Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Titel: Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
Vom Netzwerk:
gelingen, diesen Bauerntrampel namens Chruschtschow von der Macht fernzu…«
    Ein neuerliches Schrillen des Telefons, bei dessen Klang Berija erschrocken zusammenfuhr, machte dem Gespräch vorläufig ein Ende. Berija nahm ab, meldete sich, lauschte angestrengt und erblasste. »Abgestürzt?«, ächzte er, wobei sein Blick wie zufällig an dem Porträt seines politischen Ziehvaters haften blieb. »Und wo, Valentin Sergejewitsch?« Außerstande, die offensichtliche Hiobsbotschaft zu verdauen, saß Berija stocksteif auf seinem Sessel und hörte dem Anrufer mit wachsender Bestürzung zu. Ein Mann, der so gut wie nie seine Gefühle zeigte, ließ sich Berija zu einem lauten und vernehmlichen »Dermo!« [40] hinreißen, worauf Malenkow mit ostentativem Gleichmut reagierte.
    »Schlechte Nachrichten?«, fragte der ZK-Sekretär nach, als Berija den Hörer wutentbrannt auf die Gabel geschleudert hatte.
    »›Schlecht‹ ist gar kein Ausdruck!«, fuhr Berija seinen Gesprächspartner an, nicht ahnend, dass dieser demnächst die Fronten wechseln und er, Berija, nur noch neun Tage zu leben haben würde. »Die Operation Puschkin, so scheint es, ist endgültig gescheitert. Was nichts anderes bedeutet, als dass wir das Bernsteinzimmer endgültig abschreiben können.«
    »Und damit den Prestigegewinn, den wir beide uns von seiner Entdeckung erhofft hatten«, vollendete Malenkow, zog den Vorhang zu und begab sich zur Tür. »Vielleicht doch keine so gute Idee, Kontakte zu knüpfen, die einem unter Umständen zum Verhängnis werden könnten.«
    »Was hätte ich sonst machen sollen, Malenkow – einen meiner Agenten mit dem Auftrag betrauen? Sie wissen ebenso gut wie ich, dass Chruschtschow mittlerweile überallhin seine Spitzel lanciert hat. Inzwischen sind wir so weit, dass ich mich nicht einmal mehr auf meine eigenen Leute verlassen kann. Die kleinste Indiskretion, und die Sache wäre aufgeflogen. Und was dann, können Sie mir das vielleicht verraten? Was, wenn Chruschtschow davon erfahren hätte? Dann wären wir bis auf die Knochen blamiert gewesen.«
    »Ich fürchte, Lawrenti Pawlowitsch«, entgegnete Malenkow, nahm seinen Hut vom Haken und öffnete die Tür, »ich fürchte, das sind wir sowieso.« Nur um etliche Sekunden später, nachdem sich die Tür bereits hinter ihm geschlossen hatte, hinzuzufügen: »Beziehungsweise Sie, Lawrenti Pawlowitsch – dafür werde ich schon sorgen.«

35
     
    Berlin-Zehlendorf, Waldfriedhof | 17.42 h
     
    »Alter: 33, geboren in Dresden, aus gutem – will scherzhafterweise sagen, arischem – Hause, Besuch des dortigen Gymnasiums, Abitur, Studium der Ingenieurswissenschaften mit Schwerpunkt Bergbau, vom Wehrdienst freigestellt, danach, kurz nach Beginn des Russlandfeldzuges, Eintritt in die SS. Ob zwangsweise oder aus freien Stücken, lässt sich im Nachhinein nicht mehr feststellen. Sei’s drum. Kurz vor Kriegsende die Rekrutierung für ein streng geheimes Kommandounternehmen mit dem Decknamen Alberich – was sich dahinter verbirgt, ist uns ja inzwischen bekannt.«
    Wie immer, wenn es um Recherchearbeit ging, hatte Eduard Krokowski seine Sache ausgesprochen gut gemacht, hatte das, was er im Document Center in Erfahrung gebracht und Sydow soeben ins Ohr geflüstert hatte, Hand und Fuß. In Ermangelung eines Pfarrers beziehungsweise einer Grabrede muteten seine Worte jedoch ausgesprochen makaber an, und Sydow war kurz davor, dem Übereifer seines Assistenten einen Dämpfer zu verpassen. Aber dann, im Anschluss an Krokowskis Rapport, begannen beide Totengräber bereits damit, den Sarg in die Grube hinabzulassen, und so kam er ungeschoren davon.
    Es war eine zutiefst bedrückende Szenerie, die sich Sydow bot, und wären Peters, Krokowski und Jensen nicht zur Stelle gewesen, der es sich nicht hatte nehmen lassen, seinem Kameraden das letzte Geleit zu geben, wäre sie noch viel bedrückender gewesen. Die Nachrichten aus Ostberlin trugen das Ihrige zu seiner düsteren Stimmung bei, und der Ort, an dem er sich befand, gab ihm den Rest. Die Stille und der Geruch nach Lehm, feuchtem Laub und morschem Holz waren kaum zu ertragen, selbst das Abendrot und die von der Gewitterschwüle gereinigte Luft kamen dagegen nicht an.
    Doch bald war auch schon alles vorbei, Peters und Krokowski, der Jensen sofort unter seine Fittiche genommen hatte, auf dem Weg zurück zum Wagen. Da Sydow es nicht fertigbrachte, sich einfach so zu verdrücken, wartete er ab, bis das Trio seinen Blicken entschwunden war, pflückte ein

Weitere Kostenlose Bücher