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Bevor du gehst

Bevor du gehst

Titel: Bevor du gehst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Preller
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drahtig, sicher ein Läufer, und kämpfte mit dem Kaugummi, als hätte ihn der beleidigt. Einer von diesen Marathontypen, die überall in Judes Gegend die Straßen unsicher machten und dahingaloppierten, als wären sie der Unsterblichkeit auf den Fersen. Judes Vater war auch so einer.
    »Dein erster Tag heute?«, fragte Keating.
    »M-hm, ja. « Jude zog zerknüllte Blätter aus der Hintertasche. »Es hat geheißen …«
    »Und du bist …?«
    Das brachte Jude ins Schleudern. Er brauchte einen Moment, um sich zu sortierten, weil er nicht gleich gemerkt hatte, dass es eine Frage war. So stand er erst mal auf der Leitung wie ein Buschgorilla und wartete darauf, dass Keating den Satz beendete und ihm vielleicht etwas darüber erzählte, wer er, Jude, genau war. Erst dann antwortete er: »Fox, Jude Fox.«
    »Bist du dir da sicher, Junge? Oder möchtest du noch ein bisschen drüber nachdenken?«, stichelte Keating. Er griff nach Judes Papieren, als wären sie in Gift getränkt worden. Mit bierernster Miene schlürfte er seinen Kaffee.
    Einfach super, wie das Gespräch lief.
    Jude verlagerte das Gewicht und schielte kurz durch das trostlose, unaufgeräumte Büro. Es war wirklich bloß ein umgebauter Wohnwagen. Jude hasste die ganze Szenerie bereits mit einer Leidenschaft, die sonst nur Chemielehrern, Partyclowns und Grammyverleihungen vorbehalten war. Und das Schlimmste war, dass Jude noch nicht bezahlt wurde, da war er sich ziemlich sicher. Er musste dieses blöde Gelaber über sich ergehen lassen, ohne einen Penny dafür zu kriegen.
    Keatings Handy läutete das Anfangsriff von einem Billy-Joel-Song – »We Didn’t Start the Fire« –, doch er meldete sich nicht sofort. Mit ausgefahrenem Daumen deutete er nach draußen. »Wie gesagt, such dir eine Planke zum Hinsetzen, du kommst schon dran.« Dass er Jude für eine Dumpfbacke hielt, musste Keating nicht extra aussprechen.
    Jude machte ein paar Schritte nach hinten, froh darüber, den Marathonknirps und seinen Napoleonkomplex hinter sich zu haben. Doch draußen war kein Stuhl zu sehen. Verwirrt schaute er zu Keating hinein.
    »Um die Ecke«, knurrte Keating. Dann maulte er in sein Telefon: »Ja, ja, die reinste Parade von verirrten Schafen hier.« Wie eine zähnebleckende Hyäne lachte er über seinen Witz. »Alle sind auf der Suche nach Nachwuchskräften. Im Moment hab ich nur zwei Jungs mit diesem Kaninchen-vor-der-Schlange-Blick. Ich schick sie euch.«

2
    Am anderen Ende der Bank saß schon ein anderer Junge. Er war etwas pummelig, und auf seinem organgefarbenen T-Shirt prangten Schweißflecken. Er lehnte mit den Schultern am Wohnwagenbüro und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Die ausgestreckten Beine hatte er an den Knöcheln übergeschlagen und trug rote Turnschuhe mit leuchtend grünen Schnürsenkeln. Sein Gesichtsausdruck verriet, wie wenig Lust er auf das Ganze hatte und dass es ihm völlig gleichgültig war, wenn man ihm das anmerkte.
    »Hi«, sagte Jude fast unhörbar.
    Der Junge regte sich und entwirrte seine Beine. »Geht mir auf den Sack«, knurrte er. »Das Rumsitzen bei dieser Bruthitze.«
    Jude schielte hinauf zur aufsteigenden Sonne und zuckte die Achseln. »Wenn es regnet, soll man nicht zur Arbeit kommen, hab ich gehört. Geld verdienen wir nur, wenn das Wetter schön ist.«
    »Stimmt.« Der Junge streckte die Hand aus. »Ich heiße Roberto und bin Workaholic.«
    »Ich lass lieber die Finger vom Workahol«, antwortete Jude. »Von dem Zeug wird man bloß blöd im Kopf.«
    Roberto lachte. »Workahol, echt gut.«
    Jude lächelte. »Ist heute dein erster Tag?«
    »Erster Tag, zweites Jahr«, erwiderte Roberto. »Hab mich wieder gemeldet. Kann’s noch immer nicht fas sen, dass ich mich noch mal drauf einlasse – sogar meine Großmutter lacht mich aus. Hast du eine Ahnung, was das für ein Gefühl ist? Wenn sich sogar deine Grandma über dich lustig macht? Verdammt. Alle wissen, dass ich den Strand hasse. Die Sonne, die Massen, die Möwen. Überall Sand. Den kriegt man nicht mehr aus den Haaren. Nie mehr. Wie ich noch kleiner war, war das das Letzte für mich. Und jetzt arbeite ich dort. Alles ein einziger Witz, und ich bin die Pointe.«
    Jude deutete auf den Wohnwagen. »Dann kennst du ja bestimmt Mr. Sunshine.«
    »Keating?« Roberto zuckte die Achseln. »Keine Angst, den kriegst du nicht oft zu Gesicht. Hat er dir gesagt, in welchem Abschnitt du arbeitest?«
    »Nein. Er hat mir nur gesagt, ich soll mich auf die Bank setzen.«
    Roberto

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