorderbeinen eine lappige schwere Haut schleppte. Auf dem Wasser rudernd schlug es die Vorderbeine über dem Rücken hoch. Die wampige Haut spannte sich. Der Schnabel fuhr schnappend

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