Bianca Exklusiv Band 232 (German Edition)
Kriminelle endlich auftauchte. Doch die Warterei war oft von Erfolg gekrönt gewesen.
Und er hoffte, dass es diesmal auch so sein würde. Während er sein Fernglas schärfer einstellte, dachte er daran, wie Sara reagieren würde, wenn sie ihren Sohn nicht gesund wieder bekäme. Er hoffte, dass Lenny nicht so dumm war, dem Jungen etwas anzutun. Zu stehlen und seine Frau zu betrügen, war eine Sache, doch Kidnapping eine ganze andere. Sicherlich war Lenny nicht so dumm, seine Probleme zu vergrößern, indem er Mike verletzte oder ihn sogar umbrachte. Das hoffte Kincaid wenigstens.
Doch wie würde Mike sich bei der Übergabe verhalten? Kinder in seinem Alter waren unberechenbar. Hinzu kam, dass Kincaid den Jungen nicht kannte. Liebte er den Mann, von dem er glaubte, dass er sein Vater war? Würde er alles glauben, was Lenny ihm erzählte? Fragte der Junge sich nicht, wo Meg war? Falls Lenny seine Geliebte mitgenommen hatte, wie wollte er Mike ihre Gegenwart erklären? Zwölfjährigen konnte man normalerweise nichts mehr vormachen.
Kincaid suchte noch einmal mit dem Fernglas die Gegend ab, konnte aber immer noch nichts entdecken. Er schaute zu Sara hinüber, die sich im Schneidersitz am Rand des Felsenvorsprungs niedergelassen hatte und gedankenverloren mit kleinen Steinchen warf. Angst und Sorgen zeichneten ihr Gesicht.
„Wie geht es dir?“, flüsterte er ihr zu.
„Gut“, antwortete sie und gab sich Mühe, nicht die Lippen zu bewegen. „Und dir?“
„Ich bin okay.“ Ihr ging es ganz und gar nicht gut, das wusste er, aber sie würde es durchstehen, um Mikes willen. Sie würde alles für ihren Sohn tun – wenn es sein musste, sogar sich selbst opfern.
Kincaid schaute wieder zum Pfad hinüber und beschäftigte sich in Gedanken mit dem Plan, den er sich zurechtgelegt hatte, wenn Lenny das Geld genommen und damit zum Helikopter laufen würde. Er, Kincaid, würde dann mit Sara so schnell wie möglich zur Hütte hinüberrennen und hoffentlich Mike dort gesund anfinden. Dann würde er Sara bei ihrem Sohn lassen und zu dem Platz laufen, auf dem der Helikopter gelandet war. Wenn der Pilot sein Wort hielt, und sich weigerte, Lenny aus den Bergen herauszufliegen, standen die Chancen gut, dass er Lenny in seine Hände bekommen und verhaften könnte. Und Lennys blonde Freundin, falls sie überhaupt bei ihm war. Glücklicherweise hatte er zwei Paar Handschellen mitgenommen. Dann würde er Captain Forrester anrufen und einen Helikopter für Sara und Mike anfordern, während er mit dem Gaunerpärchen fliegen würde. Nein, vielleicht war es besser, wenn sie mit ihrem Sohn zuerst flog. Er war erst zufrieden, wenn er die beiden in Sicherheit wusste.
Kincaid war erfahren genug, um zu wissen, dass selten alles genau nach Plan lief. Falls unvorgesehene Dinge geschahen, würde er sich wie immer von seinem Instinkt leiten lassen.
Dann sah er plötzlich eine in Blau gekleidete Person den Pfad hinaufkommen. Ein Blick zu Sara sagte ihm, dass auch sie die Frau bemerkt hatte.
Es war eine Polizistin in Uniform. Sie trug einen Hut und ihre Marke hing an ihrer Brusttasche. Sie blieb vor der Geldtasche stehen und nahm sie auf. Sie zog den Reißverschluss auf, holte ein Bündel Geldscheine heraus und begutachtete sie genau. Sie schien zufrieden zu sein, denn sie steckte das Bündel wieder weg und verschloss die Tasche. Erst dann schaute sie Sara an, die zu der Polizistin hinübergegangen war.
Kincaid beobachtete die Frau deutlich durch sein Fernglas. Er war sicher, sie noch nie gesehen zu haben und blieb vorsichtshalber in seinem Versteck.
„Ich bin Officer Chastain, Ms Morgan“, stellte sich die Frau Sara vor. „Ich nehme die Tasche als Beweisstück mit. Ihre Schwester hat uns über das Kidnapping informiert, und wir haben Lenny Nelson bereits festgenommen. Ihrem Sohn geht es gut. Er wartet in der Hütte auf Sie. Ich werde den Helikopter zurückschicken, um Sie und Ihren Sohn abholen zu lassen, sobald wir Lenny ins Gefängnis gebracht haben.“
„Woher soll ich wissen, ob Sie die Wahrheit sagen?“
„Sie müssen mir einfach vertrauen“, rief die Frau über ihre Schulter, während sie bereits in den Büschen verschwand.
Kaum war die Frau aus ihrem Blickfeld verschwunden, lief Kincaid zu Sara hinüber, packte ihre Hand und lief mit ihr auf den Weg zu, der zur Hütte führte. „Komm schon. Wir müssen uns beeilen.“
Sara rannte, so schnell sie konnte, und war froh, dass sie ausgemacht hatten, die Rucksäcke zurückzulassen
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