Bindung und Sucht
bestimmte Ansichten zu identifizieren und zu modifizieren, wenn er den Klienten hellhörig für riskante Situationen macht, die charakteristischen Vorläufer eines Rückfalls erkennt und neue Verhaltensweisen mit dem Klienten einübt. Hin und wieder mag eine medikamentöse Behandlung angezeigt sein, sei es in Kombination mit anderen Maßnahmen oder weil andere Maßnahmen versagt haben. Sexuelle Erregung und enthemmtes Sexualverhalten lassen sich z. B. durch Medikamente dämpfen, die dafür sorgen, dass das Serotoninlänger tätig ist (Serotonin-Wiederaufnahmehemmer). Auch antiandrogene Mittel (Substanzen, die die männlichen Sexualhormone wie das Testosteron reduzieren) können unkontrolliertes Sexualverhalten der paraphilen und nichtparaphilen Art offensichtlich erfolgreich reduzieren. Diese Art der Pharmakotherapie hat nichts mit der pharmakologischen Behandlung koexistierender Zustände (beispielsweise einer Depression) zu tun, die ebenfalls erforderlich werden kann.
Das Bemühen darum, die Fähigkeit zur Intimität im weitesten Sinn zu wecken und zu fördern, zieht sich durch alle Aspekte der Behandlung und bezieht sich auf die Intimität der Person sowohl im Verhältnis zu sich selbst (also der Selbstvertrautheit, der emotionalen Sensibilität) wie auch im Verhältnis zu anderen. Diese Fertigkeiten werden im Zuge der durchgehenden Responsivität der therapeutischen Beziehung erlernt. Der Therapeut führt sie beispielhaft vor, um es dem Klienten zu ermöglichen, eine (selbstverständlich nicht-sexuelle) Intimität zunächst im Verhältnis zu ihm, dem Therapeuten, und schließlich auch im Verhältnis zu sich selbst zu entwickeln; dann hilft er dem Klienten dabei, das Gelernte auch in seinen außertherapeutischen Beziehungen einzusetzen (kein sequentielles Vorgehen, auch wenn es in der Regel dieser Ordnung folgt). Gesteuert werden diese Fertigkeiten vom Therapeuten in der geschützten Atmosphäre einer von Einstimmung und Empathie geprägten therapeutischen Beziehung (»sichere Basis«).
Zu den Formen von Intimitätskompetenz, über die der Therapeut »wacht«, zählen das allmähliche Empfinden von Mitleid mit der eigenen Person, das Erleben, Erkennen und Äußern von Gefühlen, die Ausbildung der Fähigkeit, sich selbst zu beruhigen, Differenzierung und Individuation, das Errichten und Wahren von Grenzen, das Erkennen und Äußern von Bedürfnissen, Selbstbehauptung, Selbst-Reflexion/Selbstgewahrsein, Kooperation und Achtsamkeit sowie das »Loslassen« (Kontrollverzicht, Abschied nehmen können). Weitere Beziehungsfertigkeiten, die außerhalb der Therapie zum Tragen kommen, sind das Anbahnen (von Kontakten, Gesprächen, Sex), das Lieben-Können, das Zärtlichsein (nichtsexuelle Berührungen), das körperliche Lieben.
Der beziehungsorientierte Therapieansatz von Sex Therapy New Zealand ist in einer mehrjährigen spezialisierten Ausbildung der Mitarbeiter entwickelt worden, und die besonderen Überlegungen, wie sie bezüglich der Arbeit mit OCSB-Klienten angestellt wurden, fanden Eingang in das bei STNZ geltende Prinzip der »besten Vorgehensweise« (best practice principle) . Ebendieser Ausbildungshintergrund liegt in Kombination mit diesem Prinzip dem von den Autoren zu evaluierenden Behandlungsansatz zugrunde.
Die Methode
Wir werden bei unserer Studie mit einem »nonconcurrent multiple baseline design across participants« mit »between-therapist replication« arbeiten (Hersen & Barlow 1976), d. h. mit einer Methode, die aus der Kennzeichnung des Zielverhaltens und aus der systematischen Verfolgung dieses Zielverhaltens durch wiederholte, objektive und verlässliche Dokumentation über Zeit besteht. Dieses Forschungsdesign macht deutlich, dass die Wirkungen auf die Intervention zurückgehen und nicht einfach »Placebo-Effekte« des Verstreichens der Zeit, des Therapiertwerdens oder der Person des Therapeuten sind (Watson & Workman 1981). Die Methode hat eine hohe externe Validität und wird in den frühen Stadien der Evaluation eines Therapieansatzes empfohlen, so wie wir dies auch in der vorgesehenen Studie handhaben wollen (Hersen & Barlow 1976; Watson & Workman 1981).
Ziel und Hypothese
Die Studie hat zum Ziel, einen ersten empirischen Nachweis der Wirksamkeit einer intimitätsorientierten Therapie in Fällen von unkontrolliertem Sexualverhalten zu liefern. STNZ arbeitet in Neuseeland schon seit einigen Jahren mit diesem Modell; die Methode ist aber noch nicht evaluiert worden. Wir haben uns daher
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