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Bettler 01 - Bettler in Spanien

Titel: Bettler 01 - Bettler in Spanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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    Sie saßen steif auf seinen antiken Eames-Stühlen, zwei Menschen, die gar nicht hier sein wollten – besser gesagt, eine der beiden Personen wollte es nicht, und die zweite ärgerte sich über das Widerstreben der anderen. Doch das war nichts Neues für Doktor Ong, und nach zwei Minuten war ihm klar: Die Frau war diejenige, die sich innerlich sträubte, und sie würde verlieren. Der Mann würde später dafür büßen, in vielen kleinen Dingen und für lange Zeit.
    »Ich nehme an, Sie haben unseren finanzielle Verhältnisse bereits nachprüfen lassen«, sagte Roger Camden liebenswürdig, »also können wir direkt zu den näheren Einzelheiten kommen, nicht wahr, Herr Doktor?«
    »Selbstverständlich«, sagte Ong. »Am besten zählen Sie mir fürs erste einmal auf, an welche genetischen Modifizierungen Sie für Ihr Baby gedacht haben.«
    Die Frau wurde plötzlich unruhig. Sie war Ende zwanzig – ohne Zweifel nicht Camdens erste Frau – und sah schon ein wenig verblüht aus; offenbar war das Schritthalten mit Roger Camden eine erschöpfende Aufgabe. Aus Ongs Sicht durchaus nicht unverständlich. Mrs. Camden hatte braunes Haar, braune Augen, und auch ihre Haut schimmerte bräunlich, was nicht unattraktiv gewirkt hätte mit ein wenig Farbe auf den Wangen. Sie trug einen braunen Mantel – weder besonders schick, noch besonders anspruchslos – und Schuhwerk, das entfernt an orthopädisches erinnerte. Ong warf einen Blick auf sein Karteiblatt: Elizabeth war ihr Name. Jede Wette, daß er den Leuten oft entfiel.
    Mit ihr verglichen strahlte Roger Camden nervöse Vitalität aus – ein Mann in fortgeschrittenen mittleren Jahren, dessen runder Schädel so gar nicht zu dem sorgsamen Haarschnitt und dem italienischen Seidenanzug passen wollte. Um sich alles über Roger Camden ins Gedächtnis zu rufen, hatte Ong kein Karteiblatt nötig. Erst am Vortag war eine Karikatur dieses Rundschädels unter der Spitzenmeldung der Online-Ausgabe des Wall Street Journals erschienen: Camden hatte bei der Beteiligung am grenzüberschreitenden Datenatoll einen größeren Coup gelandet. Ong wußte nicht genau, was ein grenzüberschreitendes Datenatoll war.
    »Ein Mädchen«, sagte Elizabeth Camden. Daß sie zuerst das Wort ergriff, verblüffte Ong ein wenig. Ihre Stimme war eine weitere Überraschung: britisches Oberschicht-Englisch. »Blond. Grüne Augen. Groß. Schlank.«
    Ong lächelte. »Äußerliche Faktoren sind am einfachsten zu beeinflussen, wie Ihnen gewiß bereits bekannt ist. Doch was eine schlanke Gestalt angeht, können wir nur für eine entsprechende genetische Disposition sorgen. Natürlich wird die Art der Ernährung des Kindes größten Einfluß…«
    »Ja, ja«, unterbrach ihn Roger Camden. »Das ist klar. Und nun zur Intelligenz: Hohe Intelligenz. Und Wagemut.«
    »Zu meinem Bedauern, Mister Camden, konnten wir in die Erforschung der Persönlichkeitsfaktoren noch nicht weit genug eindringen, um eine genetische Manipulation auf diesem Gebiet zu…«
    »Sie sind gerade erst bei den Tests«, stellte Camden mit einem Lächeln fest, von dem Ong annahm, es sollte unbeschwert wirken.
    »Musikalität«, sagte Elizabeth Camden.
    »Noch einmal, Mrs. Camden, eine entsprechende Disposition ist alles, was wir garantieren können.«
    »Sollte reichen«, nickte Camden. »Dazu selbstverständlich die ganze Palette von Korrekturen für jede potentielle genetisch bedingte Krankheit.«
    »Selbstverständlich«, sagte Doktor Ong.
    Seine beiden Klienten schwiegen. In Anbetracht von Camdens dicker Brieftasche war es eine recht maßvolle Wunschliste; die meisten seiner Kunden versteiften sich auf genetische Neigungen, die miteinander in Widerspruch standen, auf ein Übermaß an Genmanipulation, oder sie gaben sich einfach unrealistischen Erwartungen hin; von alldem mußte man sie mühsam abbringen. Ong wartete. Die Atmosphäre war spannungsgeladen.
    »Und«, sagte Camden, »ein fehlendes Schlafbedürfnis.«
    Elizabeth wandte sich ruckartig ab und sah zum Fenster hinaus.
    Ong griff nach dem Papiermagneten auf dem Schreibtisch. Er machte seine Stimme so freundlich wie möglich. »Darf ich fragen, wie Sie in Erfahrung gebracht haben, daß ein solches Genmodifizierungsprogramm überhaupt existiert?«
    Camden grinste. »Also leugnen Sie es wenigstens nicht. Das ehrt Sie, Herr Doktor.«
    Ong beherrschte sich. »Darf ich Sie dennoch fragen, wie Sie von der Existenz des Programms erfahren haben?«
    Camden griff in die Innentasche seines Sakkos.

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