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Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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wo es trifft. Die winselt, sie windet sich, oh oh, der haut, der haut, sie hat sich rumgeworfen auf den Bauch und das Gesicht. Wie er aufhört, sich verpustet, die Stube dreht sich um ihn, dreht sie sich rum, rappelt sie sich auf: »Keinen Stock, Franzeken, ist genug, keinen Stock.«
    Da sitzt sie mit gerissener Bluse, das eine Auge zu, Blut aus der Nase und verschmiert die linke Backe und das Kinn.
    Der Franz Biberkopf aber, – Biberkopf, Lieberkopf, Zieberkopf, keinen Namen hat der –, die Stube dreht sich, die Betten stehen da, an einem Bett hält er sich fest. Da liegt Reinhold drunter, der Kerl, der liegt da mit Stiebeln und macht een Bett dreckig. Wat hat der hier zu suchen? Der hat doch seine Stube. Den hol ick raus, den setzen wir raus, machen wir, m. w. mit m weichen w. Und schon gondelt Franz Biberkopf, Ziberkopf, Niberkopf, Wiedekopf hopst an das Bett, faßt den durch die Decke an den Kopf, der bewegt sich, die Decke geht hoch, Reinhold sitzt auf.
    »Nu mal raus, Reinhold, raus du, kuck dir die an, und dann raus mit dir.«
    Miezens aufgerissener Mund, Erdbeben, Blitz, Donner, die Gleise durchgerissen, verbogen, der Bahnhof, die Wärterhäuschen umgeworfen, Tosen, Rollen, Qualm, Rauch, nichts zu sehen, alles hin, hin, weggeweht senkrecht, quer.
    »Wat ist, was is kaputt?«
    Schreien, Schreien unaufhörlich aus ihrem Mund, qualvolles Schreien, gegen das hinter dem Rauch auf dem Bett, eine Schreimauer, Schreilanzen gegen das da, höher hin, Schreisteine.
    »Maul halten, wat ist kaputt, hör uff, das Haus kommt zusammen.«
    Quellendes Schreien, Schreimassen, gegen das da, keine Zeit, keine Stunde, kein Jahr.
    Und schon hat Franzen die Schreiwelle erfaßt. Ein Tobtobtobsüchtiger. Er schwenkt am Bett einen Stuhl, der stürzt, kracht hin aus der Hand. Dann schräg hin über Mieze, die noch aufsitzt und egalweg gellt, gellt und kreischt und kreischt, und er hält ihr von hinten den Mund zu, wirft sie auf den Rükken, kniet über ihr, legt sich auf der Brust über ihr Gesicht. Die – bring – ich – um.
    Das Kreischen hört auf, sie strampelt nach oben mit den Beinen. Reinhold zerrt Franzen beiseite: »Mensch, erstickst ihr ja.« »Deiner Wege, Kerl.« »Stehst uff. Uff.« Er kriegt Franzen ab, die liegt unten auf dem Bauch, wirft den Kopf um, wimmert und röchelt, schlägt mit den Armen. Franz stammelt: »Kuck dir det Luder an, det Luder. Wen willste hauen, du Luder?« »Du gehst ab, Franz, ziehst dir die Jacke an und kommst erst ruff, wenn du dir verpust hast.« Mieze winselt unten, schlägt die Augen auf; das rechte Lid ist rot, zugeschwollen. »Zopp ab, Mensch, schlägst ihr noch dot. Zieh die Jacke an. Da.«
    Franz schnauft, keucht, läßt sich in die Jacke reinhelfen.
    Da richtet sich Mieze auf, spuckt Schleim, will sprechen, sie richtet sich hoch, sitzt, rasselt: »Franz.« Der hat die Jacke an. »Da haste den Hut.«
    »Franz...« die schreit nicht mehr, die hat ne Stimme, spuckt. »Ick – ick – ick geh mit.« »Nee, bleiben Sie man, Fräulein, ick helf Sie schon nachher.« »Franzeken, komm, ick – geh mit.«
    Der steht, dreht den Hut auf dem Kopf, schmeckt, keucht, spuckt, geht zur Tür. Krach. Zu.
    Die Mieze stöhnt, kommt auf die Beine, den Reinhold stößt sie weg, dann tastet sie sich durch die Tür. An der Korridortür kann sie nicht weiter, Franz ist raus, der ist schon die Treppe runter. Reinhold trägt sie in die Stube. Wie er sie auf das Bett legt, sie keucht, richtet sie sich allein auf, klettert herunter, spuckt Blut, drängt nach der Tür. »Raus, raus.« Sie bleibt in einem: »Raus, raus.« Ihr eines Auge immer starr auf ihn. Sie läßt die Beine herunterhängen. Son Gesabber. Das Gesabber ekelt ihn, ich halt mir hier nich uff, nachher kommen noch die Leute, und ick hab ihr so zugericht. Wat geht mir der Mist an. Morgen, Fräulein, Hut uffn Deetz, ab durch die Mitte.
    Unten wischt er sich das Blut von seiner linken Hand ab, olles Gesabbere, lacht laut: dazu hat er mir nach oben genommen, son Theater, son Dussel. Dazu legt er mir in sein Bett rein mit Stiebeln. Jetzt kriegt der Dussel die Platze. Der hat ein Kinnhaken weg, wo rennt der jetzt rum?
    Und gondelt ab. Emailleschilder, Emaillewaren aller Art. War schön da oben, war sehr schön. Son Dussel, haste gut gemacht, mein Sohn, danke schön, mal immer so weiter. Ich lach mir schief.
    Darauf saß Bornemann wieder in Stettin im Polizeigewahrsam. Sie holten seine Frau, die richtige Dame. Herr Kommissar, lassen Sie man die Frau in Ruh,

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