Beute
als Kugel. Und an diesem Punkt kamen unsere Programme ins Spiel. Aber das wiederum hieß, dass Xymos da gleichsam das Äquivalent eines .
»Ihr baut ein Auge.«
»Könnte man so sagen. Ja.«
»Aber wo ist die Lichtquelle?«
»Die biolumineszierende Umrandung.«
»Das Licht reicht nicht.«
»Doch. Pass auf.«
Währenddessen drehte sich die Julia auf dem Bildschirm graziös um und zeigte auf den Infusionsschlauch hinter sich. Aus einem Eisbehälter in greifbarer Nähe nahm sie eine Spritze. Der Zylinder schien mit Wasser gefüllt zu sein. »Diese Spritze«, sagte sie, »enthält etwa zwanzig Millionen Kameras in einer isotonischen Salzlösung. Im Augenblick sind es noch einzelne Partikel. Sobald sie jedoch in den Blutstrom injiziert werden, steigt ihre Temperatur an, und sie finden sich zusammen, um eine Meta-Form zu bilden. So wie ein Vogelschwarm eine V-Form bildet.«
»Was für eine Form?«, fragte einer der Investoren.
»Eine runde«, sagte sie. »Mit einer kleinen Öffnung an einer Seite. Denken Sie einfach an die Blastula, das frühe Stadium in der Embryonalentwicklung. Doch im Grunde fügen sich die Partikel zu einem Auge zusammen. Und das Bild aus diesem Auge wird das Gemeinschaftswerk von Millionen von Photondetektoren sein. Genau wie das menschliche Auge mit seinen Stäbchen und Zapfen ein Bild erzeugt.«
Sie wandte sich einem Monitor zu, der in einer Endlosschleife immer und immer wieder eine Animation zeigte. Die Kameras drangen als amorphe, unorganisierte Masse in den Blutstrom ein, eine summende Wolke im Blut. Sofort zog das Blut die Wolke zu einem länglichen Streifen auseinander. Binnen Sekunden jedoch verdickte sich der Streifen zu einer Kugel. Die Form wurde schnell deutlicher, bis sie schließlich nahezu fest wirkte.
»Falls Sie das an ein richtiges Auge erinnert, dann nicht ohne Grund. Hier bei Xymos imitieren wir ganz bewusst die organische Morphologie«, sagte Julia. »Da wir mit organischen Molekülen arbeiten, sind wir uns darüber im Klaren, dass unsere Umwelt dank einer mehrere Millionen Jahre währenden Evolution über einen Vorrat an funktionierenden molekularen Anordnungen verfügt. Und die nutzen wir.«
»Sie wollen also nicht das Rad neu erfinden?«, fragte jemand.
»Genau. Oder den Augapfel.«
Sie gab ein Zeichen, und die flache Antenne wurde gesenkt, bis sie nur wenige Zentimeter über der wartenden Versuchsperson schwebte.
»Diese Antenne wird die Kamera steuern und das übertragene Bild empfangen«, sagte sie. »Das Bild kann selbstverständlich digital gespeichert, vergrößert, verändert werden, einfach alles, was sich mit digitalen Daten anstellen lässt. So, falls keiner mehr eine Frage hat, können wir anfangen.«
Sie versah die Spritze mit einer Nadel und stach sie in den Gummipfropfen der Veneninfusion.
»Zeitnahme.«
»Null Komma null.«
»Los geht’s.«
Sie drückte den Kolben rasch hinunter. »Wie Sie sehen, mache ich das schnell«, sagte sie. »Unser Verfahren ist in keiner Weise empfindlich. Man kann nichts kaputtmachen. Selbst wenn die Mikroturbulenz, die durch den Fluss durch die Nadel entsteht, die Röhrchen von ein paar tausend Kameras abreißt, spielt das keine Rolle. Wir haben noch etliche Millionen mehr. Mehr als genug, um die Arbeit zu erledigen.« Sie zog die Nadel heraus. »Okay? Im Allgemeinen dauert es etwa zehn Sekunden, bis sie sich zusammenfügen, und dann müssten wir ein Bild empfangen … Ah, sieht so aus, als käme es jetzt … Und da ist es auch schon.«
Zu sehen war die Kamera, die sich mit beträchtlicher Geschwindigkeit durch etwas hindurchbewegte, was einem Asteroidenfeld ähnelte. Nur dass die Asteroiden rote Blutkörperchen waren, elastische ins Lila spielende Beutel in einer klaren, leicht gelblichen Flüssigkeit. Dann und wann schoss eine deutlich größere weiße Zelle vorbei, füllte den Bildschirm einen Moment lang ganz aus und war schon wieder verschwunden. Was ich da sah, glich eher einem Videospiel denn einem medizinischen Bild.
»Julia«, sagte ich, »das ist ja unglaublich.«
Die Julia neben mir schmiegte sich noch enger an und lächelte. »Wusste ich doch, dass dich das umhaut.«
Die Julia auf dem Bildschirm sagte- »Wir sind in einer Vene, daher sind die roten Blutkörperchen nicht mit Sauerstoff angereichert. Im Augenblick ist unsere Kamera auf dem Weg zum Herzen. Sie werden sehen, dass die Gefäße größer werden, während wir uns durch das Venensystem aufwärts bewegen … Ja, jetzt nähern wir uns dem
Weitere Kostenlose Bücher