Bille und Zottel 09 - Im Sattel durch den Sommer
„Nun sag’s schon!“
„Was du gleich wieder denkst! Ich... ich hab nur gedacht, wir könnten mal ein richtig schönes Fest feiern bei uns. Zum Abschluß der Sommerferien. Ein Gartenfest. Wenn der Simon wieder da ist, und auch mit Tom und Daniel. Wir könnten Herrn Tiedjen einladen und Herrn und Frau Henrich, Petersen und Hubert, die ganze Mannschaft, oder, wenn du so willst: alles, was zur Pferdefamilie gehört!“
„Du willst doch die Kinder wohl noch nicht verloben, Paul!“ sagte Mutsch streng mit mindestens drei Ausrufungszeichen in der Stimme.
„Um Gottes willen, nein! Dafür sind sie doch noch viel zu jung!“ Onkel Paul war ehrlich entsetzt.
„Na, bei dir weiß man nie. So wie du neulich den Jungen telefonisch herbeordert hast „Er war meine letzte Hoffnung! Und du siehst ja, es hat geholfen!“ verteidigte sich Onkel Paul. „Nein, nein, was das Fest betrifft, da habe ich ganz andere Gedanken.“
Das große Gartenfest fand am letzten Ferienwochenende statt. Da man dem Wetter nicht trauen konnte, hatte Onkel Paul ein großes Zelt im Garten errichten lassen. Huberts jüngerer Bruder, Karlchen, der sich — seit er eine Lehrstelle in einer Autowerkstatt bekommen hatte — für alles Technische zuständig fühlte, hatte kreuz und quer durch den Garten Kabel mit bunten elektrischen Birnen gespannt, eine Arbeit, die mehrere Kurzschlüsse und stundenlanges Lahmlegen des gesamten Haushalts mit sich brachte. Aber über solche Kleinigkeiten sah Karlchen großzügig hinweg.
Unter einem Extradach drehten sich mehrere Braten am
Spieß, ein Waschzuber voller Würstchen wartete darauf, den Grill zu füllen.
Die Veranda hatte sich in ein Schlaraffenland verwandelt. Hier standen auf Tischen Salate, Pasteten, Kuchen, Pudding und Kompott bereit. Körbe voller Obst umrahmten große Holzbretter mit einem Dutzend verschiedener Käsesorten.
Im Brunnen neben dem Geräteschuppen kühlten Wein- und Saftflaschen. Daneben hatte Onkel Paul ein Faß Bier aufbauen lassen. Florian hatte sich um das Amt des Mundschenks beworben, vermutlich, weil ihm seine Mutter streng untersagt hatte, einen Schluck Alkohol zu trinken. Es konnte nicht schaden, sich in der Nähe der Quelle aufzuhalten...
Auch für Musik war gesorgt, Karlchen hatte es sich nicht nehmen lassen, den Garten mit einer Reihe von Lautsprechern zu versehen, die ausreichen würden, um noch das Nachbardorf an dem Fest teilhaben zu lassen.
Die Pferde wurden heute ein wenig früher versorgt, Edmund der Weise hatte seine Hilfe angeboten und verabreichte ihnen gemeinsam mit Tom und Hubert die Abendmahlzeit.
Um sechs Uhr erschienen die ersten Gäste: Inge und Thorsten und Nico mit ihrem Vetter Helmut. Dann kam der alte Petersen, in feierliches Schwarz gekleidet, mit einer Krawatte, die ihr dreißigstes Lebensjahr sicher schon überschritten hatte. Er überreichte Mutsch einen großen Blumenstrauß und küßte ihr zur Begrüßung die Hand.
Ehepaar Henrich kam und brach in Entzückensrufe über den hübsch geschmückten Garten aus, in ihrem Gefolge Bettina in einem weißen Sommerkleid mit Spitzenrüschen, die Haare zu einer Ballerinafrisur hochgesteckt. Sie war so zauberhaft anzusehen, daß der arme Tom vor Staunen den Mund nicht mehr zubekam und ihn für den Rest des Abends allenfalls noch zum Trinken und Schlucken schloß.
Auch Bille hatte sich für diesen Tag von ihren geliebten Reithosen getrennt und trug einen bunt gestreiften, bodenlangen Sommerrock und eine Bauernbluse aus besticktem Leinen dazu. Onkel Paul und Simon überboten sich in verliebten Blicken, die sie Bille nachwarfen, wo immer sie auftauchte.
Gegen sieben Uhr war die Festgesellschaft vollzählig versammelt. Onkel Paul kletterte auf einen Stuhl und schlug mit einem Löffel gegen sein Weinglas.
„Darf ich einen Augenblick um Gehör bitten!“
Neugierig scharte sich die Gesellschaft um den Herrn des Hauses.
„Liebe Gäste, zunächst einmal möchte ich Sie alle herzlich willkommen heißen und Ihnen — auch im Namen meiner Frau und meiner Tochter Bille — einen vergnüglichen Abend wünschen. Es war unser Wunsch, einmal die ganze große Pferdefamilie — wenn ich uns mal so nennen darf — und alle, die mit uns leiden und sich mit uns freuen und die, nicht zu vergessen, eine Menge Opfer für die Leidenschaft unserer jungen Reiter bringen...“
Bille, Simon und Bettina applaudierten spontan. Daniel, Nico und Florian folgten ihrem Beispiel und unterbrachen Onkel Pauls Rede für eine ganze
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