Bettler 01 - Bettler in Spanien
Die Seide knitterte und verzog sich; Körper und Anzug kamen eben aus zweierlei Klassen. Bei dieser Feststellung fiel Ong ein, daß Camden Yagaiist war, sogar ein persönlicher Freund von Kenzo Yagai. Camden reichte Ong einen Ausdruck der detaillierten Beschreibung des Programms.
»Sie können sich die Mühe sparen, das Sicherheitsleck in Ihren Datenbanken aufspüren zu wollen, Herr Doktor, Sie werden es nicht finden. Aber wenn es Ihnen ein Trost ist: auch sonst wird es niemand finden. Also.« Er beugte sich unvermutet vor und fuhr mit verändertem Tonfall fort: »Ich weiß, daß Sie zwanzig Kinder geschaffen haben, die niemals schlafen müssen, und daß bis jetzt neunzehn von ihnen gesund, intelligent und psychisch normal sind – ja sogar mehr als normal, sie sind für ihr Alter alle geistig überdurchschnittlich weit entwickelt. Das älteste ist vier Jahre alt und kann schon in zwei Sprachen lesen. Ich weiß, daß Sie daran denken, diese Genmodifikation in ein paar Jahren auf den Markt zu bringen. Ich will nur die Möglichkeit, sie jetzt schon für meine Tochter zu kaufen. Egal, was sie kosten soll.«
Ong stand auf. »Ich bin nicht befugt, allein mit Ihnen über ein solches Thema zu verhandeln, Mister Camden. Weder die rechtlichen Folgen des Diebstahls unserer Daten…«
»Es war kein Diebstahl. Ein Rückstau von Daten aus Ihrem System brach spontan in ein öffentlich zugängliches Netz. Ein gegenteiliger Beweis würde Ihnen verdammt schwerfallen…«
»… noch Ihr Angebot, diese spezielle genetische Modifikation erwerben zu wollen, unterliegen meiner alleinigen Entscheidungsgewalt. Beides muß dem Vorstandsdirektorium dieses Instituts unterbreitet werden.«
»Aber selbstverständlich! Selbstverständlich! Wann kann ich mit den zuständigen Personen sprechen?«
»Sie?«
Camden, der sitzengeblieben war, sah hoch; Ong fand, daß es wenige Menschen gab, die so selbstsicher dreinsahen wie dieser Mann, wenn sie zu ihrem Gesprächspartner einen halben Meter aufblicken mußten. »Aber sicher! Ich möchte mir die Chance nicht entgehen lassen, mein Angebot demjenigen vorzulegen, der auch ermächtigt ist, es zu akzeptieren. Nur so kann man Geschäfte machen.«
»Aber es handelt sich hier doch nicht allein um den Abschluß eines Geschäftes, Mister Camden!«
»Aber auch nicht allein um wissenschaftliche Forschung«, konterte Camden. »Das hier ist ein kommerzielles Unternehmen, Doktor Ong. Mit einigen Steuervorteilen, die nur Firmen für sich in Anspruch nehmen können, deren Geschäftsgebaren gewissen Minderheitsgesetzen entspricht.«
Im ersten Moment wußte Ong nicht, was Camden damit meinte. »Minderheitsgesetze…?«
»Die dafür sorgen, daß Zulieferer, die einer Minorität angehören, nicht benachteiligt werden. Ich weiß, daß es noch keinen Präzedenzfall gibt, bei dem dieses Gesetz von Kunden in Anspruch genommen wurde, ausgenommen bei Streichungen von den Installationslisten für Y-Energie. Aber es wäre doch einen Versuch wert, nicht wahr, Doktor Ong? Minderheiten haben das Recht auf das gleiche Produktangebot wie Nichtminderheiten. Ich weiß, daß Ihr Institut nicht gern einen gerichtsanhängigen Fall am Hals hätte. Und keines Ihrer zwanzig Beta-Test-Babies hat schwarze oder jüdische Eltern.«
»Einen gerichtsan… Aber Sie sind doch auch nicht schwarz oder Jude!«
»Ich gehöre einer anderen Minderheit an. Der polnisch-amerikanischen. Früher lautete der Name Kaminsky.« Jetzt stand Camden endlich auf. Und lächelte gewinnend. »Hören Sie, das Ganze ist absurd. Sie wissen das, und ich weiß es, und wir wissen beide, wie sich die Presse darauf stürzen würde. Und Sie wissen auch, daß ich Sie nicht in einem absurden Fall vor Gericht zerren will, um mir die daraus entstehende negative öffentliche Meinung Ihrer Einrichtung gegenüber zunutze zu machen, damit ich bekomme, was ich haben will. Ich möchte Ihnen nicht drohen, glauben Sie mir, ich möchte nur, daß mein Kind in den Genuß dieser wunderbaren Errungenschaft kommt.« Seine Züge nahmen einen Ausdruck an, den Ong in diesem Gesicht nie für möglich gehalten hätte – Wehmut. »Herr Doktor, wissen Sie, wieviel mehr ich in meinem Leben erreicht hätte, wenn ich ohne Schlaf ausgekommen wäre?«
»Du schläfst ohnehin kaum!« bemerkte Elizabeth Camden barsch.
Camden sah auf sie hinab, als wäre ihm ihre Anwesenheit völlig entfallen. »Nein, Liebes, ich denke nicht an jetzt. Aber als ich jung war… das College – ich hätte das College
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