Bianca Exklusiv Band 0088
könnten Ihre Lippen überschminken”, schlug Liveringhouse vor. Er war ein großer, fettleibiger Mann und trug eine Hornbrille. “Ja, Überschminken wäre die Lösung.”
“Ich lasse mich nicht schminken”, antwortete Gil verächtlich. Er ging zum Spiegel und betrachtete sich ernst. Im luxuriösen Penthouse des Xanadu gab es überall Spiegel.
Er hatte sich das dunkelbraune Haar kürzer schneiden lassen, so wie Chandler es jetzt trug. Dann setzte er die Sonnenbrille auf. Die Ähnlichkeit war nicht umwerfend, aber überzeugend genug. Von Weitem könnte man ihn für den Australier halten.
Aus der Nähe betrachtet wirkte Gils Gesicht älter, wirkten seine Lippen zynischer. Die Fältchen um seinen Mund waren tiefer als bei Chandler. Und seine Nase hatte er sich einmal gebrochen, deshalb war sie nun etwas schief. Doch von Weitem würde es gehen.
Liveringhouse stellte sich hinter Gil und blickte über seine Schulter in den Spiegel. Der Anwalt hatte dunkles Haar, das ihm in geölten Locken in die Stirn fiel. “Wir könnten Ihre Lippen verpflastern.” Er legte Gil eine Hand auf die Schulter, als wären sie die besten Freunde. “Wir könnten sagen, Chandler hätte sich beim Rasieren geschnitten …”
Gil schob die Hand des anderen Mannes weg. “Sie werden meine Lippen auf keinen Fall verpflastern.” Er fluchte leise. “Dieser Job macht Sie noch völlig wahnsinnig, Liveringhouse.”
“Nun, Ihre Lippen sind zu dünn”, bemerkte Liveringhouse beleidigt. “Wenn nun einer der Fotografen ein Zoomobjektiv hat und eine Großaufnahme Ihrer Lippen macht? Ich meine, ich muss an solche Dinge denken. Ich muss mich um die Einzelheiten kümmern.”
Gil wandte sich ab und schaute unbeeindruckt aus dem riesigen Wohnzimmerfenster. Tief unter sich konnte er das leuchtende Grün des Golfplatzes und der Rasenflächen des Hotels sehen, die an das Braun der Wüste angrenzten. Die Farben der Gebäude, Autos und Swimmingpools leuchteten im Sonnenlicht. Doch am Rande der Stadt, da begann die richtige Wüste. Ein bedrohlicher Anblick.
Liveringhouse schaute auf seine Uhr. “Sie verspätet sich”, bemerkte er in Bezug auf Nikki, die bereits vor einer halben Stunde zusammen mit Roach hätte eintreffen sollen.
“Dann ist sie ganz wie Caressa”, entgegnete Gil zynisch. “Caressa kommt nämlich immer zu spät.”
“Im zwanzigsten Stock des Silverado hat sich ein Fotograf eingerichtet”, sagte Liveringhouse leise und kaute nervös an seinem Daumennagel. Er deutete mit dem Kopf zu dem benachbarten Hotelhochhaus. “Er ist da oben mit seinem Zoomobjektiv und beobachtet uns. Er hat seine Kamera in diesem Moment auf Sie gerichtet.”
“Ich weiß”, erwiderte Gil. “Das haben Sie mir schon gesagt.”
“Er wird eine Großaufnahme Ihrer Lippen machen”, fuhr Liveringhouse mit bebender Stimme fort.
Gil betrachtete ihn frustriert und fuhr sich mit der Hand durch das ungewohnt kurze Haar. Dann warf er angewidert die Sonnenbrille auf das Sofa.
Er ging hinüber zu Liveringhouse, legte ihm grob eine Hand auf die Schulter und drehte ihn zu sich herum.
“Hören Sie gut zu”, sagte Gil. Er war mit seiner Geduld am Ende. “Sie wollen, dass meine Lippe dick wird? Dann schlagen Sie mich einfach, okay? Keine Chemikalien, keine Spritzen, nur ein sauberer Schlag auf die Lippe. Erzählen Sie, Chandler habe eine Kampfszene gedreht und dabei Mist gebaut.”
Bei dem Gedanken an Gewalt wich Liveringhouse entsetzt zurück. “Ich soll Sie schlagen?”
“Richtig”, antwortete Gil. “Genau hier hin. Machen Sie schon. Dann muss ich mir wenigstens Ihr Gejammer nicht weiter anhören.”
Liveringhouse wich weiter zurück. Seine Lippen zitterten. “Ich kann Sie nicht schlagen. Ich könnte Ihnen wehtun.”
Gil betrachtete die plumpe weiße Hand des Mannes, die zum Boxen überhaupt nicht geeignet war. “Es würde nicht sehr wehtun. Tun Sie es einfach, und halten Sie den Mund, okay?”
“Sie sind verrückt”, sagte Liveringhouse. “Sie sind wirklich verrückt, wissen Sie?”
“Nein”, entgegnete Gil. “Ich bin müde. Ich habe genug von Ihrem Gejammer. Wenn Sie mich nicht schlagen wollen, dann hören Sie auf, wegen meiner Lippen zu jammern. Oder ich werde Ihnen eine verpassen, Liveringhouse. Und das meine ich ernst.”
“Oh”, entgegnete Liveringhouse ängstlich und zog sich hinter die Anrichte zurück, in der die Bar verborgen war. Dann schenkte er sich ein Glas Scotch ein und leerte es. “Dieser Stress wird mich noch umbringen”,
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