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Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Städte, die um diese tonnenschweren Untiere von Maschinen liefen, ihre Hebel und Gestänge angriffen, über die Gestänge sich zogen, war eine Liebe zu diesen eisernen Wesen gefahren. Ihr Dröhnen Schnattern Einschnappen tat ihnen wohl. Es labte erregte sie wie eine Liebesbegegnung.
    Es war nach dem Mißtrauen und Eigenbrödeln des vergangenen Jahrhunderts, dem Wuchern Vorsichhocken der Städte und Landschaften eine Verbindung hergestellt über Europa und bald über die großen drei Kontinente. In die Senate traten zu den Jungen der Herrscherschicht kraftvolle Männer und Frauen der fremden Massen der Völker der Versklavten. Die Massen waren Hände der anderen gewesen, genießende Münder gestreichelte gewärmte Haut. Über sie brauste der Geist so wild, daß sie, wie sie ihn fühlten, zu zerstörerischen Angriffen auf die getrieben wurden, die sie so lange davon zurückgehalten hatten. Die von den Alten vieler Stadtschaften befürchtete Ausrottung der Herrengeschlechter erfolgte an vielen Orten; das waren belanglose Vorgänge, die den Verlauf der Dinge nicht änderten. Die Menschen, die sich jetzt neu an die Apparate warfen, die Mysterien der Kenntnisse aufnahmen, waren heißer als die sie ablösten. Kosend, in stürmischem Überschwang, glückschwellend krochen Männer und Frauen an die Maschinen, die jetzt ihre waren. Das Eisen erschien ihnen beseelt wie ihr eigenes Fleisch.
    Während ein Branden die Kontinente erfüllte, die letzten Alten der Herrscherschicht alles verloren gebend ins Grab sanken, zeigte sich eines Tages in Süddeutschland eine junge Frau auf den Straßen einer großen Stadtschaft. Trug ein riesiges Banner mit den Zeichen der Gestirne. Aber es waren nicht nur Sterne Sonne Mond auf dem Banner, sondern ein Feuer, das von den Gestirnen ausging, die wie Früchte aufgebrochen waren und Flammen hochwarfen. Das Banner lehnte sie auf einem Platz an einen Baum, sprang vor den jäh erregten Tausenden, die mit ihr gezogen waren in einem ausbruchsüchtigen Drang, auf die Granitschale des Brunnens. Das Wasser der Fontäne stäubte im Wind über sie, ihre Füße standen im Bekken. Oben schwang sie, gelbes sanftes rundes Gesicht braune Augen, die dünnen Arme, riß sich die Brust auf: »Wie lange wollen wir herumgehen? Die Straßen betreten? Den Staub, die Steine? Wozu? Wozu sind wir da, wozu bin ich da? Wißt ihrs nicht? Ich weiß es. Wir lieben das Eisen; die Kraft ist in uns, die Stärke, die keine Zeit hatte. Man hatte uns davon abgesperrt. Jetzt haben wir sie. Jetzt fühlen wir sie. Sie ist unser Blut unser Leben. Es ist nicht die Erde. Was soll die Sonne auf unseren Fahnen, Mond Sterne. Nicht Sonne Erde Sterne. Wir! Wir! Wir! Wir Menschen! Die Sterne aufbrechen! Die Sonne aufbrechen! Wir können es! Wir haben ein Hirn im Kopf. Da stehen unsere Maschinen. Unser Fleisch. Ich liebe sie. Was ist kräftiger als sie. Was ist kräftiger als wir mit ihnen. Meine Seligkeit. Ich will nicht an mich halten. Kommt, Freunde Freundinnen, zu unserer Kraft! Zu unseren Kindern! Zu unserem Herz.« Sie war mit dem Banner, geführt von ekstatischen Menschen zum nächsten Kraftwerk getragen worden. Ein Zittern befiel die Arbeiter beim Heranrauschen der Scharen. Durch den Riesenraum wogte das Banner, das ihnen an die Seele griff. Das Lied von Targuniasch, dem Befreier brauste. Die Frau schrie vor einem surrenden rastlosen Ungetüm: »Targuniasch, der Befreier. Er wollte die Werke zerstören. Wir wollen sie für uns erobern. Unser Blut ist bei uns. Meine Seligkeit! Meine Seligkeit! Wir wollen uns nicht zurückhalten vor ihnen. Hin! Ich muß hin!« Und unter Aufschrei Hinsinken von Frauen und Männern, besinnungslosem tobsüchtigem Stöhnen und Kreischen stürzte sie sich von der steinernen Umfassung des Maschinenkörpers in seinen blitzenden wogenden eisenschmetternden Leib. Keinen Augenblick änderte die Maschine ihren Lauf, herrisch dröhnte sie in ihrer steinernen Umfassung. Sie wühlte in ihrem Bett, schlang den Frauenleib, salbte sich mit seinem gießenden hellroten Blut. Riesig überschmetterte sie Kreischen und Schreckensstille der Menschen. Ein Mann auf der Umfassung, klein geduckt, Gesicht, das nicht zeigte ob es lächelte oder weinte: »Hin ist hin. Was ist ein Leib für eine Maschine. Wieviel muß eine Maschine fressen, um ein Mensch zu sein. Sie muß nicht glauben, ihr genug getan zu haben. Das war für das Maschinchen ein Tropfen. Hört an, wenn ich ›hi‹ schreie, was das Maschinchen dazu sagt. Hi! Hi! Da bin

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