Bergisch Samba
bekommen.«
»Das hat Mölich gesagt.«
»Es passt ins Bild - jedenfalls, wenn Ratnik so naiv und weltfremd war, wie ich ihn mir vorstelle. Polizisten haben auch nicht so einfach die Möglichkeit, gefälschte Pässe zu besorgen.«
»Ratnik muss vollkommen davon überzeugt gewesen sein, dass das funktioniert. Er hat allen erzählt, dass er auswandern würde. Und als er dann verschwunden war, haben alle gedacht, es hätte geklappt.«
»Dabei hat Mölich genau darin seine Chance erkannt. Ihm war sofort klar, dass er erstens mit Ratnik abrechnen und zweitens Maria zurückbekommen konnte. Nachdem er Ratnik erledigt hatte, ist er rauf zur Hütte gefahren, wo er sich Maria und das Kind geschnappt hat. Niemand hat die drei vermisst.«
»Was ist dann passiert?«
»Nach Maria Garcias Aussage war es so: Sie und das Kind waren in dem Transporter, den sich Mölich übrigens von seinem alten Kumpel Dückrath geliehen hat. Irgendwann ist Maria die Flucht gelungen. Sie ist über den Parkplatz geirrt, und Mölich bog einfach rechts in die Einbahnstraße ab, um sie möglichst schnell wieder ein-zufangen. Er hatte keine Zeit, um den Block zu fahren. In der Zwischenzeit muss das Kind weggelaufen sein. Und es geriet ihm am Ende der Potsdamer Straße genau vor den Kühler. Maria Garcia war so schockiert, dass sie sich sofort wieder einfangen ließ. Und damit war sie in Mölichs Gewalt. Genau wie damals, als sie nach Deutschland gekommen war und völlig verzweifelt eine Möglichkeit suchte, von Mölich wegzukommen.«
»Woher stammt Maria Garcia denn?«
»Wie sie selbst sagt, aus den Slums von Sao Paulo.«
Ich dachte eine Weile nach »Wissen Sie, was mich wundert? Warum ist sie erst aus ihrem Versteck gekommen, als ich Mölich schon überwältigt hatte? Ich hätte ihre Hilfe schon viel früher gebrauchen können.«
Krüger beugte sich wieder nach vorn und zuckte mit den Schultern. »Soweit ich das verstanden habe, konnte sie nicht einschätzen, wer Sie waren. Als Sie in die Wohnung eindrangen, hatte sie große Angst. Dann bemerkte sie, dass jemand ihr Gefängnis aufgeschlossen hatte. Sie schlich sich zur Tür und dachte erst, Sie seien ein Komplize von Mölich.« Er blätterte in seinen Unterlagen. »Wenn es stimmt, was sie sagt«, fuhr er fort, »hat Mölich hin und wieder in seiner Wohnung kleinere oder größere Orgien gefeiert - mit verschiedenen Mädchen und verschiedenen seiner Bekannten. Wir gehen dem noch auf den Grund, aber die Dückraths waren wohl auch dabei. Wir haben sie bereits festgenommen. Jedenfalls dachte Maria Garcia, dass so eine Sache wieder bevorstand oder dass jemand gekommen war, um mit Mölich abzurechnen, und es deswegen Streit gegeben hätte.«
»Jetzt wird mir klar, warum die Dückraths Mölich geholfen haben, alles unter der Decke zu halten, als ich mit der Ermittlung anfing. Der junge Dückrath hat mich verfolgt, er hat die Hütte angezündet. Am Ende haben die beiden auf uns geschossen und Jutta getroffen.« Ich hatte plötzlich das Gefühl, mir käme irgendetwas Saures die Speiseröhre hoch. »Und ich habe die ganze Zeit sämtliche Ergebnisse an Mölich weitergegeben. Ich dachte, wenn ich ihn überzeugen kann, dass es in dem Fall weitere Spuren gibt, dann würde er mich endlich an die Akten ranlassen. Dabei habe ich ihm die Möglichkeit gegeben, mich zu kontrollieren …«
»Die Dückraths hatten eine kleine Abmachung mit Mölich«, sagte Krüger. »Sie betrieben einen Gelegenheitsfrauenhandel. Soweit wir wissen, belieferten sie ab und zu Bordelle im Großraum Düsseldorf. Mölich wusste davon und deckte sie, so gut er konnte. Gegen Bezahlung natürlich.«
Ich drückte die Zigarette aus. »Mir ist immer noch nicht klar, warum Maria so spät hereinkam.«
»Erst als die Rede darauf kam, dass Mölich Ratnik getötet hatte, verstand sie.«
»Wieso? Hat sie das nicht gewusst?«
»Nein. Offenbar hat Mölich es ihr gegenüber so dargestellt, dass Ratnik sie verraten und verkauft habe. Im wörtlichen Sinne.«
Das Telefon klingelte. Krüger nahm den Hörer ab, meldete sich und sagte kurz: »Ja … verstanden … alles klar.« Dann legte er auf.
»Mölich ist tot«, sagte er.
Ich nickte. Krüger hatte den Blick auf die Schreibtischplatte geheftet und schüttelte fassungslos den Kopf.
»Was passiert jetzt mit der Frau?«
»Ich weiß es nicht. Anklage, Ausweisung nach dem Prozess … keine Ahnung.«
»Wie alt ist sie eigentlich?«
»Angeblich achtundzwanzig. Wir haben noch keine Kopie der
Weitere Kostenlose Bücher