Berge Meere und Giganten (German Edition)
gleichgültig ihnen das Einzelschicksal war, sahen sich veranlaßt, von ihren Waffen an die Polizei der Messingstadt abzugeben, weil hier das Chaos drohte. Die Menschen der westlichen Rassen, die in die Erdstädte einströmten, waren bald von einer unerhörten Hitzigkeit. Sie lagen nicht mehr schlaff herum; die Wildheit und Spannung der Senate schien auch auf sie geflossen zu sein. Die fremden begierigen Haufen vermehrten die Erregung. In den Vergnügungsbauten und Gewölben, in denen Männer und Frauen umgingen, kam es zu strudelnden Kämpfen. Die Vergnügungen, die die Menschen sich boten, genügten ihnen nicht; Kampf war eine Steigerung. Die Männer des Senats mußten eingreifen; mit kleinen elektrisch geladenen Stäbchen schlugen sie im Gedränge auf die Hände Stirnen Ohren der Kämpfenden, betäubten sie. Oder machten sich mit ihren Silberreifen Platz. Auf einen starken Druck der geballten Faust schoß aus dem silbernen Fingerreif eine zungenartige Spitze, nicht länger als ein Nagelglied. Die Spitze war ein durchbohrtes Röhrchen, eine Kanüle. Die stießen sie während des Ringens dem Gegner in eine beliebige Stelle seines Leibes, Brust Schenkel Hals, lähmten ihn mit dem Tropfen, den die Kanüle entleerte. Zogen sie den Ring nicht rasch zurück, so töteten sie den Gegner mit einem Stich. Sonst erwachte der Betäubte nach Tagen, kam aber nicht mehr zum vollen Gebrauch seiner Glieder; der gestochene Arm blieb lahm, die getroffene Brust wurde kurzatmig. Die Polizisten waren mehr gefürchtet als die Senatoren, die nur ab und zu unsichtbar erschienen, sich nie einmischten, nur beobachteten. Man sagte, diese Männer und Frauen des Senats erschienen in der Messingstadt, um die Leidenschaften zu erregen, ihre Polizisten zu gefährden und sich an den Kämpfen zu delektieren.
In der Messingstadt war die große Arena Londons. Man führte Stier und Löwenkämpfe ein. Bisweilen wurden auch von unsichtbaren Händen über die Zuschauer Menschen in die Arena geworfen, zum wonnigen Entsetzen der Zuschauer. Es hieß, dies seien Verbrecher oder Attentäter auf Senate; man erfuhr nie Sicheres, weil kein Mensch die Arena lebend verließ. Die Tierkämpfe fanden immer in völliger Dunkelheit statt. In völliger Finsternis ließ man die Stiere in die Arena, über die gelegentlich ein Licht huschte. Das starke Tier aber war blendend hell. Blendend hell stürmte es, sich selbst leuchtend, in den schwarzen Raum. Stirn Nacken Beine waren mit einem besonderen Lichtgemisch bestrichen. Das war ein Stoff, dessen sich Schauspieler bedienten und von dem man ein wunderbares Gerede machte. Der Stoff, sehr verschieden von dem Lichtgemisch, welches die Leuchtfarben der Wände und der ganzen Erdstädte erzeugte, übertrug sich leicht, blieb an Fingern Kleidern hängen. Mit Stillschweigen und Angst saßen die Zuschauer. Die tierischen Körper liefen leuchtend durch den Raum, der unter ihren Tritten phosphoreszierend aufdämmerte. Die Erinnerung an Geschichten, die man sich zutrug, wurde in den Massen wach. Von einem belgischen ehemaligen Siedler wußte man, der sich Ibis nannte und nach der britischen Erdstadt London sich hatte locken lassen.
Der war mit einer jungen Frau gekommen, Laponie, die er einem andern entrissen hatte. Sie war wie er lustvoll in die unterirdische Stadtschaft gestürzt, hatte von dem Lichtgemisch gehört, das die Schauspieler auf den Bühnen verwandten. Und hatte sich’s verschafft. Sie strich es sich nicht auf das Gesicht und die Hände wie der Schauspieler, dem sie es abgekost hatte. Sondern auf die Spitzen ihrer Brüste und über ihre geheimen Organe. Wollte ihren Mann berauschen. Und wie es Nacht war und er sich ihr nähern wollte im finsteren Zimmer, wich sie ihm aus und hatte ihre Freude, wie sie sein Entzücken sah und hörte und fühlte. Wie er nicht ihr nachstürzte und nicht sie sah, sondern immer nur den Schein ihrer Brüste und das Flimmern um ihre geheimen Organe. Sie ließ ihn nicht gar zu stürmisch an sich, damit nicht sein Gesicht von dem Lichtgemisch empfinge. Aber dann lag er und sie; und sie schliefen in einer unendlich wohligen Heiterkeit. Ibis aber trug an seinen Lustorganen den Stoff mit sich fort.
Er war ein üppiger blonder Flame, der sich seiner neuen Kraft nicht genug freuen konnte. Mußte sie zu anderen Weibern tragen, denen er verheimlichte, von wo er sie hatte. Sie kamen mit der liebenden Laponie zusammen, sprachen nicht von Ibis, aber ihr Geheimnis behielten sie nicht. Da wurde Laponie
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