Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)
det is alles Quatsch.
Sie steht am offenen Fenster, hat einen blaukarierten Schlafrock an und singt mit dem Leiermann: Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren (det ist eine falsche Gesellschaft, der hat recht, daß er die ausräuchert) in einer lauen Sommernacht (wann kommt er denn nach Hause, ich geh ihm entgegen über die Treppe). Ich war verliebt bis über beide Ohren (ich sag ihm keen Wort, mit sone Schlechtigkeiten werd ich nicht kommen, keen Wort, keen Wort. Ich hab ihn so lieb. Na, meine Bluse werd ick mir anziehen). Und wie ein Röslein hat ihr Mund gelacht. Und als wir Abschied nahmen vor den Toren, beim letzten Kuß, da hab ichs klar erkannt (Und det stimmt, wat Herbert und Eva sagt: die merken jetzt wat, und bei mir wollen sie bloß hören, obs stimmt, da können sie lange horchen, müssen sich eine Dumme suchen), daß ich mein Herz in Heidelberg verloren, mein Herz, es schlägt am Neckarstrand.
Glänzende Ernteaussichten, man kann sich
aber auch verrechnen
Geht in der Welt rum, immer in der Welt rum, immer in der Welt rum, ist Ihnen die vollste Ruhe und Friedfertigkeit. Mit dem Jungen können Sie machen, was Sie wollen, der fällt immer auf die Beine. Gibt solche Leute. In Potsdam ist einer gewesen, in Gorke bei Anklam, der hieß Bornemann, türmt also ausm Zuchthaus, kommt an die Spree. Schwimmt da wer im Wasser.
– »Nu rutschen wir mal zusammen, Franz, wie ist es damit, wie heeßt die eigentlich, deine Braut?« »Mieze, weeßte doch, Reinhold, früher hieß sie Sonja.« »So, die zeigste wohl nicht. Ist wohl zu fein für uns.« »Nanu, ich hab doch keene Menagerie, daß ich die zeigen muß. Die looft doch über die Straße. Hat ihren Gönner, verdient schönes Geld.« »Bloß zeigen tust sie nicht.« »Was heißt da zeigen, Reinhold. Das Mädel hat zu tun.« »Kannst sie doch mal mitbringen, soll hübsch sein.« »Soll schon sein.« »Möcht sie mal sehn, möchtst woll nicht?« »Na weeßte, Reinhold, wir haben so früher Geschäfte gemacht, die weeßte, über Stiebel und Pelzkragen.« »Det soll ja nicht mehr sin.« »Nee, det is nich mehr. Für sone Schweinerei bin ich nicht zu haben.« »Ist ja gut, Mensch, hab ja bloß gefragt.« (Der Hund, immer noch Schweinerei, redet noch immer von Schweinerei. Warte nur, Junge.)
Wie der Bornemann also ans Wasser kam, im Wasser eine frische Leiche schwamm. In Bornemanns Haupt da ein Lichtlein glomm. Aus der Tasche zog er alle seine Papier und gab sie ihm und gab sie ihr. Das ist zwar schon erzählt vorhin, jedoch ist es jetzt ein Gedächtnisgewinn. Dann band er die Leiche an einen Baum, sie wär davongeschwommen, und man fände sie kaum. Er selbst fuhr drauf schnurstracks mit der Kleinbahn nach Stettin, nahm ein Billett, und wie er ankam in Berlin, ruft er aus einer Kneipe Mutter Bornemann an, sie soll rasch kommen, es wär einer da. Sie bracht ihm Geld und Kleider, er flüsterte ihr was, dann mußte er scheiden, leider. Sie versprach die Leiche zu identifizieren, er werde ihr Geld schicken, wenn er welches hätte, aber habe du mal. Dann mußte er rasch, rasch wandern, sonst findet die Leiche noch ein anderer.
»Det wollt ick bloß wissen, Franz, hast ihr wohl sehr gern.« »Nu hör schon uff von den Mächens und dem Quatsch.« »Erkundige mir ja bloß. Das kann dir doch nicht beißen.« »Nee, beißt mir nicht, Reinhold, bloß bei dir, du bist doch mal ein Strolch.« Franz lacht, der andere auch. »Wie ist es denn mit deiner Kleinen, Franz. Kannste mir wirklich nich mal zeigen?« (Siehste, wat du doch für ein kleener Schäker bist, Reinhold, mir haste ausm Auto geschmissen, aber jetzt kommste). »Na, wat möchste denn, Reinhold?« »Möchte gar nischt. Mal sehen möcht ich ihr.« »Möchst mal sehen, ob sie mir gern hat? Ick sag dir, die ist vom Kopf bis zur Hacke ein Herz, ein Herz for mir, das Mädel. Die kennt nur Lieben und Gernhaben und weiter nischt. Weeßte, Reinhold, wie verrückt die ist, davon kannst du dir gar keenen Begriff machen. Kennst doch die Eva?« »Na, Mensch.« »Siehste, und von die, will die Mieze... na, ick sag dir nicht.« »Wat is denn bloß, na sag doch.« »Nee, det ist gar nicht zu denken, aber so ist sie, det haste noch nicht gehört, Reinhold, det ist mir ooch noch nicht im ganzen Geschäft vorgekommen.« »Na, wat is bloß? Mit die Eva?« »Ja, du hältst aber dicht, also die will, det Mächen, die Mieze: die Eva soll von mir ein Kleenes haben.«
Bumm. Sie sitzen beide und kucken sich an. Franz schlägt sich auf den
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