Bhagavad Gita wie sie ist
oder der Höchste Herrscher oder Paramātmā – wie immer man Ihn auch nennen mag –, alle anderen an Größe übertrifft. Doch der Eigenschaft nach sind die Lebewesen dem Höchsten Herrscher gleich. Zum Beispiel hat der Herr die Funktionen der materiellen Natur im Universum unter Seiner Kontrolle, wie in den späteren Kapiteln der Bhagavad-gītā erklärt wird. Die materielle Natur ist nicht unabhängig. Sie handelt gemäß den Anweisungen des Höchsten Herrn. Deshalb sagt der Herr: mayādhyakṣeṇa prakṛtiḥ sūyate sa-carācaram: „Die materielle Natur ist unter Meiner Führung tätig.“ Wenn wir sehen, daß in der kosmischen Natur wunderbare Dinge geschehen, sollten wir wissen, daß hinter dieser wunderbaren Manifestation ein Lenker steht. Nichts kann geschehen, ohne gelenkt zu werden. Es ist kindisch, den Lenker nicht in Betracht zu ziehen. Ein Kind zum Beispiel mag denken, ein Auto sei etwas Wunderbares, weil es fahren kann, ohne von einem Pferd oder einem anderen Tier gezogen zu werden. Doch ein vernünftiger, erwachsener Mensch weiß, wie das Auto angetrieben wird und daß sich hinter dieser Maschinerie immer ein Mensch, ein Fahrer, befindet. In ähnlicher Weise ist der Höchste Herr der Lenker, unter dessen Führung alles geschieht. Wie wir in den folgenden Kapiteln sehen werden, bezeichnet der Herr die jīvas oder Lebewesen als Seine Bestandteile. So wie ein Körnchen Gold ebenfalls Gold ist und ein Tropfen Wasser aus dem Ozean ebenfalls salzig ist, so haben auch wir, die Lebewesen, als Bestandteile des Höchsten Kontrollierenden, īśvaras, oder Bhagavāns, Śrī Kṛṣṇas, all Seine Eigenschaften in winzigem Ausmaß, da wir winzige, untergeordnete īśvaras sind. Wir versuchen, die Natur zu beherrschen, so wie wir gegenwärtig zum Beispiel versuchen, das Weltall und andere Planeten zu beherrschen. Diese Neigung zu herrschen ist in uns vorhanden, weil sie auch in Kṛṣṇa vorhanden ist. Doch obwohl wir die Neigung haben, uns die materielle Natur untertan zu machen, sollten wir uns darüber bewußt sein, daß wir nicht der höchste Kontrollierende sind. Dies wird in der Bhagavad-gītā erklärt.
Weiterhin erklärt die Bhagavad-gītā auch, was die materielle Natur ist. Sie wird als niedere prakṛti oder niedere Natur beschrieben. Das Lebewesen hingegen wird als höhere prakṛti bezeichnet. Prakṛti, ob von höherer oder von niederer Natur, wird immer beherrscht. Prakṛti ist weiblich, und sie wird vom Herrn beaufsichtigt, ebenso wie das Tun der Frau vom Ehemann beaufsichtigt wird. Prakṛti ist immer untergeordnet. Der Herr ist der Herrscher, und prakṛti ist die Beherrschte. Die Lebewesen und die materielle Natur werden also beide vom Höchsten Herrn beherrscht und gelenkt. Laut der Gītā müssen die Lebewesen, obgleich sie Bestandteile des Höchsten Herrn sind, ebenfalls als prakṛti betrachtet werden. Darauf wird im Siebten Kapitel der Bhagavad-gītā unmißverständlich hingewiesen. Apareyam itas tv anyāṁ prakṛtiṁ viddhi me parām / jīva-bhūtām: „Die materielle Natur ist Meine niedere prakṛti, doch jenseits davon gibt es noch eine andere prakṛti – jīva-bhūtām, das Lebewesen.“
Die materielle Natur setzt sich aus drei Eigenschaften zusammen: die Erscheinungsweise der Tugend, die Erscheinungsweise der Leidenschaft und die Erscheinungsweise der Unwissenheit. Über diesen Erscheinungsweisen steht die ewige Zeit, und durch eine Verbindung dieser Erscheinungsweisen der Natur – unter der Lenkung und Aufsicht der ewigen Zeit – finden Tätigkeiten statt, die man als karma bezeichnet. Diese Tätigkeiten werden schon seit unvordenklicher Zeit ausgeführt, und wir erleiden oder genießen die Früchte unseres Tuns. Wenn ich zum Beispiel als Geschäftsmann mit Intelligenz hart arbeite und mir auf meinem Konto viel Geld anhäufe, bin ich der Genießer der Früchte. Wenn ich dagegen bei meinen Geschäften alles Geld verliere, bin ich der Leidtragende. In ähnlicher Weise genießen oder erleiden wir in jedem Bereich des Lebens die Ergebnisse unserer Tätigkeiten. Dies nennt man karma.
Īśvara (der Höchste Herr), jīva (das Lebewesen), prakṛti (die materielle Natur), kāla (die ewige Zeit) und karma (Tätigkeit) sind die Themen, die in der Bhagavad-gītā erklärt werden. Von diesen fünf sind der Herr, die Lebewesen, die materielle Natur und die Zeit ewig. Die Manifestation der prakṛti mag zeitweilig sein, doch sie ist nicht falsch. Einige Philosophen behaupten,
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