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Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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von Eifersucht geplagt. Sie suchte das Gemisch von ihren Schamlippen zu entfernen, von ihren Brüsten; es gelang ihr nicht, so verzweifelt sie sich wusch und rieb. Und wie sich Ibis ihr nachts näherte, wollte sie sich verdecken verstecken. Er sah sie aber, sah ihre geheimen Organe und Brüste. Sie lief aus der Stube, in die finstere Straße. Und da sahen die Männer und Frauen die beiden laufen, Mann und Frau, aber nicht Mann und Frau, sondern hintereinander, bald getrennt, bald dicht zusammen, schimmernd die Muschel eines Weibes und Rute und Behang eines Mannes, zitternd, im Kreis herumlaufend. Laponie sah nur Ibis, wenn sie sich umdrehte und dachte nicht an ihre Scham, er sah nur sie und dachte nicht an seine. Sie flog in ihr Haus zurück, wollte ihm zürnen. Aber wie sie im Finstern so dastanden, lachte sie; sie konnte ihm nicht zürnen. Er merkte nur auf ihr Lachen. Sie fielen sich in die Arme.
    Aber doch war etwas in der Seele der zarten Laponie stekken geblieben. Sie mochte ihren schimmernden Schmuck nicht mehr, ruhte nicht, bis sie von dem Schauspieler, der ihr für zehn Küsse das Licht geschenkt hatte, das Wasser erhielt, mit dem man es auslöschen konnte. Stolz lockte sie im Dunkel den kecken Ibis, der verblüfft sich drehte, sie nicht fand. Sie aber kicherte, schlug mit einem Stöckchen auf seine leuchtenden Geheimnisse, daß er schrie. Und wie ein Kobold lief sie um ihn, prügelte ihn klatschend. Er wollte sie fassen, um sie an sich zu drücken, diese Nacht und viele folgende. Aber sie hielt sich tapfer, ließ ihn die Schläge ihrer Eifersucht fühlen. Bis der Schauspieler, zu dem sie gern ging und dem sie ihr Leid klagte, ihr gute Worte gab und im Lauf der Unterhaltung ihr selbst wieder das Licht ansteckte. Zu Hause erst merkte sie, wie sie ihr Zimmer verfinsterte und den schönen Tag bedachte, was sie mitgebracht hatte. Konnte nicht zurücklaufen, um den Schauspieler, den schlimmen, um das grüne Salzwasser zu bitten; Ibis war schon im Haus. Da legte sie sich stracks in ihr Bett, ließ an sich leuchten, was leuchten wollte. Ibis polterte draußen, öffnete die Tür. Sie lag starr, hielt den Atem an; jetzt würde er es sehen. Und er sah es. Stand an der Tür, klatschte in die Hände: »Da bist du ja, Laponie. Da seh ich dich. Endlich.« »Nein, ich bin nicht für dich da.« »Für wen ist denn das, süße Laponie. Und warum diesmal nur die Muschel, die kleine Muschel? Warum nicht auch die Knospen an der Brust?« »Es ist nicht für dich. Ich habe mich – gerächt.« »Was für Rache! Laponie, du leuchtest. Wenn du mich prügelst, das ist schlimm.«
    Und er hatte sie schon, die zappelte, gepackt. Sie warf sich einen Augenblick widerspenstig, weil er nicht zürnen wollte, auf die Seite, aber bald brannten sie zusammen.
    Und es gelang ihr nicht ernst zu bleiben, wenn sie ihn abends anleuchten sah. Ja, sie bemerkte, daß sie fröhlich und fröhlicher wurde. Und auch er wurde von Tag zu Tag fröhlicher. Sie verbargen sich voreinander. Ibis sagte zu Laponie: »Wir lieben uns zu sehr. Wir müssen uns eine kleine Zeit trennen.« Sie hielten es nur ein paar Tage aus. Sie wußten nicht, daß der Lichtstoff sie lustig und lustiger machte. Eine himmlische Fröhlichkeit erfüllte beide. Und so erging es den Frauen, die Ibis berührt hatte, und die sich nicht mit dem grünen Wasser wuschen. Sie konnten sich in ihrer Fröhlichkeit nicht lange behaupten. Fünf Monate, und dann lebte er nicht mehr und sie nicht mehr. Und all die Zahllosen, die sich von dem Lichtgemisch nicht getrennt hatten, die Mädchen die Schauspieler die Giftschlukker waren hingegangen. Das Flimmern Glimmen Glühen der bestrichenen Organe ließ nach, die Spannung verblieb. Und während die Menschen gelb und unsicher wurden, wurden sie ausgelassen. Trieben Possen von morgens bis abends. Es kam zur Tanzwut und Liebesraserei. Und wenn diese Menschen, das wußte man, anfingen zu tanzen und den Schemel unter sich nicht ertrugen, dann war ihr Ende nahe. Im wörtlichen Sinne tanzten sie ins Grab, in das Grab, das sie sich oft in Übermut selbst hatten schütten und schmücken lassen. Man warf die Toten damals aus der Erdstadt auf die Oberfläche zwischen die Schuttmassen. Diesen Tanzenden wählte man in einer besonderen Ergriffenheit in der Unterstadt einen Platz; es war ja fast ein Spiel, was da ablief. Es schien, als ob sie im Tanz die letzte Spur des Lichtstoffs verbrauchten. Nach einer Stunde Raserei, allein oder zu zweien –, so endeten Ibis und die

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