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Beute

Beute

Titel: Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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drehten sich einen Moment lang einzeln, verschmolzen dann wieder zu einer. Sonnenlicht blitzte auf schimmerndem Silber. Das Kaninchen lag reglos auf der Seite.
    Und dann machte sich der Schwarm rasch davon, flirrte hinein in die Wüste. Er wurde zum Horizont hin immer kleiner. Bald darauf war er verschwunden.
    Ricky sah mich an. »Was meinst du?«
    »Ihr habt einen selbstständigen Roboter-Nanoschwarm am Hals. Der sich dank irgendeines Idioten selbst mit Energie versorgen und erhalten kann.«
    »Meinst du, wir kriegen ihn zurück?«
    »Nein«, sagte ich. »Nach dem, was ich gesehen hab, ist das völlig ausgeschlossen.«
    Ricky seufzte und schüttelte den Kopf.
    »Aber ihr könnt ihn euch auf jeden Fall vom Hals schaffen«, sagte ich. »Ihr könnt ihn töten.«
    »Im Ernst?«
    »Natürlich.«
    »Wirklich?« Seine Miene hellte sich auf.
    »Mit Sicherheit.« Und das war mein voller Ernst. Ich war überzeugt, dass Ricky das Problem übertrieb, mit dem er es zu tun hatte. Er hatte es nicht richtig durchdacht. Er hatte nicht alles getan, was er tun konnte.
    Ich war überzeugt, dass ich den flüchtigen Schwarm vernichten könnte. Ich ging davon aus, dass die Sache am nächsten Morgen bei Tagesanbruch erledigt sein würde - spätestens.
    Aber da ahnte ich ja noch nicht, mit was für einem Gegner ich es zu tun hatte.

6. Tag, 10.11 Uhr
    Rückblickend hatte ich in einem Punkt tatsächlich Recht: Es war von entscheidender Bedeutung herauszufinden, wie das Kaninchen gestorben war. Natürlich weiß ich das inzwischen. Ich weiß auch, warum das Kaninchen angegriffen wurde. Aber an jenem ersten Tag im Labor hatte ich nicht die leiseste Ahnung, was geschehen war. Und die Wahrheit hätte ich niemals erraten können.
    Keiner hätte das gekonnt, zu diesem Zeitpunkt.
    Nicht einmal Ricky.
    Nicht einmal Julia.
    Zehn Minuten waren vergangen, seit die Schwärme verschwunden waren, und wir standen alle im Lagerraum. Die ganze Gruppe hatte sich dort versammelt, angespannt und nervös. Sie sahen zu, wie ich mir einen Funksender an den Gürtel steckte und ein Headset aufsetzte. Zum Headset gehörte eine Videokamera, die links in Augenhöhe befestigt war. Es dauerte ein Weilchen, bis der Videosender richtig funktionierte.
    Ricky sagte: »Du willst wirklich da raus?«
    »Ja«, sagte ich. »Ich will wissen, was mit diesem Kaninchen passiert ist.« Ich blickte in die Runde. »Wer kommt mit?«
    Niemand rührte sich. Bobby Lembeck blickte zu Boden, die Hände in den Taschen. David Brooks blinzelte rasch und schaute weg. Ricky inspizierte seine Fingernägel. Ich fing Rosie Castros Blick auf. Sie schüttelte den Kopf. »Ich denk nicht dran, Jack.«
    »Wieso nicht, Rosie?«
    »Du hast es doch selbst gesehen. Die jagen.«
    »Meinst du?«
    »Es sah jedenfalls verflucht danach aus.«
    »Rosie«, sagte ich, »das kannst du doch nicht ernsthaft denken nach dem, was ich dir beigebracht hab. Wie sollte es denn möglich sein, dass die Schwärme jagen?«
    »Wir haben es alle gesehen.« Sie schob störrisch das Kinn vor. »Alle drei Schwärme haben gejagt, koordiniert.«
    »Aber wie?«, fragte ich.
    Jetzt runzelte sie die Stirn, sah verwirrt aus. »Was soll die Frage? Das ist doch wohl klar. Die Agenten können kommunizieren. Sie können jeder ein elektrisches Signal erzeugen.«
    »Richtig«, sagte ich. »Wie stark ist das Signal?«
    »Tja …« Sie zuckte die Achseln.
    »Wie stark, Rosie? Sehr stark kann es nicht sein, jeder Agent misst bloß ein Hundertstel von der Dicke eines Menschenhaars. Da kann er ja wohl kaum ein starkes Signal erzeugen, richtig?«
    »Ja, schon …«
    »Und elektrische Strahlung nimmt proportional zum Quadrat des Radius ab, richtig?« Das lernten schließlich schon Schulkinder im Physikunterricht in der High School. Wenn man sich von der elektromagnetischen Quelle entfernte, ließ die Intensität schnell nach - sehr schnell.
    Und das bedeutete, dass die einzelnen Agenten nur mit ihren unmittelbaren Nachbarn kommunizieren konnten, mit Agenten ganz in ihrer Nähe. Nicht mit anderen Schwärmen, die zwanzig oder dreißig Meter entfernt waren.
    Rosie blickte noch skeptischer. Die ganze Gruppe blickte jetzt skeptisch, alle sahen einander beklommen an.
    David Brooks hustete. »Was haben wir denn dann gesehen, Jack?«
    »Das war eine Illusion«, sagte ich mit Bestimmtheit. »Ihr habt drei Schwärme gesehen, die unabhängig voneinander agiert haben, und ihr habt gedacht, sie wären koordiniert. Aber das sind sie nicht. Und ich bin mir ziemlich

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