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Beute

Beute

Titel: Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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erwiderte ich. Ich wartete ab, ob der Schwarm sein Verhalten veränderte. Bisher war das nicht geschehen. Und wenn er sehr wenig Speicher hatte, dann war er vielleicht wie ein Alzheimerpatient unfähig, sich zu erinnern, dass er das alles schon einmal gemacht hatte.
    Jetzt flog er um das Kaninchen herum, bewegte sich in Halbkreisen.
    »Steckt eindeutig in einer Endlosschleife«, sagte Charley.
    Ich wartete.
    Ich hatte nicht alle Veränderungen überprüfen können, die sie an predprey vorgenommen hatten, weil das zentrale Modul fehlte. Aber im ursprünglichen Programm war ein randomisie-rendes Element eingebaut gewesen, um mit Situationen wie dieser fertig zu werden. Immer wenn predprey sein Ziel verfehlte und es keinen spezifischen Input durch die Außenwelt gab, der neue Aktionen auslösen konnte, dann wurde sein Verhalten willkürlich modifiziert. Diese Lösung war weithin bekannt. So waren beispielsweise Psychologen zu der Überzeugung gelangt, dass ein gewisses Maß an willkürlichem Verhalten für Innovationen erforderlich sei. Kreativität war nicht möglich, wenn man sich nicht in neue Richtungen vorwagte, und diese Richtungen wurden meistenteils willkürlich gewählt .
    »Oh-oh«, sagte Mae.
    Das Verhalten hatte sich verändert.
    Der Schwarm bewegte sich in immer größeren Kreisen unablässig um das Kaninchen herum. Und gleich darauf stieß er auf eine andere Spur. Er hielt einen Moment inne, stieg dann plötzlich in die Höhe und kam direkt auf uns zu. Er folgte genau dem Weg, den wir zum Depot gegangen waren.
    »Scheiße«, sagte Charley. »Jetzt können wir einpacken.«
    Mae und Charley stürzten durch den Raum zu einem Fenster. David und Rosie spähten aus dem Fenster über dem Waschbecken. Und ich rief: »Nein, nein! Alle weg von den Fenstern!«
    »Was?«
    »Er kann sehen, wisst ihr nicht mehr? Los, weg von den Fenstern!«
    Gut verstecken konnte man sich im Depot nicht, weiß Gott nicht. Rosie und David krochen unter das Waschbecken. Charley zwängte sich neben sie, ohne auf ihre Proteste zu achten. Mae schlüpfte in eine dunkle Ecke des Raumes, drückte sich in die Lücke zwischen zwei Regalen, die einander nicht ganz berührten. Sie wäre nur vom Westfenster aus zu sehen -und auch dann nicht so ohne weiteres.
    Das Funkgerät knisterte. »He, Leute?« Es war Ricky. »Einer ist auf dem Weg zu euch. Und äh … Nein … Zwei andere folgen ihm.«
    »Ricky«, sagte ich. »Kein Funkkontakt mehr.«
    »Was?«
    »Kein Funkkontakt mehr.«
    »Wieso?«
    »Schalt ab, Ricky.«
    Ich ließ mich im Hauptraum hinter einem Karton mit Vorräten auf die Knie fallen. Der Karton war nicht groß genug, um mir volle Deckung zu geben - meine Füße lugten hervor -, aber ebenso wie Mae war ich nicht leicht zu sehen. Von draußen musste man schon in einem bestimmten Winkel durch das Nordfenster schauen, um mich zu entdecken. Jedenfalls besser als gar nichts.
    Von meiner Kauerposition aus konnte ich die anderen unter dem Waschbecken so eben sehen. Mae gar nicht, dafür musste ich schon den Kopf um die Ecke des Kartons schieben. Als ich nach ihr sah, wirkte sie ruhig, gefasst. Ich zog den Kopf zurück und wartete.
    Ich hörte nur das Summen der Klimaanlage. Zehn oder fünfzehn Sekunden verstrichen. Ich konnte das Sonnenlicht durch das Nordfenster über dem Waschbecken fallen sehen. Es warf links von mir ein weißes Rechteck auf den Boden.
    Mein Headset knisterte. »Wieso keinen Kontakt?«
    »Ich fass es nicht«, knurrte Charley.
    Ich legte einen Finger an die Lippen und schüttelte den Kopf.
    »Ricky«, sagte ich, »können diese Schwärme nicht auch hören?«
    »Klar, vielleicht ein bisschen, aber …«
    »Sei still und melde dich nicht mehr.«
    »Aber …«
    Ich griff nach dem Sender an meinem Gürtel und schaltete ihn ab. Ich gab den anderen unter dem Waschbecken ein Zeichen. Sie stellten ebenfalls ihre Sender ab.
    Charley formte etwas mit den Lippen. Ich meinte zu verstehen: »Der verdammte Mistkerl will, dass wir draufgehen.«
    Aber sicher war ich mir nicht.
    Wir warteten.
    Es waren höchstens zwei oder drei Minuten, aber es kam mir wie eine Ewigkeit vor. Meine Knie auf dem harten Betonboden schmerzten. Um es mir etwas bequemer zu machen, veränderte ich vorsichtig meine Position; ich war mir sicher, dass der erste Schwarm inzwischen ganz in der Nähe sein musste. Er war noch nicht an den Fenstern aufgetaucht, und ich wunderte mich, wo er blieb. Vielleicht hatte er, weil er unserer Spur folgte, an den parkenden Autos Halt

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