Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)
Kinderzimmer. Möchtest du zuvor einen Kaffee?«
»Das wäre wunderbar.« Halburne schaute sich jetzt im Raum um. »Weißt du, mein liebes Mädchen, ich kann das alles noch gar nicht fassen.« Sein Ton klang nachdenklich, aber keinesfalls missbilligend. »Die Tatsache, dass du hierher gehst – den ganzen Weg in dieses Viertel, in dieses Büro –, nur um … um was genau zu tun?«
»Papa!«, tadelte sie ihn und führte ihn zu einem Stuhl. »Es ist nur an zwei Tagen in der Woche, und ich tue es, weil ich es möchte, nicht weil …«
»Oh, nein, meine Liebe.« Halburne tätschelte liebevoll ihre Hand, dann setzte er sich. »Ich kritisiere dich nicht. Ich verstehe vielleicht nicht ganz, was du machst, aber ich verstehe, dass es das ist, was du machen willst.«
»Merci.« Sie lächelte ihn liebevoll an.
Halburnes Blick glitt zu der Landkarte, die die ganze ihm gegenüberliegende Wand bedeckte. »Was ich mir für dich ausgemalt habe, Camille – ein Leben als Dame der Gesellschaft, die sich unbeschwert der Muße hingeben kann – nun, ich sehe jetzt, dass dir das niemals genügt hätte.«
Camille lachte. »Aber ich gebe mich doch der Muße hin – an fünf Tagen in der Woche.«
»Das ist Unsinn, und das weißt du«, widersprach er ruhig. »An den anderen fünf Tagen der Woche sitzt du über diesen Papieren und Geschäftsbüchern, die die Anwälte deines Großvaters dir ständig schicken. Ich habe die Stapel gesehen, mein Kind, im Arbeitszimmer am Berkeley Square.«
»Kieran hilft mir bei allem«, entgegnete sie. »Und was ist schließlich schon der Unterschied zwischen einer Baumwollspinnerei und einer Zuckermühle? Zusammen lernen wir, damit umzugehen.«
Der Blick ihres Vaters kehrte zu ihr zurück und wurde milde. »Du hast einen guten Ehemann, meine Liebe. Hätte ich die Ehre gehabt, einen Ehemann für dich zu bestimmen, hätte ich nicht besser wählen können. Ich schätze mich glücklich, dass du eine so vortreffliche Wahl getroffen hast – und das ganz allein, möchte ich hinzufügen.«
Camille tätschelte wieder seine Hand und blinzelte eine Träne zurück. Ihr Vater – ihr neu gefundener, vielgeliebter Vater, der nach solch verwirrender Wendung des Schicksals zu ihr gefunden hatte – war nur eine der vielen neuen Segnungen in ihrem Leben. Und seit Isabellas Geburt, so dachte sie im Stillen, ist aus der Frau, die selten geweint hatte, irgendwie eine dumme Heulsuse geworden.
Nachdem der Kaffee serviert worden war, verbrachten sie einige Momente mit angenehmer Konversation und holten die vierzehn Tage wieder auf, die sie sich nicht gesehen hatten, während Halburne seinem Landsitz einen Besuch abgestattet hatte. Der Earl war fast das ganze Jahr in London geblieben und hatte sich sogar wieder in die Gesellschaft begeben, ein- oder zweimal mit seiner Tochter an seinem Arm. Das Gerede der Leute über Valigny war im Laufe der Saison verstummt, und auch viel von Halburnes Einsiedlertum und Melancholie war verschwunden.
Der Earl hatte gerade die Rede auf ein Steckenpferd gebracht, das er für Isabella kaufen wollte, als Mr. Blakely mit der Morgenpost hereinkam und sie gleichmäßig auf die drei Schreibtische verteilte, die jetzt im Büro standen.
»Nun!«, sagte Camilles Vater und erhob sich. »Bakely hat Arbeit für dich, vermute ich, und werde dich jetzt nicht länger mit Beschlag belegen. Vielleicht wird Isabellas Amme mir erlauben, ihr heute wieder etwas vorzulesen?«
»Sie würde es nicht wagen, dich davon abzuhalten.« Camille stand ebenfalls auf und küsste ihn wieder auf die Wange. Im Alter von erst drei Monaten zeigte Isabella kein Interesse für Bücher, aber sie kannte inzwischen die Stimme ihres vernarrten Großvaters. »Dürfen wir dich wie immer am Mittwoch zum Dinner erwarten?«
Als Halburne glücklich im Kinderzimmer verschwunden war, kehrte Camille an ihren Schreibtisch und an ihre Berechnungen zurück, aber ihre Beschäftigung damit war nur von kurzer Dauer. Wenige Augenblicke später betrat Kieran das Büro, nachdem er mit den Ellbogen die Tür aufgestoßen hatte. Er trug einen großen Weidenkorb in beiden Armen.
»Orangen«, verkündete er und stellte den Korb auf Camilles Schreibtisch ab. »Die Queen Anne ist gerade eingelaufen. Die Orangen habe ich persönlich aus dem besten Fass herausgesucht.«
»Kieran, mon amour .« Camille stand auf und legte die Hände auf die Revers ihres Mannes und küsste ihn leicht auf den Mund. »Wie läuft es im Hafen?«
»Alles planmäßig, genau wie
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