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Bindung und Sucht

Bindung und Sucht

Titel: Bindung und Sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Heinz Brisch
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vorgenommen, der Anwendbarkeit dieses therapeutischen Ansatzes speziell im Fall von Männern mit unkontrolliertem Sexualverhalten nachzugehen. Unsere Hypothese lautet, dass eine maximal 12-wöchige intimitätsorientierte Therapie unkontrolliertes Sexualverhalten und den damit verbundenen Stress reduzieren, den betroffenen Männern zu einem Mehr an Bindungssicherheit und Intimitätspotential verhelfen und die Funktionsweise verbessern wird.
Die Teilnehmer und das Verfahren
    Bei den Teilnehmern wird es sich um 12 Englisch sprechende Männer handeln, die nach dem Compulsive Sexual Behaviour Inventory (Coleman et al. 2001) problematische Punktwerte erreicht haben und von Leid und Stress bzw. einer Beeinträchtigung ihres Lebens in der Folge ihrer sexuellen Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen berichten. Die Teilnehmer haben ihren Wohnsitz in Neuseeland, sind älter als 18 Jahre, haben zurzeit weder ein Alkohol- noch ein anderes Suchtproblem, sie leiden nicht unter schweren psychiatrischen Problemen wieetwa suizidalen Neigungen, und ihr unkontrolliertes Sexualverhalten ist weder straffällig, noch betrifft es kindliche Partner.
    Den Zielvariablen (unkontrolliertes Sexualverhalten, Intimität, Bindung und Stress/Beeinträchtigung) soll mit psychometrischen Methoden und anhand von Eigenberichten der Teilnehmer über ihr Verhalten nachgegangen werden. Zusätzlich zu den allgemeinen Erfassungsmethoden – Compulsive Sexual Behaviour Inventory, Control Scale (Coleman et al. 2001), Consequences of Compulsive Sexual Behaviour Scale (Muench et al. 2007), Relationship Scale Questionnaire (Fraley et al. 2000), Fear of Intimacy Scale (Descutner & Thelen 1991) – wird mit jedem Teilnehmer ein individueller Berichtsbogen entwickelt, auf dem er sein Sexualleben in Bezug auf Häufigkeit, Dauer und Stress selbst festhält.
    Die einzelnen Teilnehmer werden an einen der vier klinischen Psychologen überwiesen, die bei STNZ mit dieser Aufgabe betraut sind, und beginnen nach dem Zufallsprinzip eine drei-, fünf- oder siebenwöchige Behandlung. Die psychometrischen Messungen erfassen die Zielvariablen vor Behandlungsbeginn, am Ende der Behandlung sowie einen, drei und sechs Monate später, während die Eigenberichte der Teilnehmer vom Anfang bis zum Ende der Behandlung wöchentlich und dann noch jeweils einmal nach einem, nach drei und nach sechs Monaten »nachverfolgt« werden.
    Die Daten werden zusammengefasst und als deskriptive Statistiken (z. B. in Form von Prozentsätzen, Durchschnittswerten und Standardabweichungen) präsentiert. Die individuellen Rohwerte der Zielvariablen werden mit den im Laufe der Behandlung und dann bei den drei Folgemessungen gefundenen Punktwerten verglichen, so dass man feststellen kann, ob die Therapie die Zielvariablen im Fall der einzelnen Klienten erfolgreich reduziert bzw. verbessert hat. Zur Bestimmung der Größenordung der Veränderungen werden Algorithmen der Effektstärken eingesetzt.
Abschließende Bemerkungen
    Mit dem vorliegenden Beitrag wurde versucht, das vorhandene Wissen zur Klassifikation und Epidemiologie von unkontrolliertem Sexualverhalten zu vertiefen, wobei mit der Bindungsqualität ein weiterer ätiologischer Faktor diskutiert wurde. Die einschlägige fachliterarische Debatte der zurückliegenden drei Jahrzehnte hat zwar die Wissensbasis bezüglich des problematischen Sexualverhaltens verbreitert, zugleich aber auch die Bemühungen um ein tieferes Verständnis der Epidemiologie des Problems und seiner ätiologischen Komponenten erschwert.Eines allerdings wissen wir: Unkontrolliertes Sexualverhalten ist mit einer Diversität der Erscheinungsformen verbunden und geht mit Leid und Stress sowie mit funktionalen Beeinträchtigungen einher, häufig aber auch noch zusätzlich mit psychopathologischen Symptomen wie Angst, Depression und Suchtstörungen. Die wenigen Studien, die bisher existieren, lassen vermuten, dass in der Regel auch eine unsichere Bindung an unkontrolliertem Sexualverhalten beteiligt ist, und einer neuen Hypothese zufolge könnte Bindungsunsicherheit sogar den Boden für Faktoren bereiten, die an der Entstehung unkontrollierten Sexualverhaltens und am Festhalten daran beteiligt sind.
    Es bedarf aber empirischer Untersuchungen, um die Art und die Richtung des Zusammenhangs zwischen unsicherer Bindung und unkontrolliertem Sexualverhalten dingfest zu machen. Empfohlen wird überdies, den Bindungsstil und die Intimitätsdefizite der Person zu berücksichtigen, wenn es um die

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