Bis ans Ende der Welt
an und sog heftig daran.
»Nein, ist es nicht, aber ich bin keine Entwicklungshelferin oder so was, dafür hab ich kein Talent. Sag ihm, dass es mir Leid tut, wenn du ihn siehst. Ich hatte Migräne oder was auch immer, irgendwas.«
»Warum sagst du es ihm nicht selbst?«
»Das kann ich nicht - nicht nach dieser Sache gerade eben. Sei ein Schatz und tu’s, okay? Und setz dich hin, sonst werd ich nervös.«
Ralf setzte sich zu ihr auf die Bank. »Gut, wenn ich ihn sehe, richte ich es aus. Sag mal, warum hast du so viele...«, Ralf suchte nach dem richtigen Wort, »Verabredungen?«
Sie schnaubte. »Du musst gerade reden. Nach dem, was mir Julian erzählt hat, ist es ein Zufall, dich mal allein getroffen zu haben.«
Ralf musste lächeln. Na klar: Don Juan, James Bond und er. »Da irrt er sich.«
»Das ist mir ganz egal, aber ich will mir nichts anhören, ja? Ich brauche niemanden, der mich auf den Pfad der Tugend zurückführt, und außerdem habe ich meine Kerle immer noch nacheinander.«
»Es war nur eine Frage. Tut mir Leid, okay?«
»Okay.« Sie ließ ihren Blick über die Bäume wandern und sagte: »Es war ein scheußliches Geräusch, nicht wahr?«
»Ja. Furchtbar.«
Ralf sah Nicolette an und musste feststellen, dass er sie mochte, sie war in Ordnung. Wenn sie an der Zigarette zog, senkten sich ihre Lider, was sie müde aussehen ließ, aber auch attraktiv. Er konnte sich vorstellen - ziemlich gut sogar -, was Männer an ihr fanden: Es war nicht nur das, was man sofort sah.
Langsam blies sie den Rauch aus und fragte, ohne ihn anzusehen: »Gehen wir noch zu mir oder hast du was vor?«
Ralf bekam einen Schreck und ein Ertappt-Gefühl: Er hatte sich gerade was in der Richtung ausgemalt.
»Ich, äh...«
Zwei Worte formten sich in seinem Kopf und bildeten eine Art Echo: »Warum nicht?« Es war ein beschissener Tag gewesen, und streng genommen hatte er nichts zu verlieren, es war alles kaputt. Der richtige Zeitpunkt, um endlich aufzuhören, nach den Sternen zu greifen, um mitzunehmen, was in Reichweite war, sich zu ergeben.
Sie lehnte sich zu ihm herüber, entdeckte einen der Zahnabdrücke auf seiner Brust und sagte grinsend: »Hoppla. Da hat dich jemand aber mächtig lieb gehabt.«
Ralf lächelte schwach. »Ja, vielleicht.«
»Zwischen dir und deiner Freundin ist was passiert, stimmt’s?«
»Woher weißt du das?«
Sie zuckte mit den Achseln, drehte sich zu Ralf hin und ließ ihren Blick auf ihm kleben. »Merkt man. Also? Kommst du nun mit?«
Nicolette hatte Recht, zwischen ihm und Miriam war einiges passiert. Als die Bürsten der Autowaschanlage anhielten, hatte er den Beschluss gefasst, nur noch zu tun, was er wirklich wollte. Nicht mehr nachgeben mit schlechtem Gewissen, weg mit »Bestimmung« als Ausrede, um sich treiben zu lassen, um an nichts schuld zu sein. Das funktionierte nicht. Denn wie kann man an ein Schicksal glauben, das man nur mit halbem Herzen will?
»Nein - tut mir Leid.«
Auf der Rückfahrt zum Motel fragte sich Ralf, ob er noch ganz richtig im Kopf war. Er kam zu keinem eindeutigen Ergebnis, aber immerhin fühlte er sich besser als vorhin.
25.
»Wo warst du so lange?«
Kristine hatte die Tür geöffnet und sah ihn misstrauisch an.
»Ich habe einen Markt entdeckt. Wie gefällt dir das Hemd?«
»Grauenvoll. Was für ein Markt? Gibt es da auch was Geschmackvolles?«
»Wir können ja hingehen.«
Auf dem Weg überlegte Ralf, wie er es Kristine sagen sollte. Er konnte einfach nicht mehr mit ihr zusammen sein, er würde ständig an Miriam denken. Wer wieder mit zurück nach Deutschland kam und wer in Australien blieb, war so was von egal: Er liebte Miriam wie ein Affenbaby seine Mama oder wie fünf Affenbabys oder ein ganzer Urwald voll.
Okay, also wie?
Kristine hatte einen Ohrstecker in Form eines silbernen Hais erstanden und wollte Ralfs Meinung zu einem Plüschkoala mit Buschhut wissen, den man am Rucksack befestigen konnte.
»Ist niedlich.«
»Dieses unmögliche Ding? Du machst Witze. Aber wenn ich mir dein Hemd ansehe - vielleicht solltest du den Koala kaufen.«
»Vielleicht.«
»Warum bist du eigentlich so still? Den ganzen Tag ist kaum was aus dir rauszukriegen. Das kann einem auf die Nerven gehen.«
Sag es ihr jetzt, ging es Ralf durch den Kopf, dann ist Schluss mit dem gegenseitigen Generve.
»Vorhin habe ich gesehen, wie sich eine Frau aus dem fünften Stock gestürzt hat.«
»Ist sie tot?«
»Weiß ich nicht.«
»Na schön, da wäre mir vielleicht auch
Weitere Kostenlose Bücher