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Bilder Aus Dem Berliner Leben

Titel: Bilder Aus Dem Berliner Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julius Rodenberg
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ist einem von den alten Besuchern – Exzellenz von Loeper, dessen Namen in diesem Zusammenhange nicht unerwähnt bleiben darf –, als »Stehely« schon lange nicht mehr war, vor zwei Jahren in Samaden wieder begegnet, wo der ehemaligeKonditor vom Gendarmenmarkt sich der Heimat und eines gesegneten Alters erfreute.
    Die dritte Konditorei von Renommee war die Jostysche An der Stechbahn: die Konditorei der höheren Beamten und Militärs, namentlich der pensionierten, und dies wohl auch der Grund, weshalb wir Jüngeren sie wenig aufsuchten. Erinnerlich ist sie mir auch nur wegen eines schönen alten Mannes, der täglich hier um die Mittagsstunde zu treffen war in Begleitung einer Dame, die nicht eben alt, doch auch nicht aussah, als ob sie jemals jung gewesen: des Herrn von Varnhagen und seiner Nichte Ludmilla Assing. Es war ein wunderliches Paar, wenn sie so mitsammen über die Straße schritten; er, der hohe, kräftige, breitschultrige Greis mit dem feinen Diplomatenkopf, und sie, die kleine, bewegliche Person, deren ganzer Körper zitterte, wenn sie sprach. Sie war von einer unendlichen Güte gegen ihre Freunde, stets zu helfen bereit und im höchsten Grade selbstlos; mir sind nur gute Züge von ihr bekannt: was sie in Irrtümer verstrickt, will ich hier weder erklären noch entschuldigen. Damals war sie noch weit davon entfernt und unzertrennlich von ihrem Onkel, dem sie in der Tat unentbehrlich geworden war. Ein- oder zweimal bin ich mit ihnen in Jostys Konditorei gewesen. In diesen Kreis von alten Offizieren, alle mit grauen Schnurrbärten und alle noch überlebende Zeugen der großen Zeit von Deutschlands Erhebung, paßte Varnhagen vortrefflich hinein, den ich niemals, auch unter seinen Büchern und an seinem Schreibtisch nicht, ohne das schwarz-weiße Band mit dem eisernen Kreuz im Knopfloch gesehen habe. Wir, die wir unsern Patriotismus einzig an der Geschichte der Befreiungskriege genährt hatten, blickten mit einer Art von Ehrfurcht zu diesen Männern von fast schon historischem Charakter auf; kein Wunder aber auch, daß, festhaltend an den alten Ideen von 1813, sieselber oder doch viele von ihnen sich in Widerspruch fühlten mit dem neueren Militärgeist, der allem, was »Zivil« hieß, so schroff gegenüberstand. Sie hatten den Bürger, ohne welchen der vaterländische Boden niemals frei, die Schlachten nicht gewonnen worden wären, anders kennengelernt und achteten seine Rechte. Was aus Varnhagens Nachlaß durch seine Nichte veröffentlicht ward, das war der Ausdruck dieser und zahlreicher anderer Kreise von Malkontenten, die darum noch lange keine Demokraten waren. Aus dieser Stimmung des unterdrückten Mißbehagens, der schweigenden Opposition beurteilt, wird man weniger hart gegen das Andenken Varnhagens sein dürfen, der, wenn er sprach, nur von wenigen gehört, und wenn er schrieb, erst nach seinem Tode gelesen sein wollte. – Die Stechbahn ist lange dahin; aber die Jostysche Konditorei lebt noch oder ist vielmehr wieder aufgelebt in einem neuen Lokal vor dem Potsdamer Tor, und neue Menschen bewegen sich darin; aber das Sonnenlicht bei Tage und das elektrische Licht bei Nacht fällt noch immer auf die alten Wandgemälde König Friedrich Wilhelms III. und König Friedrich Wilhelms IV. in voller Uniform, welche einst das Etablissement an der Stechbahn schmückten.
    Eine der wenigen Konditoreien des älteren Berlins, welche nicht nur ihren Namen, sondern auch ihren Platz behauptet haben, ist die Kranzlersche , heute noch in ihrem Äußern und ganzen Wesen unverändert, wie ich sie gekannt habe, solange ich denken kann – von einer gewissen etwas abgeblaßten Vornehmheit, gleich altem Geschlechtsadel, den Emporkömmlinge ringsum durch Reichtum, Lärm und bunte Pracht zu verdunkeln streben. »Kranzlers Ecke« – welch ein Zauber lag einst in diesem Wort! Es war der Inbegriff und Auszug gleichsam von allem, was elegant und nach der Mode, von allem, was es für den Berliner täglich wieder Neues undfür den Fremden Verlockendes gab in Berlin, die Quintessenz und fine fleur der Linden. Das Charakteristische von Kranzler war, daß man nicht in der Konditorei, sondern vor derselben auf der schmalen Erhöhung saß oder stand oder an dem Gitter lehnte. Man kam nicht hierher, um Zeitungen zu lesen; und außer der Kreuzzeitung, der Spenerschen, dem Staatsanzeiger und dem Militärwochenblatt gab es auch nur wenig davon. Man kam hierher, um sich einmal den Luxus des Eisessens und Nichtstuns zu gönnen, um zu

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