Billionen Boy
Herz auf der richtigen Seite schlägt. Du hast es gut gemeint.«
»Ich wollte nur, dass sie aufhören, ihn zu mobben«, erklärte Joe. »Ich habe gedacht, wenn ich ihnen Geld gebe …«
»Mag sein – aber auf diese Weise wird man solche Typen nicht los, junger Mann.«
»Das weiß ich jetzt auch«, gab Joe zu.
»Wenn du ihnen Geld gibst, werden sie immer wieder kommen und immer mehr Geld verlangen.«
»Ja, schon, aber ich wollte Bob doch nur irgendwie helfen.«
»Eins musst du wissen, Joe: Geld ist nicht der Schlüssel zu allem. Vielleicht hätte Bob sich irgendwann selbst gegen diese Mobber gewehrt. Geld löst keine Probleme. Weißt du eigentlich, dass ich einmal ein sehr reicher Mann war?«
»Was? Wirklich?«, sagte Joe und schämte sich augenblicklich dafür, dass er ein kleines bisschen zu verblüfft klang. Er zog die Nase hoch und wischte sich mit dem Ärmel das nasse Gesicht.
»Allerdings«, fuhr Raj fort. »Ich war einmal Besitzer einer großen Zeitungsladen-Kette.«
»Wow! Wie viele Läden hattest du denn?«
»Zwei. Jede Woche habe ich sage und schreibe hundert Pfund nach Hause gebracht. Wenn ich mir irgendetwas gewünscht habe, konnte ich es mir einfach kaufen. Sechs Hühnchen-Nuggets? Ich habe neun genommen. Ich habe mir auch einen brandneuen gebrauchten Fiesta geleistet. Und es machte mir nichts aus, wenn ich eine DVD einen Tag zu spät in die Videothek zurückgebracht habe, und das zwei Pfund fünfzig extra kostete.«
»So … aha … ja, klingt wirklich nach einem Leben in Saus und Braus«, meinte Joe. Er wusste nicht, was er anderes hätte sagen sollen. »Was ist denn schiefgelaufen?«
»Zwei Läden zu haben bedeutete, dass ich jeden Tag sehr lange arbeiten musste, junger Freund. Und ich vergaß, Zeit mit dem Menschen zu verbringen, den ich wirklich liebe. Mit meiner Frau. Ich habe ihr teure Geschenke gemacht, Minz-Schokotäfelchen und vergoldete Kettchen aus dem Kaffeegeschäft und Designer-Kleider aus dem Katalog. Ich dachte, dass ich sie damit glücklich mache. Aber alles, wonach sie sich wirklich sehnte, war Zeit mit mir zu verbringen«, schloss Raj mit einem traurigen Lächeln.
»Das ist auch das Einzige, was ich will!«, rief Joe aus. »Zeit mit meinem Vater verbringen. Das viele dumme Geld ist mir ganz egal!«
»Komm, ich bin sicher, dein Vater liebt dich über alles und wird vor Angst schon ganz krank sein. Ich bringe dich nach Hause«, schlug Raj vor.
Joe sah Raj an und brachte ein verhaltenes Lächeln zustande. »Na gut. Aber können wir auf dem Weg bei Bob vorbeischauen? Ich muss unbedingt mit ihm reden.«
»Ja, da hast du wohl Recht. Ich glaube, ich habe irgendwo seine Adresse. Seine Mutter bekommt immer die Morgenzeitung«, antwortete Raj und blätterte schon in seinem Adressbuch. »Oder ist es das Abendblatt? Oder das Schleusen-Schifffahrts-Magazin? Ich kann es mir einfach nicht merken. Aha, hier! Eine Gemeindewohnung. Im Winston-Bau, Wohnung Nummer 112.«
»Das ist ja ewig weit weg!«, rief Joe aus.
»Keine Sorge, Joe. Wir nehmen das Rajmobil.«
24. DAS RAJMOBIL
» Das ist das Rajmobil?«, platzte Joe heraus.
Er stand neben Raj und starrte auf ein kleines Mädchenrad. Es war rosa, hatte hinten zwei Räderund vorn einen kleinen weißen Korb und wäre selbst für eine Sechsjährige zu klein gewesen.
»Jawohl!«, antwortete Raj stolz.
Als Raj vom Rajmobil gesprochen hatte, waren vor Joes geistigem Auge Bilder des Batmanmobils aufgetaucht, von James Bonds Aston Martin oder wenigstens der Scooby-Doo-Bus.
»Meinst du nicht, es ist ein bisschen zu klein für dich?«, fragte er.
»Ich habe es im Internet ersteigert, Joe. Für drei Pfund fünfzig. Auf dem Foto sah es bedeutend größer aus. Ich glaube, sie hatten einen Liliputaner daneben gestellt. Aber trotzdem, für den Preis war es ein Schnäppchen!«
Widerstrebend quetschte Joe sich vorn in den Korb und Raj stieg auf den Sattel.
»Gut festhalten, Joe! Das Rajmobil geht ab wie eine Rakete«, warnte Raj. Dann trat er in die Pedale und gemächlich setzte sich das Rädchen in Bewegung, wobei es bei jeder Umdrehung der Räder quietschte.
DING- DONG!
Nein, das war nicht … ach, ich glaube, diesen Witz habe ich jetzt schon ein bisschen zu oft gerissen.
»Ja bitte?« Eine nett, aber bedrückt wirkende Dame öffnete die Tür der Wohnung 112.
»Sind Sie Bobs Mutter?«, erkundigte sich Joe.
»Ja«, antwortete die Frau und sah ihn genauer an. »Und du bist wohl Joe?«, fragte sie misstrauisch. »Bob hat mir von dir
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