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Beute

Beute

Titel: Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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Wunder, dass sie nicht fündig wurden, Nacht für Nacht.
    Doch als ich weiter über das Problem nachdachte, fiel mir noch ein Aspekt ein, aus dem ich nicht schlau wurde. Sobald die Wolke zu Boden sank - sobald die einzelnen Einheiten keine Energie hatten -, dann war die Wolke kein organisiertes Ganzes mehr. Sie konnte vom Wind zerstreut werden, wie ganz gewöhnliche Staubpartikel, ohne eine Chance, sich wieder neu zu formieren. Aber das passierte offenbar nicht. Die Einheiten zerstreuten sich nicht. Stattdessen kam die Wolke jeden Tag wieder. Wieso?
    »Wir glauben«, sagte Ricky, »sie versteckt sich nachts.«
    »Sie versteckt sich?«
    »Ja. Wir glauben, sie sucht sich irgendeinen geschützten Bereich, vielleicht einen Überhang oder ein Loch in der Erde, irgendwas in der Art.«
    Ich deutete auf die Wolke, die auf uns zugewirbelt kam. »Du glaubst, der Schwarm da ist in der Lage, sich zu verstecken?«
    »Ich glaube, er ist anpassungsfähig. Genauer gesagt, ich weiß es.« Er seufzte. »Und überhaupt, es gibt nicht nur einen Schwarm, Jack.«
    »Nicht nur einen?«
    »Mindestens drei. Vielleicht mehr, inzwischen.«
    Im ersten Moment war mein Kopf wie leer, und eine Art träge, graue Fassungslosigkeit spülte über mich hinweg. Ich konnte plötzlich nicht mehr denken, verstand gar nichts mehr. »Was willst du damit sagen?«
    »Ich will damit sagen, dass er sich vermehrt, Jack«, erwiderte er. »Der verdammte Schwarm vermehrt sich.«
    Die Kamera zeigte jetzt ein ebenerdiges Bild von der Staubwolke, die wirbelnd auf uns zukam. Doch bei genauerem Hinsehen merkte ich, dass sie gar nicht wie ein Sandteufel wirbelte. Stattdessen drehten sich die Partikel in einer schlän-gelnden Bewegung mal zur einen, mal zur anderen Seite.
    Sie schwärmten eindeutig.
    »Schwärmen« nannte man das Verhalten bestimmter Staaten bildender Insekten wie Ameisen oder Bienen, die immer dann schwärmten, wenn sie sich einen neuen Stock suchten. Eine Wolke Bienen flog immer wellenförmig zuerst in die eine, dann in die andere Richtung, wie ein dunkler Fluss in der Luft. Wenn der Schwarm Pause machte, hängte er sich wie eine Traube an einen Baum, für eine Stunde, vielleicht auch über Nacht, und setzte dann seinen Weg fort. Und sobald die Bienen einen neuen Platz für ihr Volk gefunden hatten, hörten sie auf zu schwärmen.
    Seit einigen Jahren schrieben Informatiker Programme, die dieses Insektenverhalten simulierten. Schwarmintelligenz-Algorithmen waren ein wichtiges Werkzeug bei der Computerprogrammierung geworden. Für Programmierer war ein Schwarm eine Population von Computeragenten, die mithilfe verteilter Intelligenz gemeinsam an der Lösung eines Problems arbeiteten. Schwärmen wurde eine verbreitete Methode, Agenten so zu organisieren, dass sie interagierten. Wissenschaftliche Gesellschaften und Kongresse widmeten sich diesem Thema. In jüngster Zeit war es gar eine Art Verlegenheitslösung geworden - wer nichts Originelles codieren konnte, ließ eben seine Agenten schwärmen.
    Doch jetzt sah ich auf dem Bildschirm, dass die Wolke nicht im üblichen Sinne schwärmte. Das Schlängeln, das Hin und Her, war offenbar nur ein Teil der Fortbewegung. Ich erkannte auch ein rhythmisches Ausdehnen und Zusammenziehen, ein Pulsieren, fast wie Atmung. Und es gab auch vertikale Bewegungen. Die Wolke schien dünner zu werden und höher zu steigen, dann zusammenzufallen, sodass sie gedrungener war. Diese Veränderungen geschahen kontinuierlich und rhythmisch - oder besser gesagt, in einer Reihe sich überlagernder Rhythmen.
    »Scheiße«, sagte Ricky. »Ich seh die anderen nicht. Und ich weiß, dass er nicht allein ist.« Wieder schaltete er das Funkgerät ein. »Vince? Sehen Sie einen von den anderen?«
    »Nein, Ricky.«
    »Wo sind die anderen? Leute? Ich will was hören!«
    Funkgeräte knisterten in der gesamten Anlage. Bobby Lembeck: »Ricky, er ist allein.«
    »Er kann nicht allein sein.«
    Mae Chang: »Ricky, da draußen ist sonst nichts zu entdek-ken.«
    »Nur ein Schwarm, Ricky.« Das kam von David Brooks.
    »Er kann nicht allein sein!« Ricky umklammerte das Funkgerät so fest, dass seine Finger weiß wurden. Er drückte den Knopf. »Vince? Den Überdruck rauf auf sieben.«
    »Im Ernst?«
    »Machen Sie schon.«
    »Na schön, wenn Sie wirklich meinen …«
    »Sparen Sie sich die blöden Bemerkungen und tun Sie, was ich sage!«
    Ricky wollte den Überdruck innerhalb des Gebäudes auf sieben Pfund pro Quadratzoll erhöhen lassen. In allen

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