Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel
KAPITEL 1
Das UFO fiel in der Nacht des 20. Dezember 1962 vom Himmel, kurz nach meinem dreizehnten Geburtstag. An dieses Ereignis kann ich mich nach mittlerweile über drei Jahren immer noch sehr gut erinnern. Die Umstände allerdings sind in meiner Erinnerung größtenteils verschwommen.
Zum Beispiel könnte ich nicht mehr sagen, was ich an diesem Abend gemacht hatte. Vermutlich kam ich von irgendwo nach Hause, vielleicht von einer Verabredung. Ich sehe mich noch vor unserem Haus stehen, auf dem Rasen, nicht weit vom Gehweg, bereit hineinzugehen und doch mit starrem Blick zum Himmel. Es war sehr kalt, und es muss spät gewesen sein, bestimmt schon nach 22 Uhr. Der Orion stand über dem Haus, hoch am südlichen Himmel, Sirius nicht weit darunter, etwas östlich. Alle Sterne waren ungewöhnlich klar, ihre Farben deutlich auszumachen. Ich erkannte das Rot der Beteigeuze, das eisblaue diamantene Glitzern des Sirius. Vom Mond war nichts zu sehen. Das Objekt tauchte im Osten auf. Ich weiß gar nicht, wieso es mir auffiel. Ich war nicht überrascht, als ich es sah. Seit zwei Monaten war ich nun schon UFO-Forscher, seit Ende Oktober. Ich wusste, dass es diese Dinger gab, wenn ich nur lange genug nach ihnen Ausschau hielt.
Es war scheibenförmig und schillerte tiefrot. An den Rändern dunkler als in der Mitte. In etwa doppelt so groß wie der Mond, wenn man ihn denn hätte sehen können. Es bewegte sich gemächlich westwärts, in meine Richtung, verdeckte dabei kurz den Blick auf die Sterne, die es passierte.
Mein Fotoapparat lag in meinem Zimmer, in der dritten Schublade meiner Kommode. Das Fernglas meines Vaters stand auf einem Regal in seinem Arbeitszimmer. Ich war hin- und hergerissen, ob ich ins Haus rennen und beides holen sollte, denn ich wusste, dass das Ding vielleicht nicht mehr da sein würde, wenn ich wieder herauskam. Allerdings vermutete ich, dass es sowieso nicht auf Film zu bannen wäre. Während ich also dastand und versuchte, eine Entscheidung zu fällen, hielt es direkt über unserem Haus an.
Ich weiß nicht, wie lange es so regungslos am Himmel schwebte. Ich hatte überhaupt nicht daran gedacht, auf die Uhr zu sehen. Plötzlich taumelte es abwärts, wie ein fallendes Blatt, als wollte es auf mir landen – oder abstürzen. Ich versuchte wegzulaufen, doch meine Beine blieben, wo sie waren. Sie kribbelten, als stünden sie unter Strom, so wie es am ganzen Körper kribbelt, kurz bevor es blitzt. Oder wenn ein Albtraum beginnt.
Meine Knie gaben nach. Ich prallte auf die gefrorene Erde mit ihrem winterbraunen Gras, im Licht der Scheibe blutrot schimmernd. Wie ein verdrehtes S lag ich da, mit dem Gesicht nach oben. Die Scheibe – massiv, schwer, größer als ein Bus oder sogar als ein Güterwagen – schwebte bebend abwärts, gut hundert Meter über mir. Ihr purpurrotes Glühen pulsierte, verdunkelte sich langsam, um dann abrupt hell aufzuleuchten. Sie verschlang den ganzen Himmel.
Wenigstens konnte ich meine Hände bewegen.
Ich tastete in der Hosentasche nach meinem Schlüsselbund, bekam den dreieckigen Metallanhänger zu fassen – den Delta-Sender. Ich drückte darauf …
Die Scheibe hielt an. Hing in der Luft.
Nicht wegen des Delta-Senders. Das konnte eigentlich nicht sein. Doch nach wenigen Sekunden spürte ich das Ding in meiner Hand vibrieren, und ich wusste: Es funktioniert, genau wie Jeff
Stollard und ich es uns vorgestellt hatten. Jede Moment konnte ich zu Tode gequetscht werden. Aber nicht lautlos.
Und die Scheibe …
»Danny !«
… sprach zu mir. An ihre Worte kann ich mich nicht mehr erinnern. Womöglich waren es gar keine Worte, sondern nur Ahnungen, Bilder oder vielleicht Empfindungen, die in meinem Kopf entstanden …
»Danny!«
Die Tür geht auf. Sie kommt herein.
Meine Mutter. Sie stützt sich auf die Kommode gleich neben meiner Zimmertür, schwer atmend von der Anstrengung, weil sie zehn Meter gelaufen ist.
»Ich habe geklopft. Hast du mich denn nicht gehört?«
»Nein«, lüge ich. Obwohl es eigentlich keine echte Lüge ist. Ich habe ihr Klopfen zwar gehört, aber nicht so richtig, genau wie ich sie jeden Tag sehe, aber nie so richtig. Und im Moment sehe ich sie eigentlich gar nicht. Das einzige Licht im Raum kommt von meiner Schreibtischlampe. Meine Mutter steht jenseits davon im Dunkeln.
In ihren Pantoffeln kommt sie zu mir herübergeschlurft. Diese Pantoffeln trägt sie immer.
»Danny. Weißt du eigentlich, wie spät es ist?«
Ich schiele auf die letzten
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