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Bios

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Titel: Bios Kostenlos Bücher Online Lesen
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Nachricht machte sich akustisch bemerkbar – höchste Priorität, was sonst? Degrandpre veranlasste eine rasche, globale Löschung des aktuellen Dokuments. Dieter Franklins Spekulationen wurden augenblicklich aus dem RAM, dem Postausgang und dem Zentralspeicher gelöscht. Selbstverständlich wurde kein Wort davon zur Erde übertragen.
     
    *
     
    Die schlechte Nachricht – und diesmal war sie sehr schlecht – besagte, dass Corbus Nefford Fieber bekommen hatte.
    Degrandpre redete mit seinem medizinischen Seniordirektor über eine visuelle Gegensprechanlage, die in natürlicher Größe abbildete. Eine Palmtopverbindung wäre unter diesen Umständen zu unpersönlich gewesen. Es verstand sich von selbst, dass er nicht einmal beiläufig die Sicherheit seiner gegenwärtigen Befehlszentrale erwähnte, die gleich bei den aeroponischen Gärten lag. Er verkniff es sich auch zu erwähnen, dass er bereits vier neue Vorkehrungszonen eingerichtet hatte, die vom Shuttledock ausgehend beide angrenzenden Kapseln und selbstverständlich die Turing-Transfer-Bereiche umfassten.
    Er war entsetzt beim Anblick von Corbus Nefford. Der Arzt lag festgeschnallt auf einer fahrbaren Krankenliege, auf der einen Seite ein Kochsalztropf, auf der anderen Ken Kinsolving. Ferngesteuerte Roboter scharwenzelten um die Liege, beschnupperten Neffords Handgelenke mit biotischen und chemischen Sensoren. Nefford hatte insistiert, er habe Kenyon Degrandpre etwas Wichtiges zu sagen, und zwar nur und ausschließlich Degrandpre persönlich. Im Moment schien er nicht einmal in der Lage, etwas Unwichtiges zu sagen.
    Wir sind alle verloren, raunte ein Teil von Degrandpre.
    Er bot sein ganzes diplomatisches Geschick auf. Er wollte nicht, dass Nefford sah, wie er vor dem Bildschirm zurückzuckte.
    »Was Sie nicht übersehen dürfen«, brachte Nefford mühsam heraus, »ist, dass es so lange dauert…«
    Die Ätiologie der Krankheit oder Neffords Tod? Beides schleppend, beides qualvoll. »Ja, reden Sie weiter«, sagte Degrandpre. Alles wurde vom Zentralspeicher der IOS aufgezeichnet: zur späteren Verwendung. Vorausgesetzt, es gab dann noch jemanden, der Verwendung dafür hatte.
    »Diese Krankheit ist nicht so wie die anderen isischen Infektionen. Nicht so virulent. Sie hat eine Inkubationszeit. Das heißt, es handelt sich wahrscheinlich um einen einzelnen Organismus. Gefährlich und hinterhältig, aber potenziell zu beherrschen. Verstehen Sie?«
    »Ich verstehe. Lassen Sie diese Frage weg, Corbus.«
    »Gefährlich, aber potenziell zu beherrschen. Aber die Quarantäne funktioniert nicht. Wir haben es hier mit etwas sehr Kleinem zu tun, ein Prion vielleicht, ein DNS-Stückchen in einer Proteinhülle, vielleicht so winzig, dass es einfach durch die Dichtungen tunnelt…«
    »Wir werden alles berücksichtigen, Corbus.« Falls wir je dazu kommen.
    »Manager«, keuchte Nefford, der sich zwischen den Silben wie ein Siphon anhörte, in dem sich eine Luftblase gebildet hatte. »Darf ich ›Kenyon‹ sagen? Wir sind doch Freunde, hm? Jeder von uns steht doch an der richtigen Stelle im Konzern?«
    Wohl kaum. »Aber sicher«, sagte Degrandpre.
    »Vielleicht muss ich ja nicht sterben.«
    »Gut möglich.«
    »Wir können die Krankheit beherrschen.«
    »Ja«, sagte Degrandpre.
    Nefford schien noch etwas sagen zu wollen. Doch frisches, rotes Blut sickerte ihm aus der Nase. Merklich enttäuscht schloss er die Augen und wandte das Gesicht ab. Kinsolving unterbrach die Verbindung.
    »Grässlich«, murmelte Degrandpre. Er schien nicht loszukommen von dem Wort. Es klebte ihm auf der Zunge. »Grässlich. Grässlich.«
     
    *
     
    Nefford sollte Recht behalten. Wartungsroboter berichteten von mikroskopisch kleinen Löchern in den Dichtungen zwischen ursprünglicher Quarantäne und Umgebung.
    Das war der wirkliche Horror, dachte Degrandpre, dieses Durchbrechen von Barrieren. Zivilisation war letztlich ein Unterteilen mit Wänden und Zäunen, um das chaotisch Wilde in kultivierte Zellen menschlicher Provenienz zu zerlegen. Wildwuchs übermannt den Garten, und die Vernunft schaut machtlos zu.
    Zum ersten Mal begriff er, oder bildete sich ein zu begreifen, was es mit der Religiosität seines Vaters auf sich hatte. Die Familien und ihre Konzerne hatten die politische und naturwissenschaftliche Wildnis der Erde hübsch aufgeteilt und neurotisch geordnet, sodass jede Person und jedes Ding und jeder Prozess einen angemessenen Orbit im sozialen Planetarium fand; doch außerhalb der Familienwände

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