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Bille und Zottel 09 - Im Sattel durch den Sommer

Bille und Zottel 09 - Im Sattel durch den Sommer

Titel: Bille und Zottel 09 - Im Sattel durch den Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Caspari
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eine Art Halbschlaf, dann schreckte sie wieder hoch, horchte auf die Geräusche draußen auf der Dorfstraße, auf die Schritte und Stimmen unten im Haus. Mutsch hatte Inge gebeten, im Haus zu bleiben, solange sie im Geschäft war. Inges kleiner Sohn krähte vergnügt in seinem Kinderwagen. Bille konnte nicht einmal lächeln. Sie fühlte sich so entsetzlich leer, wie ausgehöhlt.
    Sie mußte wieder eingeschlafen sein. Sie erwachte davon, daß jemand sich im dunklen Zimmer auf sie zubewegte. Wie spät mochte es sein? Die Sonne ging bereits unter.
    Jemand setzte sich auf ihre Bettkante, ganz vorsichtig und ein bißchen ungeschickt, und tastete nach ihrem Gesicht. Sie kannte diese Hände, erkannte sie an der leisesten Bewegung.
    „Simon! Mein Gott, Simon!“
    Bille fiel ihm um den Hals. Simon drückte sie so fest an sich, daß sie kaum noch atmen konnte.
    „Wein doch nicht, bitte wein doch nicht so schrecklich“, flüsterte er. „Weißt du, ich muß dann sofort mitheulen, ich kann nichts dafür, das ist so bei mir... mir
    Billes Schluchzen ging unversehens in Lachen über.
    „Aber ich heule ja gar nicht, das denkst du bloß! Ich Ferkel, jetzt habe ich dein ganzes Hemd naßgemacht . Ich werde dir ein trockenes von mir geben müssen. Hast du ein Taschentuch? Danke!“

    Simon hörte nicht auf, sie zu streicheln, während Bille sich umständlich die Nase putzte.
    „Wage ja nicht, den Vorhang aufzuziehen, ich muß absolut scheußlich aussehen, zum Davonlaufen! Wieso bist du überhaupt hier?“
    „Onkel Paul hat mich gestern abend angerufen, da bin ich heute morgen gleich in den ersten Zug gestiegen.“
    „Wissen deine Eltern davon?“
    „Bis jetzt nicht. Ich muß morgen abend zurück sein, dann beginnt das Turnier in Aachen. Danach noch eines in Belgien, und dann komme ich wieder zurück!“
    „Ich weiß. Du hast viel Erfolg gehabt. Ich bin schrecklich stolz auf dich!“
    „Du auch.“ Simon schwieg erschrocken. Das hätte er nicht sagen sollen, es würde Bille sofort wieder an den schrecklichen Tag erinnern. „Ich kann dich so gut verstehen...“
    „Ich habe viel gelernt“, sagte Bille ruhig. „Weißt du, jetzt wo du da bist, sehe ich es ganz klar: Wenn ich das hier verdaut habe, haut mich so leicht nichts mehr um! Erinnerst du dich an die Nacht, als Pünktchen so schrecklich krank war? Wir haben mit aller Kraft daran geglaubt, daß sie wieder gesund wird. Und sie ist gesund geworden. Wir haben sehr viel Glück gehabt. Seit ich mit den Pferden in Groß-Willmsdorf zu tun habe, ist nie eines verunglückt oder an einer schweren Krankheit eingegangen. Immer sind wir mit den Schwierigkeiten fertig geworden. Das hat in mir so ein Gefühl erzeugt — ich kann’s nicht richtig beschreiben, als ob mir so etwas nie passieren könnte. Als ob die Pferde, die ich liebe, so was wie... na ja... unsterblich wären! Ich weiß, das ist dumm, aber so war es nun mal. Und ich habe es einfach am Anfang nicht hinnehmen wollen, daß Lohengrin jetzt tot ist. Ich habe es als eine Riesenungerechtigkeit empfunden.“
    „Und jetzt?“
    „Jetzt beginne ich zu begreifen, daß es etwas ganz Normales ist. Menschen sterben, Tiere sterben — aber andere sind da und lieben uns und wollen geliebt werden und brauchen uns, sind darauf angewiesen, daß wir uns um sie kümmern oder sie beschützen. Weißt du was?“
    „Na?“
    „Es ist verdammt gut, daß du gekommen bist. Ich hab mich total hängenlassen, jetzt schäme ich mich richtig.“
    „Das brauchst du nicht. Es war doch ganz einfach so, daß du das, was passiert ist, erst mal verdauen mußtest . Lohengrins Tod, der Sturz und alles, was du an dem Tag erlebt hast... Es war eine ganz neue Erfahrung, etwas, mit dem du dich auseinandersetzen mußtest . Sicher wäre es mir ganz genauso gegangen!“
    „Meinst du?“
    „Bestimmt.“
    „Willst du mir einen Gefallen tun?“
    „Natürlich.“
    „Geh runter und sag Mutsch, sie soll uns was Gutes zu essen machen. Ich springe inzwischen schnell unter die Dusche und ziehe mich an.“
    „Darfst du denn das?“
    „Na klar. Der Arzt hat heute mittag gesagt, ich dürfte aufstehen. Aber da hatte ich noch keinen so triftigen Grund.“
    „ Ein ,triftiger Grund’ bin ich also?“
    „He! Bilde dir bloß nichts ein ! Ich habe einen brüllenden Hunger, das ist alles!“
    Mutsch zauberte ein Menü, als koche sie für einen Staatsgast. Und Onkel Paul machte eine Flasche Sekt auf. Nach dem Essen saßen sie beisammen und ließen sich von Simon über seine

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