Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)

müssen.« Als könnte die Post seine Aufmerksamkeit nicht fesseln, warf Kieran sie auf den Schreibtisch und ging zum Fenster, von dem aus man auf den Hafen von London schaute. »Wenn die Menschen erst einmal begreifen, was Sklaverei ist, Camille«, sagte er und starrte hinaus in die kalte Helligkeit des Morgens, »wenn unsere Bürger sehen, dass es nicht genug ist, einfach nur den Sklavenhandel zu unterbinden, und dass die Grausamkeiten weitergehen werden, bis wir die totale Abschaffung erreicht haben – dann wird das Parlament handeln müssen . Der Druck wird einfach zu groß sein.«
    Camille ging zu ihm ans Fenster und stellte sich neben ihn, Schulter an Schulter. Das war es, wie sie jetzt lebten. Das eigentliche Fundament ihrer Ehe. Schulter an Schulter.
    Sie war sehr stolz auf ihn und auf das, was er leistete – bei Neville Shipping, wo er Xanthia bei der Leitung der Reederei half. Zu Hause bei der Verwaltung der Ländereien und wegen all der anderen Angelegenheiten, die seine ständige Aufmerksamkeit forderten. Aber besonders stolz war sie auf seine neue Zusammenarbeit mit Anthony Hayden-Worth, einem Politiker, der noch jung und energisch genug war, davon überzeugt zu sein, dass alle Übel der Welt bekämpft werden konnten, wenn man nur einfach hart genug dafür arbeitete. Vielleicht hatte er recht.
    »Mit Anthony im Unterhaus und dir und Nash im Oberhaus …«, sagte sie nachdenklich. »Nun, ihr drei werdet im Zusammenschluss mit Mr. Buxton eine einflussreiche Macht darstellen, denke ich.«
    Er wandte sich ihr zu und lächelte leicht. »Da wir gerade von jener Allianz sprechen – ich denke, ich mache mich jetzt auf den Weg nach Westminster.« Er umarmte sie wieder. »Aber vorher werde ich noch schnell zu Isabella gehen und ihr einen Kuss geben und euch beide dann nach Hause bringen, was meinst du?«
    »Kieran, warte«, sagte sie und folgte ihm, als er zur Tür ging. »Was soll ich mit all den Orangen anfangen?«
    Er sah sie ein wenig verlegen an. »Ach, weißt du, ich habe großen Appetit auf Obeliennes Orangenbiskuitkuchen«, gestand er. »Und ich denke, ich kann mir ein Stück davon erlauben. Und wenn wir eine der Apfelsinen mit ein wenig Zucker mischen, vielleicht würde das Isabella schmecken?«
    »Oh, Kieran, dafür ist sie noch viel zu klein!« Camille lachte. »Außerdem ist Isabella kein Schoßhund, der mit schlechten Häppchen aus deinen Taschen gefüttert wird. Und da wir gerade von schlechten Leckereien sprechen – hast du zufällig heute Morgen Chin-Chin einen von diesen gewürzten Bücklingen zu fressen gegeben?«
    Kierans Miene wurde ausdruckslos.
    Camille sah ihn herausfordernd an. »Oh, komm, mein Lieber, spiele nicht den Unschuldigen«, sagte sie finster. »Sie sind absolut unverdaulich, wie Mr. Kemble sagt. Trammel hat den Beweis dafür neben dem Sideboard gefunden – und der Fleck hat den Teppich ruiniert, möchte ich hinzufügen.«
    Kieran zog sie wieder in seine Arme und küsste sie wieder, dieses Mal länger. »Schimpf nicht«, sagte er, als ihre Lippen sich trennten. »Und außerdem hatte ich dich gewarnt, meine Liebe, als du eingewilligt hast, mich zu heiraten.«
    »Wovor?«, wollte sie wissen. »Wovor genau hast du mich gewarnt?«
    »Davor, dass ich ein schlechter Mensch bin. Und hoffnungslos stur.«
    »Nun«, sagte Camille, und ihre Augen funkelten, »das wird zumindest Chin-Chin glücklich machen. Denn er ist von deinen schlechten Angewohnheiten ganz begeistert.«

 
    Liz Carlyles große Leidenschaft gilt dem England des neunzehnten Jahrhunderts, den rauschenden Bällen und den festlich gewandeten Damen. Auf ihren zahlreichen Reisen nach England hat die Autorin ihr Korsett und ihre Tanzschuhe stets im Gepäck – auf eine Einladung zu einem Ball wartet sie allerdings immer noch. Dafür kennt sie mittlerweile so ziemlich jede dunkle Gasse und jedes zweifelhafte Wirtshaus in London. Liz Carlyle lebt mit ihrem Ehemann und mehreren Katzen in North Carolina, USA.
    Auf Liz Carlyles englischsprachiger Homepage www.lizcarlyle.com erhalten Sie weitere Informationen über die Autorin.