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Beute

Beute

Titel: Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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wirkte er verwirrt, unsicher, als wüsste er nicht mehr so recht, was er da eigentlich machte. Er blinzelte rasch mit den Augen. Als würde er aus einer Trance erwachen.
    Ich sagte leise: »Lass den Türknauf los. Das bringt doch gar nichts.«
    Schließlich ließ er los und setzte sich auf den Boden. Er fing an zu weinen, den Kopf in den Händen.
    »Ach, Gott«, sagte Charley. »Das hat uns gerade noch gefehlt.«
    »Halt den Mund, Charley.«
    Rosie ging zum Kühlschrank und kam mit einer Flasche Wasser zurück. Sie gab sie David, der weinend daraus trank. Sie half ihm auf die Beine, gab mir mit einem Nicken zu verstehen, dass sie sich um ihn kümmern würde.
    Ich ging zurück in die Mitte des Raumes, wo die anderen inzwischen am Computerbildschirm standen. Der Monitor zeigte jetzt nicht mehr Codezeilen, sondern die Nordfassade des Hauptgebäudes. Vier Schwärme waren dort zu sehen, und sie bewegten sich silbern glänzend entlang des Gebäudes auf und ab.
    »Was machen die da?«, fragte ich.
    »Die wollen rein.«
    Ich sagte: »Warum wollen sie das?«
    »Wir wissen es nicht«, sagte Mae.
    Einen Moment lang sahen wir schweigend zu. Wieder war ich verblüfft, wie zielstrebig ihr Verhalten war. Sie erinnerten mich an Bären, die in einen Wohnwagen einbrechen wollen, um an die Lebensmittel zu kommen. Sie verharrten an jeder Tür und an jedem geschlossenen Fenster, schwebten davor, bewegten sich an den Dichtungen auf und ab und strebten schließlich eine Öffnung weiter.
    Ich sagte: »Und verhalten die sich an den Türen immer so?«
    »Ja. Wieso?«
    »Weil es so aussieht, als würden sie sich nicht erinnern, dass die Türen abgedichtet sind.«
    »Nein«, sagte Charley. »Sie können sich nicht erinnern.«
    »Weil sie nicht genug Speicher haben?«
    »Entweder das«, sagte er, »oder das da ist eine andere Generation.«
    »Du meinst, das sind neue Schwärme seit heute Mittag?«
    »Ja.«
    Ich sah auf meine Uhr. »Alle drei Stunden eine neue Generation?«
    Charley zuckte die Achseln. »Genau weiß ich das nicht. Wir haben bisher nicht herausgefunden, wo sie sich vermehren. Das ist bloß meine Vermutung.«
    Die Möglichkeit, dass so schnell neue Generationen entstanden, bedeutete, dass auch der in den Code eingebaute Evolutionsmechanismus - wie auch immer der aussehen mochte -schnell voranschritt. Genetische Algorithmen - die die Reproduktion simulierten, um zu Lösungen zu gelangen - bewegten sich für gewöhnlich zwischen fünfhundert und fünftausend Generationen, um eine Optimierung zu erreichen. Wenn diese Schwärme sich alle drei Stunden vermehrten, dann hatten sie in den vergangenen zwei Wochen um die hundert Generationen hervorgebracht. Und deshalb musste das Verhalten nun schon um einiges präziser sein.
    Mae beobachtete sie auf dem Monitor und sagte: »Wenigstens bleiben sie beim Hauptgebäude. Anscheinend wissen sie nicht, dass wir hier sind.«
    »Woher sollen sie das auch wissen?«, fragte ich.
    »Das können sie nicht«, sagte Charley. »Ihr Hauptsinn ist das Sehen. Kann sein, dass sie im Laufe der Generationen auch ein bisschen Hörfähigkeit erworben haben, aber in erster Linie ist es nach wie vor das Sehen. Was sie nicht sehen, existiert für sie nicht.«
    Rosie kam mit David zu uns. Er sagte: »Tut mir schrecklich Leid, Leute.«
    »Kein Problem.«
    »Schon gut, David.«
    »Ich weiß nicht, wie das passieren konnte. Es war wohl einfach zu viel für mich.«
    Charley sagte: »Vergiss es, David. Wir verstehen das. Du bist nun mal ein Psychopath, und du bist durchgedreht. Wir wissen das. Kein Problem.«
    Rosie legte einen Arm um David, der sich laut die Nase putzte. Sie blickte auf den Monitor. »Wie sieht’s denn da draußen aus?«, fragte sie.
    »Scheint so, als wüssten sie nicht, dass wir hier sind.«
    »Gut …«
    »Wir hoffen, dass das so bleibt.«
    »Klar. Und wenn nicht?«, sagte Rosie.
    Ich hatte darüber nachgedacht. »Wenn nicht, bauen wir auf die Löcher in den predprey -Annahmen. Wir nutzen die Schwächen in der Programmierung aus.«
    »Und das bedeutet?«
    »Wir schwärmen«, sagte ich.
    Charley stieß ein wieherndes Lachen aus. »Ja, klar, wir schwärmen - und beten auf Teufel komm raus.«
    »Das ist mein voller Ernst«, sagte ich.
    In den vergangenen dreißig Jahren hatten Wissenschaftler die Räuber-Beute-Interaktionen bei allen möglichen Säugetieren und Insekten studiert, vom Löwen über die Hyäne bis hin zur
    Wanderameise. Inzwischen durchschaute man sehr viel besser, wie Beutetiere sich

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