Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)
mit meinen Ollen, da ist wat gewesen.« »Na, Mulleken.« »Da.« »Nu, was denn, Mulleken?« Arbeitet am Schlips, wat det Mädel hat, muß der heute grade daliegen.
Sagt der Kriminalkommissar: »Wieso heißen Sie denn Finke? Haben Sie Papiere?« »Na, da brauchen Sie bloß uffs Standesamt rüberzugehen.« »Was aufm Standesamt ist, geht uns nischt an.« »Papiere hab ick ooch.« »Schön, und die nehmen wir mal erst mit. Und draußen steht noch ein Beamter aus Neugard, der hat nämlich einen gewissen Bornemann aus Neugard auf seinem Flügel gehabt, wollen den mal reinlassen.«
»Franzeken, da hat der Olle die letzten Male immer seinen Neffen dagehabt, det heißt, den hat er gar nicht eingeladen, der ist bloß gekommen.« Franz murmelt und wird kalt: »Versteh schon.« Sie läßt ihr Gesicht nicht von seinem Gesicht: »Kennste ihn, Franze?« »Woher denn?« »Ich dachte. Na, der war immer da, dann ist er auch mal mitgekommen.« Franz zittert, es wird schwarz vor seinen Augen: »Warum sagste mir denn nischt, Mensch?« »Ich dachte, ich krieg ihn los. Und warum denn, wenn einer bloß so daneben looft.« »Na und jetzt...« Das Mundzucken an seinem Hals wird stärker, dann wird da was naß, sie ist ganz angeklammert an Franz, das Mädel hält sich an mir fest, das ist so ihre bockige Art, die sagt nischt, und aus der wird keen Aas klug, und warum heult die bloß, und jetzt liegt der da, am liebsten nehme ich einen Stock und hau aufs Bett, daß der nicht mehr uffsteht, verfluchte Ziege, mir so zu blamieren. Aber er zittert. »Was ist denn nu?« »Nischt, Franzeken, hab doch keine Sorge, tu mir bloß nischt, ist ja gar nichts gewesen. Da ist er wieder mitgekommen, hat gelauert den ganzen Morgen, bis ick runterkomme von dem Ollen, und dann steht er da, und ick muß mit ihm fahren und muß und muß.« »Und du natürlich, du mußt ooch.« »Ich, ich muß ooch, wat soll ich denn machen? Franz, wenn einer einem so zusetzt. Und ist so ein junger Mensch. Und dann...« »Wo wart ihr denn?« »Vorhin immer durch Berlin, Grunewald, ick weeß alleene nicht, dann gegangen, und ick bitt ihn immer, er soll doch gehen. Und er weint und bettelt wie son Kind und fällt vor mir hin, ist son junger Mensch, Schlosser.« »Na, dann soll er doch arbeeten, der faule Kerl, statt rumzuloofen.« »Weiß nicht. Nicht böse, Franz.« »Ich weeß ja noch immer nicht, was los ist. Warum weenste denn, Mensch?« Da sagt sie wieder nischt, drückt sich bloß an und arbeitet an seinem Schlips. »Nich böse, Franz.« »Bist verliebt in den Kerl, Mieze?« Sagt nichts. Wie angst ihm ist, wie kalt bis zu den Füßen. Er flüstert ihr in die Haare, von Reinhold weiß er nichts mehr: »Bist in den verliebt?« Sie ist umschlungen Leib an Leib mit ihm, er fühlt sie ganz, aus ihrem Mund kommt: »Ja.« Ah, ah, er hats gehört, ja. Er will sie loslassen, soll ich hauen, Ida, der Breslauer, jetzt kommt es, sein Arm wird lahm, er ist gelähmt, aber sie hält ihn fest wie ein Tier, wat will die, sagt nichts, hält ihn fest, hat ihr Gesicht an seinem Hals, er sieht steinern über sie zum Fenster.
Franz rüttelt an ihr, brüllt: »Wat wiste? Laß mir nu endlich los.« Wat soll ich mit die Töle. »Da bin ich ja, Franzeken. Bin dir doch nich weggeloofen, ick bin noch da.« »Loof doch weg, will dir ja gar nicht.« »Brüll nicht, ach Gott, was hab ich gemacht.« »Loof doch zu dem, wenn du den liebst, du Aas.« »Ich bin keen Aas, sei doch jut, Franzeken, ich hab ihm ja schon gesagt, es geht nicht, und ick gehör ja dir.« »Ich will dir ja gar nicht. Ich will so eene nich.« »Ich gehör ja dir, hab ick ihm gesagt, und dann hab ick weggemacht, und du sollst mir trösten.« »Mensch, du bist woll verrückt! Laß mir los! Verrückt! Weil du in den verliebt bist, soll ick dir noch trösten.« »Ja, det sollste, Franzeken, ich bin doch deine Mieze, und du hast mir lieb, dann kannste mir doch trösten, ach, jetzt geht der rum, der Junge und...« »Nee, nu mach mal n Punkt, Mieze! Du mußt hin zu dem, hol dir den.« Da kreischt Mieze, und er kriegt sie gar nicht los: »Ja, du gehst hin, und du läßt mir los.« »Nee, det tu ick nich. Denn haste mir nich lieb, denn magst du mir nich, wat hab ick gemacht.«
Da gelingt es Franz, seinen Arm freizukriegen, sich loszumachen, sie rennt ihm nach, im Augenblick dreht sich Franz um, schlägt ihr ins Gesicht, daß sie zurücktaumelt, dann stößt er gegen ihre Schulter, sie fällt, er über sie und schlägt mit seiner einen Hand,
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