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1539 - Im Wald der Wölfe

1539 - Im Wald der Wölfe

Titel: 1539 - Im Wald der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Der Polizist atmete tief durch. Erst jetzt merkte er, dass sich eine Gänsehaut auf seinem Rücken gebildet hatte und sich sein Mund ausgetrocknet anfühlte.
    »Schweinerei!«, murmelte er, wobei er nicht an den Schrei dachte, sondern an den verschütteten Kaffee und die zerbrochene Tasse. Es machte keinen Spaß, die Scherben einzusammeln und den Schweinkram wegzuwischen.
    Der nächste Gedanke galt dem Schrei. Franklin glaubte nicht daran, sich getäuscht zu haben. Den Schrei hatte es gegeben. Das war keine Einbildung von ihm gewesen, und er war, darauf hätte er einen Eid geleistet, auch nicht draußen aufgeklungen. Das war im Haus gewesen, und zwar dort, wo die Zellen lagen.
    Trotzdem ging er zum Fenster und blickte nach draußen. Viel sah er in der Dunkelheit nicht, denn die einsame Laterne in der Nähe gab nur ein milchiges Licht ab, durch das zudem noch Dunstschwaden zogen und dafür sorgten, dass die Sicht noch mehr verschwamm.
    Nein, der Schrei war im Haus ausgestoßen worden, und da gab es für ihn auch nur eine Möglichkeit.
    In einer der beiden Zellen!
    Von den beiden Zellen war eine nicht besetzt. In der anderen allerdings steckte Brett Mahony, der Mann aus Irland, der wieder einmal gesoffen und die Kontrolle über sich verloren hatte. Es war in der Kneipe zu einer Schlägerei gekommen, und dabei hatten sich einige Männer blutige Nasen geholt. Nur mit großer Mühe hatte man Mahony bändigen können. In der Zelle saß er, um erst einmal auszunüchtern. Was weiterhin mit ihm passierte, das musste man noch abwarten.
    Aber warum hatte Mahony so geschrien?
    Der Polizist konnte sich keinen Grund vorstellen. Mahony saß allein in der Zelle. Es gab keinen Menschen mit dem er sich hätte streiten können. Franklin vermutete eher, dass er unter Albträumen gelitten hatte.
    Er überlegte, was er tun sollte. Große Lust, Brett Mahony aufzusuchen, hatte er nicht. Er wusste nicht mal, ob der Ire schon wieder nüchtern war, und in seinem betrunkenen Zustand hätte er auch keine Rücksicht auf die Polizei genommen und wieder zugeschlagen. In der Kneipe hatte Mahonys Faust Franklin am Kinn getroffen, und der Polizist hatte Sterne gesehen. Erst der Wirt hatte den Randalierer zu Boden geschickt.
    Und jetzt der Schrei!
    Franklin ging zur Tür, öffnete sie spaltbreit und schaute in den Gang.
    Dabei drehte er seinen Kopf nach links, denn dort befand sich die Gittertür, hinter der die beiden Zellen lagen, gegenüber den Toilettentüren.
    An der Decke gab es drei flache Lampen. Nur eine davon brannte, die in der Mitte. Strom war teuer. Da musste eben gespart werden, wo es ging, das hatte Ted bereits mit der Muttermilch eingesogen.
    Der Gang war leer.
    Von dem Iren hörte er nichts mehr.
    Franklin hätte sich wieder in sein Office zurückziehen können. Er tat es nicht, denn irgendwie meldete sich sein schlechtes Gewissen. Er war für den Gefangenen verantwortlich, und er musste nachschauen, was mit ihm passiert war.
    Den kleinen Fernseher schaltete er zuvor aus. Zum Glück war der Actionstreifen mit Nicolas Cage vorbei. Wenigstens so lange hatte Mahony mit seinem Gebrüll gewartet.
    Vor der vergitterten Tür hielt der Polizist an. Es war kalt im Flur, und diese nasse Kälte drang von außen her ins Haus. Kein Wunder im Monat November.
    Er holte den Schlüssel hervor und schloss die Tür auf. Generationen von Polizisten, so hieß es, hatten sie schon geöffnet und wieder geschlossen. Sie würde auch noch weitere Jahre halten. Da machte sich Ted keine Sorgen.
    Brett Mahony lag in der letzten der beiden Zellen. Auch sie waren alt und wiesen eine Besonderheit auf. Aus Mauern bestanden sie nur in der unteren Hälfte. Darüber begannen die Stahlgitter, die sich bis zur Decke hin zogen und dort mit dem waagerecht verlaufenden Teil der Tür verschweißt waren.
    Auch jetzt hörte Franklin nichts, obwohl er sehr leise ging. Schmutz lag nicht auf dem Boden. Erst am Morgen war die Reinmachefrau gekommen und hatte geputzt. Nur die Kaffeeflecken musste Ted selbst entfernen.
    Er passierte die leere Zelle. Zwei Schritte später hatte er sein Ziel erreicht. Sein Herz klopfte schon schneller, denn er wusste nicht, in welch einem Zustand er den Iren vorfinden würde. Dass er nichts von ihm hörte, hatte nichts zu sagen. Er traute Mahony zu, dass er sich verstellte.
    Ted Franklin schaute durch die Gitterlücken und war fürs Erste beruhigt.
    Brett Mahony lag auf seiner Pritsche. Das Gesicht zur Wand, den Rücken der Tür zugedreht Alles

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