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Bis ans Ende der Welt

Titel: Bis ans Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Riehl
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nicht findet, richtig?«
    Ralf nickte, Miriam zuckte mit den Achseln.
    »Also vergessen wir das jetzt, okay?«
    Keine Bitte - ein Schlussstrich, Ende der Diskussion.
    Kristine aß ihr Sushi. Nach ein paar Bissen sagte sie: »Ich weiß nicht, was daran besonders sein soll. Schmeckt wie kalter Fisch mit Reis.«

    Am Ausgang des Food Court achtete sie darauf, dass Ralfs Abschied von Miriam nicht länger als nötig dauerte, und ging mit ihm zum Wagen zurück. Ein Schwarm Flugfüchse kam ihnen entgegen, riesige, dunkle Fledermäuse, lautlos elegant. Ralf sah ihnen eine Weile nach, dann trottete er Kristine hinterher.
    Am Ende des Wegs wartete eine Überraschung: Der Platz neben dem zugeschissenen Auto war leer. Zuerst dachte Ralf, ihr Auto wäre geklaut, bis ihm aufging: Nicht ihr Auto war weg, sondern das andere - ihr Auto war jetzt das zugeschissene. In zwei Stunden ein flächendeckender Belag Vogel- oder Flugfuchsscheiße! Ralf begann zu lachen, das Auto sah total bescheuert aus, wie mit Zuckerguss überzogen.
    Kristine war wütend. »Es war deine Idee, unter diesem Baum zu parken, Ralf, jetzt schau dir die Schweinerei an.«
    Sie tat so, als hätte er sie gezwungen, unter dem Mangobaum zu parken. Ralf versuchte vergeblich, sein Gelächter zu stoppen.
    »Am besten fährst du das Auto in die Waschanlage. Die, an der wir vorbeigekommen sind, erinnerst du dich?«
    Ralf nickte und wollte sich zusammenreißen, aber es funktionierte nicht. Es war zugleich komisch und nicht komisch: Die Situation, das Auto und die Beziehung zu Kristine, alles völlig beschissen. Er lachte weiter, es ließ sich nicht aufhalten.
    »Weißt du, was dir fehlt, Ralf? Du hast keinen Stil. Du kannst ganz nett sein, aber du hast keinen Stil.«
    Für Ralf war Stil, wenn jemand schicke Klamotten anhatte oder der Aktenkoffer zur Farbe des Autos passte. Ob es Koffer zu dieser Farbe gab?
    »Hier hast du den Schlüssel, wir sehen uns im Motel. Und hör bitte irgendwann auf zu lachen.«

    Die Windschutzscheibe stellte sich als Problem heraus: Scheibenwischer und Scheibenwaschanlage gaben ihr Bestes, aber ein schmieriger, streifiger Matsch blieb haften. Ralf sah keine andere Möglichkeit, als sein T-Shirt auszuziehen und die Reste wegzuwischen. Mit nacktem Oberkörper setzte er sich ins Auto und fuhr los. Hochkonzentriert, immer auf der linken Seite zu bleiben, hätte er das Mädchen am Straßenrand fast übersehen. Ralf kurbelte das Fenster herunter.
    »Kann ich dich mitnehmen?«
    Statt einer Antwort stieg Miriam ein. Sie sah ihn an und fragte: »Hab ich einen Trend verpasst?«
    Ralf erklärte den nackten Oberkörper und die Kruste des Autos, während er krampfhaft darauf Acht gab, beim Rechtsabbiegen auf der linken Straßenseite zu bleiben. Als er glaubte, dass sie nicht herschaute, sah er sie an. Es war nicht nur der Linksverkehr, der ihn nervös machte.
    »Soll ich fahren?«
    »Äh, nicht nötig, wir sind gleich da.«
    »Also?«, fragte sie, während in der Halle die Bürsten begannen, um das Auto zu rotieren.
    »Also was?«
    »Hast du richtig entschieden? Liebe, Freude, Wonneglück, plant ihr schon Kinder?«
    »Miriam - du weißt, dass mir das Leid tut...«
    »Warum sie und nicht ich?«
    »Ich weiß nicht, das war alles furchtbar idiotisch, nur ging es in dem Moment irgendwie nicht anders.«
    Eigentlich wollte er bei Miriam bleiben - aber es war plötzlich anders gekommen.
    »Ach, und warum nicht? Schicksalhafte Mächte? Ist Kristine dir vorherbestimmt, geweissagt oder so ähnlich?«
    »Na ja - vielleicht.«
    »Du glaubst doch nicht mal an Horoskope. Komm nicht wieder mit ›Schienennetz des Schicksals‹ oder so was: Du bestimmst, wohin du willst, oder hat dich jemand gezwungen, eine Fahrkarte zu kaufen, auf der ›Kristine‹ steht?«
    »Die hatte ich doch schon längst.«
    »Aber du hättest aussteigen können. Du bist sogar ausgestiegen, für eine Abwechslung, weil dein Zug gerade nicht weitergefahren ist. Komm mir dafür nicht mit Schicksal! Du bist ein Mensch mit eigenem Willen. Schicksal ist nur das, woran du absolut nichts drehen kannst.«
    »Ich wollte ja bei dir bleiben, aber dann kam es irgendwie ganz anders. Es ist wie... wie die Fernsehaufzeichnung eines Fußballspiels, dessen Ergebnis du schon gehört hast. Alle Spieler können sich abstrampeln, wie sie wollen, am Resultat ändert sich nichts. Oder wie ein Thriller im Kino: Der Mörder kann sich während des Films total raffiniert verhalten, wenn er geschnappt werden soll, wird er auch

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