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Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Titel: Bis ans Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Ulrich
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Der Gîte befand sich im dritten Stockwerk einer ehemaligen Schule am Rande der Innenstadt, war nicht zuletzt durch die vier Meter hohe Decken sehr gerä u mig und auch blitzsauber. Ein guter Ort, um an einem glühenden Tag zu ruhen und neue Kräfte zu sammeln, was ich bescheiden tat, ohne mich mit den anderen Mitbewohnern viel einzulassen. Auch beim Abendessen blieb ich für mich. In der Nacht brach ein gewaltiges Gewitter los, rüttelte an Fenstern und Türen, während der Herr draußen mit Blitz und Sturm umhersauste, die Wolken auf- und niedersteigen ließ, wie er es stets so gern tat, um dann, nachdem er alle W o gen geglättet hatte, in der paradiesischen Stille unter den Sternenrädern zu r u hen. Ich aber fürchtete mich nicht, schlief ruhig und fest, denn ich wußte mich in seiner Obhut. Und Thibaud, der Doktorand, und seine schwangere Freundin, die ihn zum verlängerten Wochenende zu besuchen und zu begleiten kam, und die anderen anwesenden Pilger wohl auch, denn keiner machte sich die Mühe, etwa die herumschlagenden Fenster zu schließen.
Eauze, km 1832
    Eingedenk der hitzigen Erwartung, startete ich auch an dem drauffolgenden Tag schon sehr zeitig. Trotzdem war ich wie üblich der Letzte. Da gab es noch ein kleines Zögern wegen eines Mißgeschicks, weil meine Wasserflasche plötzlich undicht wurde, und es war noch zu früh, um mich in der Stadt nach einem Ersatz umzusehen. Ohne Wasserflasche wäre man bei der Hitze aufgeschmissen. Doch der Herr sah meine Not und gab mir einfach eine andere, eine ganz neue, die wohl ein Pilger vor mir in der Herberge stehen ließ. Da alle schon weg waren, bestand da kein Zweifel daran. Ich war dankbar, doch weiter nicht überrascht. Es war einfach so, daß ich alles bekam, was ich benötigte. Und mehr auch nicht begehrte. Wie im Kommunismus - jeder nach seinen Möglichkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen. Ich hatte dafür heute nur dreiunddreißig Kilometer zu ma r schieren. Was wieder eine lange Tagesetappe ergab. Doch zu meiner Überr a schung waren die ersten siebzehn Kilometer nach Montréal du Gers schon nach drei, vier Stunden geschafft. Es war eine landschaftlich wie kulturgeschichtlich abwechslungsreiche Strecke, groß an Pilgertradition und Spiritualität. Der We i ler Larressingle etwa, auch als Carcassonne du Gers genannt, der aus dem 13. Jahrhundert stammt und samt Burgmauer, Graben und Fallbrücke noch voll e r halten ist. Unterwegs gab es zahlreiche Kappellen und Kirchen, alles steinalt wie die Église de Routgès , die älteste Kirche im Departement Gers, oder die Pont d’Artiques , eine fünfbögige romanische Pilgerbrücke in Beaumont sur l'Osse. Alles lag da wie ausgestorben, was den mittelalterlichen, kontemplativen Ei n druck noch verstärkte. Ich wanderte hier wie im Traum. Emotion, Fri e den und Zuversicht durch die Nähe des Herrn - ich hätte mir es vor dem Beginn der Re i se so nicht vorstellen können. Und las man die Botschaften, die andere Pilger hinte r lassen haben, ging es wohl vielen ähnlich. Aber ich verlor keine Zeit mit dem Lesen von Gästebüchern. Auf fremde Gedanken war ich nicht a n gewiesen, und es stand teilweise auch viel Unsinn darin.
    Dann aber ließ ich mich doch wieder ablenken. Schuld daran war freilich meine Geschwätzigkeit. Erst ging ich eine Weile zusammen mit Angélique und Cha r lot, dem Maulesel. Sie wollten nach Escoubet, wo sich eine Pferdeherberge b e fand. Nicht jedermann nahm Pilger mit Vierbeinern auf, danach mußte man die Etappen planen. Dann marschierte ich mit Deborah, die aus dem nicht so weit entfernten Département Tarn stammte und mir erzählte, als Kellermeisterin in einem namhaften Couvée zu arbeiten. Sie war eine hübsche, intelligente Frau Ende Zwanzig, und ich mochte sie sofort. Sie mich scheinbar auch. Aber zu großen Gesprächen war einfach nicht der Tag, die Temperatur lag heute weit über vierzig Grad Celsius, die Hitze stand vor uns wie eine Wand. An einem u r alten Friedhof kühlten wir uns an einem Wasserhahn ab und ruhten ein wenig. Deborah wollte in der daneben stehenden Herberge die Toilette besuchen und ging hin, um danach zu fragen. Zu meiner Überraschung wurde ihr nur unwillig Einlaß gewährt. Normalerweise war man hier zu den Pilgern immer sehr nett und höflich, auch stets zu einem kleinen Plausch bereit. Hier aber wurde man mißtrauisch durch das verschlossene Fenster beobachtet. Es war ungewohnt. Was mich freilich nicht daran hinderte, von einem Pfirsichbaum ein paar Früc h

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