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Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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kammartig aufgestellt, um sich. Zwischen ihnen blaue glänzende Zikaden, die sprangen, aber auch Flügel zu entfalten schienen. Von ihnen stammte das feine durchdringende Piepsen, das, zwischen dem großen gleichmäßigen fernen Rollen und Wühlen, aus den Pflanzenmassen herkam. Auf die Schiffe kletterten die Tiere, vor den Menschen wichen sie aus. Die Menschen selbst flüchteten vor ihnen; sie schrien; ein Hauch von Entsetzen wehte sie an, aber sie lachten wieder, kamen sich wie Kinder vor.
    Der rote Teppich zerteilte sich manchmal, dann quoll er wieder zusammen. Immer mehr kleine Tiere überschlüpften die Schiffe, Schmetterlinge und Vögel belagerten Decks und Masten. Im Wasser, wenn der Rasen zerriß, sah man größere gelbe und blauschwarze Wesen schwimmen. Sie ähnelten nicht Fischen, mehr mit ihren blanken glatten Leibern Robben; sie kämpften miteinander und mit mächtigen Weichtieren, Nacktschnecken, die an der Oberfläche des Wassers hingen und da atmeten. Die beiden vorderen Fühler dieser Schnecken waren zu starken warzenbesetzten Armen ausgewachsen; mit denen griffen sie nach unten hängend nach den gelben schwimmenden Tieren, drückten, während sie sie hielten, ihre Saugfüße den schnellenden robbenartigen Wesen an den Leib, die rasch die Farbe verloren. Das Wasser um die Schnecken schlierte immer bunt und trübe.
    Erstickende wilde Hitze schlug durch die Luft. Gegen eine Benommenheit rangen die Menschen auf den schwankenden Schiffen. Sie hielten sich an den Masten und Geländern fest, stierten lächelten um sich. Sie waren am Hinsinken. Sie träumten: laß kommen, was will. Ihre Brüste beklemmt. Da zitterte vor ihnen die Luft auf. Das Zittern verschwand, stellte sich in anderer Richtung wieder ein. Es schien nichts weiter zu sein, als das Vibrieren der Luft in der Hitze; sie kannten es von Island her, von dem Hauch über dem Glutmeer und über den Lavaströmen. Das Vibrieren erschien bald neben ihnen, die Hitze wuchs aber nicht. Die Flächen der purpurnen Tangwiese, die dichten Büsche des Meerkrauts, barsten manchmal; das meterhohe Zittern der Luft erschien dann, wanderte; überall auf dem Wege dieses Schwirrens wich das Tangfeld auseinander, schnellte hinter ihm wieder zusammen.
    Plötzlich stand einmal die zitternde Luftmasse vor einem seitlich auf der Wiese umherirrenden Schiffe, das verschlafen stand. Die Menschen auf seinem Deck betrachteten ohne Bewegung die sonderbaren Luftwellen. Ein Surren umlief die eigentümlich wallende Luftmasse. Da schnüffelten die Menschen verwundert: ein Geruch nach Teer und Salzlake wehte in Pausen stoßend über das Schiff. Sie sahen, wie sich die vibrierende Masse ihnen langsam näherte, daß sie aus dem Meer aufwuchs, daß sie geadert war, ja durchpulst. Sie schwankte in sich. Das Luftwesen –, nun sahen sie es, staunten und erschraken nicht –, schwamm wie ein Haus hoch im Meer. Von schwarzen kleinen Massen, die sich auflösten, war es erfüllt; es mußten Algen und Lebewesen sein, die es in seinen Darm aufgenommen hatte. Vögel, Schmetterlinge hatten bei Annäherung des durchscheinenden gallertigen Gebäudes das Schiff verlassen, pfeifend sprangen ihm abgewandt die blauen Zikaden und buntschöpfigen Mäuse ins Wasser. Das bergehohe Wesen aber blies stärker über das Schiff seinen tranigen Atem. Veränderte –, erstarrt standen jetzt die Menschen, fielen bewußtlos um –, wechselte seine Haltung, drehte sein Oberstes nach vorn. Da hatte es wie ein Pflanzentier, eine Mundöffnung, von einem Kranz flimmernder Bänder umgeben, eine wogende gläserne Wölbung, aus der der strenge Salzhauch in Stößen drang. Die Bänder rollten auf, über Deck, schlangen sich um Masten Balken Menschen. Die Bänder drehten das Schiff quer, zogen es hin vor den tief gesenkten Mund des Tiers. Vor dem tief gesenkten Mund des Tiers kenterte das Schiff. Es senkte sich ins Wasser, wurde von der gallertigen Wölbung aufgefangen, die sich über die Masten und die Decks schob, sich über ihnen schloß. Die Luftmeduse richtete sich auf. Ihre Bänder spielten aufrecht in der Luft. Die Schiffsbalken wurden von ihren krampfenden Eingeweiden, mit Eisenmassen Lebewesen hoch und sichtbar über dem Meer schwebend, aufgelöst, zerflossen in ihr. Schwarze Flecken rannen durch die feine Äderung; der Mantel warf heftig Falten. Das Flirren und Flimmern der Luft ließ nach. Das Tier senkte sich. Tauchte ins Meer ein, zur Seite gedreht, Wasser schlürfend. Die purpurne Tangwiese rollte über ihm

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