Bindung und Sucht
(Erlbaum), 241 – 260.
Westman, M. (2006): Crossover of stress and strain in the work family context. In: F. Jones, R. R. Burke & M. Westman (Hrsg.), Work-life balance: A psychological perspective . Hove u. a. (Psychology Press), S. 163 – 184.
Westman, M. & Vinokur, A. (1998): Unraveling the relationship of distress levels within couples: Common stressors, emphatic reactions, or crossover via social interactions? Human Relations , 51, S. 137 – 156.
Wheaton, B. (1985): Models for the stress-buffering functions of coping resources. Journal of Health and Social Behavior , 26, S. 352 – 364.
KARL HEINZ BRISCH
Die bindungsbasierte Behandlung von Suchterkrankungen auf verschiedenen Altersstufen
Die Entwicklung von Bindungssicherheit
Wie die entwicklungspsychologischen Forschungen der Bindungstheorie zeigen, entwickelt ein Säugling im Laufe des ersten Lebensjahres eine spezifische emotionale Bindung an eine Hauptbindungsperson. Es können weitere Bindungspersonen hinzukommen, die ebenso emotionale Sicherheit vermitteln können. Wenn dem Säugling eine solche emotional sichere Bindung zur Verfügung steht, weiß er sich in diesem Leben geschützt, sicher, er entwickelt Urvertrauen und hat die Gewissheit, dass er aufgrund der Hilfe seiner Bindungspersonen überleben wird. Ein Netzwerk von Bindungspersonen sorgt für eine sehr gute »Ausstattung« des Kindes und ist ein hervorragendes Fundament für die Persönlichkeitsentwicklung des Säuglings (Brisch 2011 a; Grossmann & Grossmann 2012). Die Bindung ist für den Säugling so etwas wie ein »sicherer emotionaler Hafen« (Grossmann & Grossmann 2012). Von diesem Hafen aus kann er die Welt erkunden. Immer dann, wenn er sich emotional geschützt und sicher fühlt, wird er mit großer Neugier zunächst in kleinen Kreisen um seine sichere Basis – etwa seine Mutter oder seinen Vater oder andere Bindungspersonen – herum explorieren. Er wird dann aber auch weitere Kreise ziehen und in die Welt hinausgehen.
Ebenso wird das Kind in der Lage sein, seine Gefühle und seine Körperwahrnehmungen zu erkunden, und auch im Laufe der Zeit bis zum Kindergartenalter lernen, hierüber zu mentalisieren. Das heißt, es wird aufgrund seiner sicheren emotionalen Bindungsentwicklung in die Lage versetzt werden, sich in die Gefühle und Gedanken von anderen hineinzuversetzen und auch sehr klar zu erkennen, dass seine Gefühle und Gedanken und Handlungsabsichten von denen anderer Menschen komplett unterschieden sind. Dies bedeutet, dass es im Kindergartenalter eine »Theory of Mind« (Meins et al. 2012; Ensink & Mayes 2010) entwickelt, die es befähigt, mit anderen Menschen in Kontakt und Beziehung zu treten; die jetzt mögliche Wahrnehmung von Gefühlen, Gedanken und Handlungsabsichten anderer – welche das Kind auf eine sehr differenzierte Art undWeise zu leisten vermag – ist eine Grundvoraussetzung für Beziehungsentwicklung und -fähigkeit.
Aus Sicht der Bindungstheorie wird das Bindungsbedürfnis durch Angst und Trennung aktiviert, durch körperliche Nähe zur Bindungsperson auch wieder beruhigt. Diese grundlegende Überlegung ist von großer Bedeutung und verweist auf ein Problem der heutigen Zeit: Viele Säuglinge wachsen nicht mehr mit so viel Körperkontakt auf, wie das in traditionellen Kulturen der Fall ist, wo die Kinder fast den ganzen Tag von ihrer Bindungsperson oder anderen liebevollen, ihnen vertrauten Menschen herumgetragen werden, wo also fast durchgehend – den ganzen Tag über – zwischen ihnen und anderen Personen Körperkontakt besteht, der für sie für Schutz, Sicherheit und eine sichere Basis sorgt. Sie können von dort aus die Welt erkunden, wissen aber, dass sie jederzeit dorthin zurückkehren und Schutz und Sicherheit erhalten können (Bowlby 2008).
Stress, Toleranzbereich und Gefühle im Kontext von Sucht
Normalerweise lernt ein Säugling durch eine feinfühlige Koregulation gemeinsam mit seiner Bindungsperson, wie er starke Affekte regulieren kann. Durch die Erfahrung der emotionalen Begleitung in der Regulation von starken Affekten durch seine Bindungsperson (Koregulation), etwa wenn der Säugling wegen großer Angst, Wut, Traurigkeit und Furcht maximalen Stress erlebt, wird er sich unmittelbar beruhigen und auf ein mittleres Stressniveau zurückkehren, das für ihn tolerabel ist. In solchen Situationen, in denen er mit der Regulation seiner heftigen Affekte noch vollkommen überfordert ist, braucht er eine liebevolle Bindungsperson, die ihn auf
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