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Bettler 01 - Bettler in Spanien

Titel: Bettler 01 - Bettler in Spanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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einer Gemeinschaft entfernte, blieb der Traum – Tonys Traum – wunderbar. Wenngleich unerfüllbar. Es war der idealistische Traum, zwei große menschliche Bedürfnisse zu vereinen, zwei große menschliche Sehnsüchte. Kannst du deiner Großmutter denn nicht im Hinblick auf diesen ursprünglichen Traum vergeben?«
    »Nein«, sagte Miri mit starrem Gesicht, und Leisha fiel wieder ein, wie jung sie noch war. Die Jungen vergeben nicht. Hatte Leisha denn je ihrer eigenen Mutter vergeben?
    Miri sagte: »Das ist also der Grund, warum du sie verteidigen willst? Wegen dieses ursprünglichen Traums, als den du es siehst?«
    »Ja.«
    Miri stand auf. Unter dem Rand der Shorts hatte der Stein sichtbare Spuren an ihren Schenkeln hinterlassen. Ihre dunklen Augen bohrten sich in Leishas Blick. »Indem sie ihrer Definition einer Gemeinschaft engere Fesseln anlegte, hat Großmutter meinen Bruder Tony getötet.« Sie ging davon.
    Nach einer Schrecksekunde rappelte Leisha sich auf und rannte barfuß hinter ihr her. »Miri! Warte!«
    Miri blieb folgsam stehen und drehte sich um. Sie weinte nicht.
    Leisha landete auf einem spitzen Stein und hoppelte schmerzerfüllt weiter. Miri half ihr zurück auf den Felsen, auf dem Leishas Schuhe und Socken schlaff in der Hitze warteten.
    »Sieh nach, ob kein Skorpion drin ist, ehe du sie anziehst«, forderte Miri Leisha auf, »sonst… Warum lächelst du?«
    »Ach, nichts. Ich bin mir nur nie im klaren, was du weißt und was nicht. Miri – würdest du mich aus der Kategorie von Menschen ausschließen, denen du die Möglichkeit zugestehst, sich zu verteidigen? Oder Drew? Oder deinen Vater?«
    »Nein!«
    »Aber wir alle haben über die Jahrzehnte hinweg unsere Einstellung, was akzeptabel oder richtig, ja sogar erstrebenswert ist, geändert. Das ist der springende Punkt, Mädchen. Das ist der Grund, warum ich deine Großmutter verteidige.«
    »Was ist der springende Punkt?« fuhr Miri sie barsch an.
    »Wandel. Veränderung. Die unvorhersehbare Art und Weise, wie Geschehnisse Menschen verändern können. Und, Miri, die Schlaflosen leben lange. Es ist viel Zeit für viele Geschehnisse…« – die Zeit schichtet sich auf wie Staub –, »und das bedeutet eine Menge Veränderungen. Sogar Schläfer können sich verändern. Als Drew zu mir kam, war er ein Bettler. Und inzwischen hat er einen wichtigen Beitrag zum Lauf der Welt geleistet, indem er die Denkweise von euch SuperS verändert hat. Das ist die Antwort, Miri. Du kannst nicht jemandem das Recht auf Verteidigung nehmen, weil Dinge sich ändern. Selbst deine Großmutter könnte sich ändern. Vielleicht ganz besonders deine Großmutter. Miri? Verstehst du, was ich meine?«
    »Ich werde darüber nachdenken«, grollte Miri.
    Leisha seufzte. Miris Nachdenken würde so komplex verlaufen, daß Leisha vermutlich ihre eigenen Argumente nicht wiedererkannte, wenn sie sie im Hologramm eines Fadengebildes vor Augen hatte.
    Doch als Miri zurück zum Haus gegangen war und Leisha Socken und Schuhe angezogen hatte, blieb sie auf dem flachen Felsen sitzen und starrte hinaus in die Wüste, die Arme um die Knie gelegt.
    Die Menschen ändern sich. Aus Bettlern werden Künstler. Erfolgreiche Anwälte können zu hoffnungslosen Faulpelzen werden und sich wie Achill in sein Zelt zurückziehen und jahrzehntelang schmollen – ein Weltklasseschmollwinkel – und dann wieder die Zulassung erlangen und zu Strafverteidigern werden. Meeresspezialisten können zu Vagabunden werden. Schlafforscherinnen können zu enttäuschenden Ehefrauen werden und sich dann wieder zu brillanten Forscherinnen zurückverwandeln. Schläfer können zwar nicht zu Schlaflosen werden… Oder doch? Nur weil Adam Walcott vierzig Jahre zuvor einen Fehlschlag erlitten hatte, nur weil Susan Melling behauptet hatte, daß es unmöglich sei, hieß das denn, daß es für immer unmöglich bleiben mußte? Susan hatte nie einen SuperSchlaflosen zu Gesicht bekommen…
    Tony, sagte Leisha bei sich, es gibt keine ewigen Bettler in Spanien. Oder sonstwo. Der Bettler, dem du heute einen Dollar gibst, könnte morgen die Welt verändern. Oder der Vater des Mannes werden, der es tut. Oder Großvater, oder Urgroßvater. Es gibt keine gleichbleibende Ökologie des Tausches, wie ich einst dachte, als ich sehr jung war. Es gibt überhaupt nichts Gleichbleibendes und nichts Stagnierendes, wenn man ihm genug Zeit zugesteht. Und es gibt auch nichts Unproduktives. Bettler sind bloß zeitweilige Genverbindungen zwischen

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